Shitstorm gegen Abercrombie & Fitch Gegen die Diktatur der Schlanken und Schönen

Die Marke "Abercrombie und Fitch" will, dass nur perfekte Menschen ihre Kleidung tragen. Das Angebot für Frauen endet bei Größe L. Die Arroganz von Chef Michael Jeffries ist legendär. Nun macht sich im Internet Widerstand gegen die elitäre Marke breit. Gegner der Marke sollen die Klamotten an Obdachlose verschenken.

Video entfacht Shitstorm gegen Abercrombie & Fitch
8 Bilder

Video entfacht Shitstorm gegen Abercrombie & Fitch

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Jahrelang war Abercrombie & Fitch Kult. Vor allem junge Menschen standen Schlange. Vor den Filialen werden sie von so genannten Models begrüßt. Die jungen Männer sind perfekt gestylt, Sixpack, ein Abziehbild des perfekten Körpers, so wie Abercrombie sich ihn wünscht. Die Message: Wer unsere Kleidung trägt, darf sich ebenfalls zu den Schönen und Schlanken zählen. Auch die Eröffnung des Flagstores in Düsseldorf im Dezember 2011 war ein gewaltiger Erfolg.

Chef und Hirn dieses Images ist der Amerikaner Michael Jeffries. Der 69-Jährige achtet bis heute streng auf seinen Körper. Manche sagen, er kämpft um seine Jugendlichkeit. Täglich stemmt er Gewichte, ist über ihn zu lesen. Und dass er für nicht perfekte Körper nur Verachtung übrig habe. Die ganze Wahrheit der Verkaufsmasche von Abercrombie und Fitch steckt in seinem wohl berühmtesten Zitat. "Ganz ehrlich, wir wollen die coolen Kids. Viele Menschen haben in unserer Kleidung nichts zu suchen."

Diskriminierung und Rassismus

Regelmäßig sorgt die Marke für Schlagzeilen. Zuletzt weil sie für Frauen nur Kleidung bis Größe L anbietet. Dicke und Hässliche will die Geschäftsführung nicht in Abercrombie-Sachen sehen. Sie wünscht sich makellose, junge Körper als Träger ihrer Botschaft.

Das geht so weit, dass das Unternehmen Leute dafür bezahlt, ihre Kleidung nicht zu tragen. So geschehen im August 2011, als Abercrombie Darstellern der Serie Jersey Shore Geld anbot, damit sie künftig keine Kleidung der Marke tragen würden. Begründung: Das beschädige den Ruf des Unternehmens.

Irritierende Spuren hinterließ auch ein Rechtsstreit in den USA. Es gab Klagen wegen rassistisch motivierter Diskriminierung, weil in den Shops fast nur Weiße arbeiteten. Abercrombie zahlte in einem Vergleich 40 Millionen Dollar, um die Angelegenheit wegzuräumen. Auch sonst hat es das Personal offenbar nicht eben leicht. Bis heute ist immer wieder von Schikanierungen, Kontrollwut und strengen Regeln zu hören.

"Eine schreckliche Firma"

Aber der Stern von Abercrombie und seiner Jugendmarke Hollister sinkt. Nicht nur, weil die Aktie an der Börse vorübergehend einbrach und der größte Hype vorüber ist. Nun verbreitet sich auch eine Gegenkampagne wie ein Lauffeuer im Internet.

Auslöser ist ein auf YouTube veröffentlichter Clip. Gedreht hat ihn ein junger Amerikaner namens Greg Karber. Sein Video ist ein Resultat seiner Wut auf den Modehersteller. Er hatte gelesen, dass das Unternehmen aus Angst um das Image lieber seine Ware verbrennen würde als sie an Bedürftige weiterzugeben. "Abercrombie & Fitch ist eine schreckliche Firma", lautet sein erste Satz in dem knapp zweieinhalbminütigen Video.

Er verteilt die Eliten-Kleidung an die Obdachlosen

Anschließend erläutert er die elitäre Geschäftsidee der Marke. Und kommt zu dem Schluss, dass dieses Image einer erheblichen Korrektur bedarf. "Heute machen wir uns daran, ihre Marke zu verändern", heißt es, und Karber setzt sich ins Auto, bestückt mit einer großen Tüte voller Kleidung von Abercrombie. Sein Ziel: Der Osten von Los Angeles. Dort nämlich wird er unter Obdachlosen die Kleidungsstücke verteilen, die sonst nur den Schönen und Schlanken vorbehalten sein soll.

Das Video schließt mit einem Aufruf: Karber appelliert daran, es ihm gleich zu tun und Abercrombie-Kleidung an Sammelstellen für Obdachlose weiterzugeben. Außerdem fordert er dazu auf, seinen Film in sozialen Netzwerken zu teilen und im Netz weiterzuverbreiten. Mit Erfolg. Seit seiner Veröffentlichung am Montag wurde der Film 3,7 Millionen Mal angeklickt, 10.000 Kommentare haben sich inzwischen darunter angesammelt.

Jeffries selbst wird zum Ziel von Hohn und Spott

Auch bei Twitter macht seine Gegenkampagne zum "Rebranding" von Abercrombie & Fitch die Runde. Unter dem Hashtag #fitchthehomeless lästern Nutzer über Abercrombie, seinen Chef Michael Jeffries und dessen Äußeres, das vielen ein Widerspruch zum propagierten Schönheitsideal zu sein scheint.

Zeitgleich provoziert die Initiative Karbers aber auch Kritik am Verfasser selbst. Einige Nutzer werfen ihm vor, damit selbst auf indirekte Weise Obdachlose zu diskriminieren. Einen Modehersteller zu kritisieren, indem man seine Kleidung an heimatlose Arme verteilt, hinterlässt zumindest den Verdacht, hier würden die Bedürftigen nur benutzt, um Abercrombie abzuwerten. "Ich weiß nicht, was unmenschlicher ist, A&F oder dieses Video!? Obdachlose benutzen, um eine Marke zu bestrafen?", heißt es in einem Kommentar.

Welche Wirkungsmacht das Video von Greg Karber entfaltet hat, lässt sich derweil auch auf der Facebook-Seite von Abercrombie & Fitch ablesen. Dort nämlich ließ Vorstandschef Jeffries am Donnerstag eine Mitteilung veröffentlichen, in der er auf den Verhaltenskodex des Unternehmens hinweist. "Wir sind entschieden gegen jederlei Form von Diskriminierung, Belästigung oder abschätzige Bewertungen aufgrund von Rasse, Geschlecht, Körper oder anderen Eigenschaften", ist zu lesen.

Damit aber wird er den Ärger um seine Marke nicht aufhalten können. Die Kommentare auf Facebook jedenfalls bleiben kritisch: Was denn bitte misszuverstehen sei an einem Satz wie "Wir mögen es nicht, wenn dicke Menschen in unseren Läden arbeiten oder unsere Kleidung tragen."

(pst)
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