Abschied von Atom, Kohle und Gas Börse feiert Eon-Radikalkur

Eon will sich künftig auf Erneuerbare Energien und Service-Dienstleistungen konzentrieren und das Unternehmen aufspalten. Beiden Bereichen traut Konzernchef Johannes Teyssen den Erfolg zu. Auch die Börse reagiert hoch erfreut. Kritiker wittern Betrug am Steuerzahler.

Eon-Chef Johannes Teyssen stellte die revolutionären Pläne am Montag der Öffentlichkeit vor.

Eon-Chef Johannes Teyssen stellte die revolutionären Pläne am Montag der Öffentlichkeit vor.

Foto: dpa, ve lre

Deutschlands größter Energieversorger Eon will mit einer Radikalkur auf die massiven Folgen der Energiewende reagieren. Der hoch verschuldete Düsseldorfer Dax-Konzern will sich künftig auf Erneuerbare Energien, Energienetze und Kundendienstleistungen konzentrieren - das Hauptgeschäft mit Atom, Kohle und Gas will Eon hingegen abgeben, wie das Unternehmen am Sonntagabend mitteilte. An der Börse kamen die Pläne gut an, doch es gibt auch warnende Stimmen. Die Bundesregierung sieht aber keine Jobs in Gefahr.

Die künftige Eon-Gesellschaft für die Stromerzeugung mit Atomkraft, Kohle und Gas hat nach Überzeugung von Eon-Chef Johannes Teyssen gute Aussichten am Markt. "Es ist noch nicht gesagt, wer in fünf Jahren der erfolgreichere ist - Eon oder die neue Gesellschaft", sagte er am Montag in Düsseldorf. Die neue Gesellschaft starte schuldenfrei und mit den kompletten Atomrückstellungen des Konzerns in Höhe von rund 14,5 Milliarden Euro.

Großkraftwerke würden noch für eine lange Zeit als Rückgrat der Energieversorgung gebraucht, betonte Teyssen bei einer Telefonkonferenz mit Analysten. Deshalb werde das ausgegliederte Geschäft eine starke Zukunft haben. Allerdings unterscheide sich das klassische Geschäftsmodell immer stärker von den Anforderungen der neuen Energiewelt. Es sei schwerer, beides unter einem Dach zu vereinen.

Aufsichtsratsvorsitzender Werner Wenning sagte der am Sonntagabend verbreiteten Mitteilung zufolge: "Die drastischen Veränderungen der globalen Energiemärkte, technische Innovationen und wachsende, individuellere Kundenerwartungen erfordern einen mutigen Neuanfang.
Das bisherige breite Geschäftsmodell von Eon wird den neuen Herausforderungen nicht mehr gerecht. Deshalb wollen wir uns radikal neu aufstellen."

Die Grundlagen für die Börsennotierung des neuen Unternehmens sollen im kommenden Jahr geschaffen werden. Dafür werden unter anderem die Investitionen um 500 Millionen Euro auf 4,8 Milliarden Euro erhöht. Nach der Zustimmung der Hauptversammlung soll die Abspaltung dann im Geschäftsjahr 2016 durchgeführt werden. Den verbleibenden Minderheitsanteil will Eon mittelfristig über die Börse abgeben. Auswirkungen auf die Arbeitsplätze sollen die Maßnahmen der Mitteilung zufolge nicht haben.

Nach Ansicht von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sind weder Jobs noch die Milliarden-Atom-Rückstellungen bei Deutschlands größtem Energieversorger gefährdet. Den Umbruch begrüßte er als konsequent. "Mit seiner Entscheidung stellt sich Eon konsequent auf und zieht als erstes Unternehmen die Konsequenz aus einer völlig gewandelten Welt der Energieversorgung. Das schafft durchaus neue Chancen", sagte Gabriel unserer Redaktion.

"Wir gehen davon aus, dass die Arbeitsplätze in beiden Unternehmen gesichert bleiben", zeigte sich Gabriel in einem weiteren Statement überzeugt. Der Staat sei an einem Einstieg nicht interessiert. Sorgen, dass Eon sich beim Atomausstieg aus der Verantwortung ziehen könnte, seien unbegründet, so Gabriel. Dies sei gesetzlich klar geregelt: "Wir passen auf, dass die Rückstellungen für den Rückbau von Atomkraftwerken und die nukleare Entsorgung gesichert bleibt."

Die Grünen warnten vor erheblichen Risiken für die Steuerzahler. "Ich befürchte, dass Eon eine Bad Bank für seine sieben Atomkraftwerke schafft, die von den Steuerzahlern gerettet werden muss", sagte die Energie-Expertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Bärbel Höhn, der Deutschen Presse-Agentur. Sie ist der Ansicht, dass diese Gesellschaft nicht genug Gewinn machen würde, um den Rückbau und die Entsorgung der still gelegten Atommeiler vollständig zu finanzieren.

Im laufenden Jahr reißt das bisherige Geschäft den Konzern tief in die roten Zahlen. Wertberichtigungen vor allem bei südeuropäischen Geschäften und Kraftwerken von 4,5 Milliarden Euro werden zu einem "erheblichen Konzernfehlbetrag im Geschäftsjahr 2014 führen", hieß es weiter. In den ersten drei Quartalen waren Abschreibungen in Höhe von rund 700 Millionen Euro aufgelaufen.

Eon schiebt einen Schuldenberg von 31 Milliarden Euro vor sich her.
Daran ändert auch der Verkauf des gesamten Geschäfts in Spanien und Portugal an den australischen Investor Macquarie zu einem Unternehmenswert von 2,5 Milliarden Euro nur wenig. Neben dieser Veräußerung prüft Eon auch den Verkauf des Geschäfts in Italien.
Zudem soll das Explorations- und Produktionsgeschäft in der Nordsee ebenfalls noch vor der Neuaufstellung überprüft werden.

An der Börse kamen die Pläne gut an: Unter den Einzelwerten kletterten Eon-Aktien an die Dax-Spitze. Im Sog der Eon-Rally waren zunächst RWE-Papiere zweitstärkster Dax-Wert.

(lnw)
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