Machtkampf Volkswagen einigt sich mit Zulieferern

Wolfsburg · VW und zwei wichtige Zulieferer haben sich in ihrem beispiellosen Machtkampf geeinigt. Die Unternehmen werden den Autobauer wieder beliefern und haben teilweise bereits wieder den Betrieb aufgenommen.

 Der Streit zwischen VW und den Zulieferen ist beendet. Bald kann in den Werken wieder gearbeitet werden.

Der Streit zwischen VW und den Zulieferen ist beendet. Bald kann in den Werken wieder gearbeitet werden.

Foto: dpa

Der Machtkampf zwischen VW und zwei wichtigen Zulieferern ist vorbei. Der Autobauer und die beiden Unternehmen der Prevent-Gruppe einigten sich am Dienstag in Wolfsburg und beendeten damit den Streit um die Lieferung von wichtigen Teilen für die Autoproduktion.

Auf dem Betriebsgelände der ES Automobilguss GmbH im erzgebirgischen Schönheide rollten am Dienstag bereits wieder die Lastwagen. Gegen Mittag verließen die ersten Lkw von Volkswagen den Betrieb - beladen mit Paletten voller dringend benötigter Getriebeteile. "Dennoch ist die Unruhe im Betrieb damit noch nicht vorbei", sagte Franziska Wolf von der Gewerkschaft IG Metall vor der für den frühen Nachmittag angesetzten Betriebsversammlung. ES Automobilguss liefere bis zu 80 Prozent an den Volkswagen-Konzern und sei auf Folgeaufträge angewiesen. Es gebe die Befürchtung in der Belegschaft, dass man mit dem Lieferboykott Vertrauen verspielt habe. "Die Kollegen machen sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze", so Wolf.

In der Betriebsversammlung soll es um einen darum gehen, wie es zu dem Lieferstopp kam und zum anderen, wie die langfristige Perspektive für den Standort aussieht. "Wir wollen Antworten von der Geschäftsführung."

Über die Einzelheiten der Einigung vereinbarten VW und die Eastern Horizon Group, zu der die Lieferanten Car Trim GmbH und die ES Automobilguss gehören, allerdings Stillschweigen.

Nach Angaben von VW bereiten die betroffenen VW-Standorte die Wiederaufnahme der Produktion vor, das Thema Kurzarbeit dürfte sich für die Werke in Emden, Wolfsburg, Kassel und Zwickau somit rasch wieder erledigen. Das VW-Werk Kassel-Baunatal fuhr bereits am Dienstag seine Getriebeproduktion wieder hoch. Am Donnerstag werde die volle Kapazität wieder erreicht, berichtete ein Sprecher des einzigen VW-Werks in Hessen. Bereits geplante Arbeitsunterbrechungen von Donnerstag bis einschließlich Montag wurden wieder aufgehoben.

Die ebenfalls von dem zwischenzeitlichen Lieferstopp betroffene Produktion von Abgasanlagen soll erst am Montag wieder mit ganzer Kraft fahren. So solle verhindert werden, dass in den Montagewerken zu viele Teile angeliefert werden. "Wir müssen die Linien wieder sauber befüllen", sagte der VW-Sprecher.

VW-Aufsichtsrat und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagte: "Es ist gut, dass jetzt eine Einigung erfolgt ist und damit die Klärung eines Streits, der für alle Beteiligten wirtschaftlich schädlich und belastend war. Ich freue mich vor allem für die Beschäftigten, die nun rasch wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren können. Sie sind in den letzten Tagen Opfer eines Konfliktes geworden, der ohne Not auf ihrem Rücken ausgetragen worden ist. Es bleibt bei mir ein Unbehagen über das Vorgehen der Prevent Group, die nicht bereit war, den in unserem Rechtsstaat vorgesehenen Weg einer Klärung vor den Gerichten zu gehen. Sie hat stattdessen einen Großkonflikt mit beträchtlichen Schäden eröffnet. Dieses Beispiel darf keine Schule machen."

Zwischen Volkswagen und den beiden wichtigen Teilezulieferern tobte seit Tagen ein Streit um die Kündigung von Aufträgen. Die Hintergründe sind unklar. Wegen des Lieferstopps standen bei dem Autobauer viele Bänder still: Der Konzern wartet auf Getriebeteile und Sitzbezüge von den Zulieferern ES Automobilguss und Car Trim, die zur Unternehmensgruppe Prevent gehören.

Wegen des Streits konnten laut VW insgesamt 27.700 Mitarbeiter in mehreren Werken nicht so arbeiten wie geplant. Allen voran stand im Stammwerk Wolfsburg die Produktion des wichtigsten VW-Modells Golf still. Der Autobauer sprach von "Flexibilisierungsmaßnahmen bis hin zu Kurzarbeit", die nötig seien, um den Ausfall der Lieferungen auszugleichen. Die Zulieferer-Branche befürchtete Auswirkungen auch auf andere Lieferanten. Die Bundesregierung hatte am Montag eine Lösung angemahnt - der Streit war ohne Beispiel gewesen.

Volkswagen hatte neben der Verhandlungslösung auch immer betont, notfalls auf gerichtlichem Wege eine Herausgabe der Teile zu verlangen. Das Landgericht Braunschweig hatte einstweilige Verfügungen erlassen, welche die Lieferanten zur Wiederaufnahme der Belieferung verpflichten. Diesen Weg muss VW nun nicht mehr gehen.

(lai/jd/rent/dpa)
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