Riesen-Fusion geplant Telekom will Zweiter im US-Mobilfunk werden

Bonn/Seattle · Der Konzern plant in den USA eine Riesen-Fusion. Doch die Anleger fürchten ein Veto von US-Präsident Trump, die T-Aktie schwächelt.

 Filialen von Telekom und Sprint in New York. (Archiv)

Filialen von Telekom und Sprint in New York. (Archiv)

Foto: dpa

Zufriedener als gestern hat sich Telekom-Chef Tim Höttges selten gegeben, als er die Übernahme des US-Branchenvierten Sprint durch den Telekom-Ableger T-Mobile US erläuterte. "Sie finden einen glücklichen Vorstandschef", sagte er. "Wir erleben einen historischen Moment für die Telekom." Und mit einem Chart zeigte er, was der am Wochenende unterschriebene Mega-Deal bringen soll: Der Chef von Europas führendem Telefonkonzern formt in den USA per Aktientausch einen Mobilfunkriesen, der bei wichtigen Kennzahlen größer sein wird als der Bonner Mutterkonzern mit allen Tochterfirmen in Europa. "Das wäre ein Riesendeal, wenn er genehmigt wird", sagt der Branchenexperte Torsten Gerpott, "so kann die Telekom in den USA als wichtigstem Markt der westlichen Welt deutlich mehr Tempo machen."

Tatsächlich schafft die Telekom in den USA einen Sprung, falls der nun dritte Versuch zu einer dortigen großen Fusion gelingt. Die gemeinsame Zahl der Mobilfunkkunden würde bei 127 Millionen liegen - 35 Millionen Kunden mehr, als die Telekom in Europa hat, und deutlich mehr als die Nummer Drei, Verizon, hat. Nur AT&T zählt mehr Kunden.

"Wettbewerb deutlich einheizen"

Beim Jahresumsatz liegen Verizon und AT&T zwar jeweils deutlich vor T-Mobile US mit umgerechnet 60 Milliarden Euro, weil sie teurere Tarife und jeweils viele Millionen Festnetzanschlüsse haben. Doch Höttges setzt auf Attacke: Man wolle die künftige Mobilfunktechnik 5G schnell ausbauen, kündigt er an. Und er wolle mit dieser neuen Technik Festnetzanschlüsse ersetzen. Im Klartext: Während der Ex-Monopolist im deutschen Heimatmarkt bevorzugt auf den Ausbau des Festnetzes setzt, will er es in den USA durch neue Funktechnologien überwinden. Höttges: "Wir werden dem Wettbewerb deutlich einheizen." Die Un-Carrier-Strategie werde weitergehen - also das Ködern neuer Kunden mit Kampfpreisen gerade für mobiles Internet.

Mit dieser Strategie hat T-Mobile US schon bisher großen Erfolg gehabt und sich so auch Sprint zur Beute gemacht. Angeführt vom charismatischen Vorstandschef John Legere, der im Jahr mit 20 Millionen Dollar deutlich mehr als Höttges (4,8 Millionen Euro) verdient, hat T-Mobile US in den vergangenen zehn Jahren die Kundenzahl von 32 Millionen auf fast 73 Millionen erhöht. Als Ergebnis wurde der langjährige Dritte Sprint überholt.

Vor einigen Monaten scheiterten dann Fusionsgespräche an zu hohen Machtansprüchen von Sprint-Hauptinhaber Masayoshi Son, doch jetzt gab der Gründer des japanischen Technikkonzerns Softbank klein bei: Die Telekom wird 62 Prozent der Stimmrechte im neuen Unternehmen haben, Höttges wird Aufsichtsratschef, die Telekom stellt neun der 14 Board-Mitglieder - und Legere wird Chef.

"Sprint stand das Wasser in den letzten Monaten zunehmend bis zum Hals", sagt Experte Torsten Gerpott, "Der Börsenwert sank zunehmend, weil das hoch verschuldete Unternehmen die Investitionen für 5G ohne Partner nur schwer stemmen kann."

Warten auf Donald Trump

Die große Frage für die Bonner ist nun, ob die amerikanischen Behörden den Deal abnicken. Die fragen sich, ob der Wettbewerb in den USA geschwächt wird, wenn nur noch drei statt vier Mobilfunker konkurrieren. Höttges argumentiert, es wäre umgekehrt: Der neue Gesamtkonzern werde 5G im Interesse der Konsumenten schneller ausbauen, als es die zwei Einzelfirmen jeweils könnten. Die Fusion werde keine Arbeitsplätze kosten, ergänzt er, sondern neue schaffen.

Schon vorsorglich verkündete der Solinger auch noch, die neue T-Mobile US werde das ländliche Amerika mehr als jeder Konkurrent mit schnellen Online-Anschlüssen versorgen. Höttges weiß, dass der US-Präsident bei der Genehmigung kräftig mitreden wird - und Donald Trump hat seine Basis abseits der Großstädte. Gefragt, ob er von Trump eine Genehmigung der Fusion erwarte, sagte Höttges: "Die Beurteilung vom amerikanischen Präsidenten entzieht sich meiner Kenntnis."

Wie schwer die Erlaubnis zu erhalten sein wird, zeigen andere Fälle: Vor sieben Jahren verboten die US-Behörden den Verkauf von T-Mobile US an Marktführer AT&T, obwohl T-Mobile damals viel kleiner war. Trump galt beim Amtsantritt Anfang 2017 zwar eher als Befürworter großer Fusionen, jetzt bekämpft er den Erwerb des Medienkonzerns Time Warner durch AT&T. "Eine Erlaubnis wird also auch von der politischen Gesamtlage abhängen", meint Gerpott. "Das ist schwer zu kalkulieren." Ähnlich sieht dies Bill Menezes von der Marktforschungsfirma Gartner: Die Beteiligten müssten einen langen Atem mitbringen, die Prüfungen könnten länger als ein Jahr dauern.

Auch die Aktienmärkte sind vorsichtig: Obwohl Höttges sagt, dass die Fusion pro Jahr sechs Milliarden Euro einsparen könnte, sank der Aktienkurs der Telekom gestern leicht ab. Wohl einziger Grund: Die Anleger fürchten ein Trump-Veto.

(RP)
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