Tochter Eurowings legt 19 Flugzeuge still Entlassungswelle bei Lufthansa

Düsseldorf (RP). Der Erfolg der Billigflieger zwingt den Branchenprimus, deren Strategie zu kopieren. Mit größeren Maschinen will er die Kosten pro Sitzplatz senken. Die Folge ist ein radikaler Stellenabbau, wie ihn der Konzern noch nicht erlebt hat.

Mehr als fünf Jahrzehnte Lufthansa
22 Bilder

Mehr als fünf Jahrzehnte Lufthansa

22 Bilder

Die Lufthansa muss erstmals in ihrer Konzerngeschichte im großen Stil Mitarbeitern des Konzernverbundes kündigen. Ihre auf innereuropäische Flüge spezialisierte Regional-Tochter Eurowings wird 19 ihrer noch 34 Flugzeuge stilllegen. "Damit verbunden ist ein deutlicher Stellenabbau bei der Regionalfluggesellschaft", heißt es in einer Pressemitteilung.

Auf Anfrage unserer Redaktion sagte ein Eurowings-Sprecher, von dem Stellenabbau seien "mehrere Hundert" der aktuell 1257 Eurowings-Mitarbeiter betroffen. Betriebsbedingte Kündigungen ließen sich "bei einem Stellenabbau in dieser Größenordnung wohl nicht vermeiden".

Die Lufthansa ist seit 2001 an Eurowings beteiligt und hält 49 Prozent an der von Dortmund aus verwalteten Tochter. Aufgrund von Sonderverträgen mit dem Mehrheitseigentümer Albrecht Knauf steht sie aber unter der vollen Kontrolle der Lufthansa.

Wachsender Druck der Billigflieger

Hintergrund der Sparpläne ist der wachsende Druck der Billigflieger auf den deutschen Branchenprimus: Weil Wettbewerber wie Air Berlin, Ryan-air und EasyJet durchweg größere Maschinen einsetzen, haben sie geringere Kosten pro Sitzplatz und können ihre Tickets billiger verkaufen. "Darauf müssen wir reagieren", heißt es bei der Lufthansa. Zudem drängen die Billigflieger zunehmend in einstige Lufthansa-Monopol-Strecken vor.

17 der 19 Flugzeuge auf der Eurowings-Streichliste sind vom Typ CRJ 200 und haben gerade einmal 50 Sitzplätze. Auf innerdeutschen Strecken wie Düsseldorf-Berlin oder Stuttgart-Berlin konkurrieren sie mit 100- bis 200-sitzigen Boeings vom Typ 737, wie sie zum Beispiel Air Berlin einsetzt.

Aus Sicht der Eurowings-Mitarbeiter besonders tragisch: Weil sie nicht unter den teuren Konzerntarif der Lufthansa-Classic-Mitarbeiter fallen, verursachen sie eigentlich vergleichsweise geringere Lohnkosten. Eben dieser Konzerntarif schreibt aber vor, dass Maschinen mit mehr als 70 Sitzplätzen nur mit Personal der Lufthansa Classic betrieben werden darf — also mit deutlich teurerem Personal. "Aber die geringeren Personalkosten bei der Eurowings reichen leider nicht, um die Kostennachteile des zu kleinen Fluggerätes zu kompensieren", erklärte ein Sprecher der Lufthansa.

Verdi ist von den Vorgängen"völlig überrascht"

Die Schockwellen gingen gestern von Dortmund aus quer durch den Lufthansa-Konzern. Viele befürchten, dass Eurowings nur den Anfang für eine umfassende Neuordnung auch anderer Regionalpartner wie der Stuttgarter Contact Air, der Augsburg Airlines, Air Dolomiti oder der Kölner CityLine ist.

In Köln, wo vor einem Jahr noch 2440 Mitarbeiter im Auftrag der Lufthansa geflogen sind, ist der Abbau von 400 Stellen bereits in vollem Gange. Zu betriebsbedingten Kündigungen ist es dort allerdings noch nicht gekommen. Auch bei der CityLine wurden bereits 13 Maschinen vom Typ CRJ 200 mit je 50 Sitzplätzen ausgemustert — allerdings weitgehend durch größere Embreaer-Maschinen mit je über 100 Sitzplätzen ersetzt.

Die Gewerkschaft Verdi ist von den Vorgängen"völlig überrascht". Man stelle sich auf "lange und schwierige Verhandlungen" ein. Der Konzern müsse mit "massiven Widerständen" rechnen. Ein Streik als Reaktion auf die absehbaren Kündigungen sei rechtlich allerdings nicht möglich. Ob und wie stark die Lufthansa im Zuge der Sparmaßnahmen das Streckennetz ausdünnt, ist noch unklar.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort