Versicherungskonzern Ergo streicht weitere 600 Jobs

Düsseldorf · Das im Juli verkündete Programm ist offenbar nicht das Ende des Abbaus bei Ergo. Über drei Jahre verteilt sollen weitere Arbeitsplätze wegfallen. Nächste Woche verhandeln Betriebsrat und Konzernspitze über Abfindungen.

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Foto: ddp

Die Belegschaft des Versicherungskonzerns Ergo kommt nicht zur Ruhe. Nach dem massiven Imageschaden durch skandalöse Vertriebsreisen und Pannen bei Versicherungsprodukten sowie dem angekündigten Abbau von 1350 Arbeitsplätzen im Juli hat die Mitarbeiter jetzt die nächste Hiobsbotschaft erreicht.

Nach Informationen unserer Zeitung aus dem Umfeld des Unternehmens sollen in den nächsten drei Jahren insgesamt 600 weitere Vollzeitstellen gestrichen werden. Pro Jahr sei der Abbau von 200 Vollzeitjobs geplant, hieß es. Um wie viel Mitarbeiter es dabei geht, bleibt offen. Das Unternehmen selbst wollte auf Anfrage nicht Stellung nehmen.

Am Montag und Dienstag der kommenden Woche soll es zwischen Unternehmensführung und Betriebsrat Verhandlungen darüber geben, wie Mitarbeiter gegen Abfindung das Unternehmen verlassen oder in den Vorruhestand gehen könnten. Am Mittwoch werden sich dann Oletzky und Ergo-Arbeitsdirektor Ulf Mainzer bei einer Betriebsversammlung den Mitarbeitern stellen.

"Wir sind gespannt, wie uns unsere Vorstände ihre Beschlüsse auf der anstehenden Betriebsversammlung erklären. Dies auch insbesondere mit Blick darauf, wie denn überhaupt noch die Arbeit geschafft werden kann, welche Perspektiven sich für uns Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jenseits des Arbeitsplatzabbaus in Ergo ergeben und wie man uns Beschäftigten Mut und Zuversicht für die Ergo vermitteln will", heißt es in einem Schreiben des Betriebsrats an die Mitarbeiter, das unserer Zeitung vorliegt.

Schon im Juli hatte Ergo erklärt, dass im Konzern 1350 Arbeitsplätze wegfallen sollten. Damals war die Rede davon gewesen, dass sich der Stellenabbau nahezu gleichmäßig auf Außen- und Innendienst verteilen sollte. Jetzt plant der Konzern offenbar noch einmal eine deutliche Sparrunde in der Verwaltung. "Der Produktverkauf läuft schlecht. Die Aktiengesellschaften unter den Versicherern verlieren ohnehin an Boden gegenüber den Versicherungsvereinen und den öffentlichen Versicherern, und Ergo gehört zu den größten Verlierern", heißt es im Umfeld des Versicherungsunternehmens.

Schwere Zeiten also für Vorstandschef Torsten Oletzky. Am 4. Dezember trifft sich der Aufsichtsrat des Versicherungskonzerns. Der wichtigste Tagesordnungspunkt: die Vertragsverlängerung für Oletzky – wenn sie denn kommt. Der Manager, derunter anderem durch die Schlagzeilen um die skandalösen Vertriebsreisen nach Budapest und Jamaika schwer unter Druck geraten war, bekommt zwar regelmäßig Treueschwüre vom Aufsichtsratsvorsitzenden Nikolaus von Bomhard.

Aber die Zahl derer, die Oletzky nicht mehr stützen will, wächst angeblich – vor allem auf der Arbeitnehmerseite gebe es Vorbehalte, heißt es. Da sein Vertrag Mitte des kommenden Jahres ausläuft, muss das Kontrollgremium laut Aktiengesetz in der Dezember-Sitzung entscheiden, ob Oletzky über das kommende Jahr hinaus den Konzern weiterführen soll.

Geht es nach Einzelstimmen in der Belegschaft, hätte der Vorstandsvorsitzende wohl keine Chance mehr. Vorläufiger Höhepunkt der Stimmungsmache: Unter dem Logo der Vertriebsorganisation VKK hat ein Mitarbeiter anonym offen zum Marsch auf die Konzernzentrale aufgerufen und gefordert, die gesamte Führungsriege mit Oletzky an der Spitze müsse entmachtet werden.

"Davon distanzieren wir uns klar. Das ist eine Diffamierung unserer Organisation. Da schadet uns jemand zusätzlich", sagte der VKK-Vorsitzende Dieter Schollmeier gestern auf Anfrage. Aber selbst wenn sich hier ein Einzelner hinter der Gesamtorganisation verstecken mag, zeigt der Vorgang, wie frostig das Klima in der Ergo-Belegschaft ist.

(RP/nbe)
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