Grund für tausende Flugausfälle Ryanair bereitet sich angeblich auf Air-Berlin-Aus vor

Berlin · Die irische Billig-Airline streicht in den kommenden Wochen tausende Flüge. Offizieller Grund: Die Pünktlichkeit soll verbessert werden. Möglicherweise liegt es aber auch einem Pilotenmangel oder weil man sich bei Ryanair auf einen kompletten Stillstand bei Air Berlin vorbereitet

 Eine Ryanair-Maschine im Landeanflug auf Barcelona.

Eine Ryanair-Maschine im Landeanflug auf Barcelona.

Foto: afp

Die zahlreichen Flugausfälle bei der irischen Billig-Fluggesellschaft Ryanair am Wochenende gehen nach Angaben der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) auch auf einen Pilotenmangel bei der Airline zurück.

"Ryanair-Mitarbeiter sagen uns, es werden Flüge gestrichen, weil Piloten das Weite suchen", sagte VC-Sprecher Markus Wahl der "Mitteldeutschen Zeitung" vom Dienstag. Ryanair habe eine hohe personelle Fluktuation, weil die Airline niedrigere Gehälter zahle als die Wettbewerber.

"Viele Piloten versuchen, zu anderen Gesellschaften zu wechseln", sagte Wahl. Ryanair habe daher bereits angefangen, auch Piloten aus Südamerika anzuwerben.

Ryanair hatte am Wochenende mehr als 160 Flüge gestrichen und will auch in den kommenden sechs Wochen täglich 40 bis 50 Flüge ausfallen lassen.

Als Grund gibt die Airline an, sie wolle die Pünktlichkeit ihrer Maschinen verbessern. Zuletzt hätten unter anderem urlaubsbedingte Verschiebungen bei den Crews zu vielen Verspätungen geführt. Betroffene Kunden sollen nach Möglichkeit umgebucht oder entschädigt werden.

Auf seiner Webseite weist Ryanair darauf hin, das betroffenen Kunden per Mail informiert würden, sollte ihr Flug ausfallen. Man wolle spätestens am Dienstag (19. September) einen komplette Liste der Flüge veröffentlichen, die in den kommenden Wochen ausfallen. Aktuell können Kunden jedoch lediglich betroffene Flüge bis Mittwoch einsehen.

Die aktuellen Flugstreichungen könnten nach Einschätzung eines Luftverkehrsexperten aber auch einen ganz anderen Hintergrund haben. Das Unternehmen bereite sich nach seiner Einschätzung auf den möglichen Fall vor, dass die insolvente Air Berlin ihren Flugbetrieb aus Geldmangel vorzeitig einstellen muss, sagte Gerald Wissel von der Beratungsgesellschaft Airborne am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

"Im Fall eines vorzeitigen "Groundings" der Air Berlin müssten die begehrten Start- und Landerechte vom zuständigen Koordinator der Bundesrepublik sofort neu vergeben werden", sagte Wissel. Den Zuschlag könnten aber nur Gesellschaften erhalten, die dann auch mit entsprechenden Flugzeugen die Strecken tatsächlich fliegen könnten.

Dafür wolle Ryanair einige Maschinen in der Hinterhand haben, sagte Wissel. Die irische Gesellschaft hat nach eigenen Angaben nicht für Betriebsteile der Air Berlin geboten.

Nach der Streichung Tausender Flüge bei Ryanair hat die EU-Kommission die Fluglinie gemahnt, die europäischen Verbraucherrechte der Passagiere zu achten. Diese hätten bei der Absage eines Flugs eine Reihe von Ansprüchen, sagte ein Kommissionssprecher am Montag.

So müssen nach den einschlägigen EU-Regeln von 2004 Fluglinien eigentlich mindestens zwei Wochen vor Abflug über eine Streichung informieren. Ist die Frist kürzer, müssen sie den Kunden eine neue Verbindung anbieten.

Je weniger Zeit bis zum gebuchten Abflug bleibt, desto weniger Spielraum hat die Airline dabei: Werden Kunden weniger als sieben Tage vorher unterrichtet, darf der Ersatzflug nicht mehr als eine Stunde früher abgehen und nicht mehr als zwei Stunden später ankommen als die ursprünglich gebuchte Verbindung.

Schafft die Fluglinie das nicht, muss sie den Kunden entschädigen, wie die Kommission klarstellte. Man erwarte, dass sich Ryanair daran halte, sagte der Sprecher. Für die Durchsetzung der Rechte zuständig seien aber nationale Behörden, in Deutschland das Luftfahrt-Bundesamt in Braunschweig.

(csr/AFP/dpa)
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