ThyssenKrupp-Aufseher muss sich Aktionären stellen Für Cromme wird es ein stürmischer Tag

Bochum · Seit Monaten kommt ThyssenKrupp nicht aus den Schlagzeilen heraus. Schlechte Zahlen und mehrere Skandale machen dem Essener Stahlriesen zu schaffen. Im Mittelpunkt der Kritik steht inzwischen Chefaufseher Gerhard Cromme. Ihm steht nun einer der stürmischsten Tage seiner Karriere bevor.

ThyssenKrupp trennt sich von drei Vorständen
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Viele Köpfe sind in den vergangenen Wochen bei ThyssenKrupp gerollt. Angesichts der schlechten Zahlen, die insbesondere aus den Verlusten der Werke in Brasilien und den USA resultieren, krempelte der Konzern seinen Vorstand um. Und wegen einer neu bekannt gewordenen Luxusreise hat auch der IG-Metall-Vorstand Bertin Eichler angekündigt, nicht mehr für den Aufsichtsrat kandidieren zu wollen.

Doch die Wut der Aktionäre ist noch lange nicht verraucht, schließlich hat auch die Aktie enorm unter den Skandalen gelitten, verlor in den vergangenen anderthalb Jahren fast die Hälfte ihres Wertes. Und so rückt seit einigen Tagen Gerhard Cromme in den Mittelpunkt der Kritik. Der Vorwurf: Der Chefkontrolleur habe den Stahlkonzern nicht mehr im Griff. All diese Kritik wird Cromme nun persönlich zu spüren bekommen — auf der Hauptversammlung am Freitag.

"Cromme hat eine Vorbildfunktion"

Denn dann muss sich der 69-jährige Manager in Bochum den Aktionären stellen. Mancher von ihnen hatte in den vergangenen Tagen den Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden gefordert. Cromme könne sich "einer Mitverantwortung für die Fehlentwicklungen nicht entziehen", sagte etwa der Chef des britischen Aktionärsvertreters Hermes, Hans-Christoph Hirt, dem "Handelsblatt".

Kritiker werfen ihm auch vor, dass er das Milliardendebakel in Brasilien und den USA nicht nur nicht verhindert, sondern als Chefkontrolleur die Investitionspläne sogar abgesegnet habe. Selbst aus der Vereinigung der Aufsichtsräte wurde Kritik laut. Der Vize-Präsident Peter Dehnen sagte Anfang der Woche der Nachrichtenagentur Reuters: "Cromme hat eine Vorbildfunktion und dieser wird er nicht gerecht."

Nun wollen Aktionärsvertreter eine namentliche Abstimmung über die Entlastung eines jeden einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes fordern, wie der Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, Markus Dufner, und der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler sagten. Der DSW hatte Cromme zuletzt aufgefordert, im Amt zu bleiben.

"Noch geben wir ihm eine Chance"

"Er soll aufräumen wie bei Siemens. Noch geben wir ihm eine Chance zur Klärung und Lösung der Probleme", sagte Tüngler der Nachrichtenagentur dapd. Zwar seien die Rücktrittsforderungen an Cromme populär, doch dem Unternehmen würde ein solcher Schritt nicht helfen.

Aber auch anderweitig kann Cromme beruhigt auf den Freitag schauen, selbst wenn er sicherlich den Zorn der Aktionäre deutlich zu spüren bekommen wird und es mehrere Anträge geben wird, Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Doch er weiß den wichtigsten Mann an diesem Tag hinter sich: Berthold Betz.

Betz ist Vorsitzender der Krupp-Stiftung und diese wiederum mit einem Anteil von rund 25 Prozent der größte Einzelaktionär des Konzerns. Cromme selbst soll Betz eines Tages beerben. Er wurde als Vertreter der Stiftung in das Gremium entsandt. Und der 99-jährige Firmenpatriarch hat vor wenigen Wochen im "Handelsblatt" seine Position kurz und bündig dargestellt. "Cromme bleibt", sagte er.

Wie lange er diese Rückendeckung aber noch hat wird sicherlich auch davon abhängen, wie sich die Zahlen des Konzerns in den nächsten Monaten entwickeln und ob noch das eine oder andere Skandälchen ans Tageslicht kommt.

mit Agenturmaterial

(das)
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