Saturn ändert Werbeslogan Geiz ist nicht mehr geil

Düsseldorf (RPO). Das war's mit der Knauserigkeit: Der Elektromarkt Saturn ersetzt seinen Werbeslogan "Geiz ist geil" durch einen neuen. Schade ist das nicht, denn der geile Geiz war ein Symptom der Wirtschaftsflaute. Erinnernswert ist der Spruch trotzdem, denn kaum ein Reklameslogan hat die Gemüter mehr erregt. Ein Nachruf.

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Foto: British American Tobacco

Nachrufe bieten selten Anlass zur Freude. In diesem Fall ist es anders. Geiz lässt sich kaum als etwas Postitives auslegen, ist die Schattenseite der Sparsamkeit und nebenbei bemerkt eine der sieben Todsünden. Wer geizig ist, gönnt weder sich noch anderen etwas, kennt Lebensfreude allenfalls aus Erzählungen.

Ob das auf den durchschnittlichen Saturn-Kunden zutrifft, sei dahingestellt. Im Grunde zielte die Werbung ohnehin auf etwas Anderes ab: Geiz aus Geldmangel heraus. Nicht umsonst ging der Elektronikhändler mit dem Slogan zu einer Zeit der wirtschaftlichen Flaute an die Öffentlichkeit, als viele Menschen in Deutschland notgedrungen sparen mussten.

Doch Geiz aus Geldmangel ist streng genommen gar keiner. Denn Geiz ist eine Charaktereigenschaft, die vom Geldbeutel unabhängig ist. Auch Reiche sind geizig - Gerüchten zufolge sind sie es sogar besonders häufig. Und die meisten Hartz-IV-Empfänger sind es eben nicht, würden vielleicht liebend gern im kleinen, feinen Elektrofachgeschäft um die Ecke kaufen, können es sich aber nicht leisten.

Nun scheint diese Entwicklung gestoppt, mit der Wirtschaft geht es aufwärts; Geiz - das hat offenbar auch Saturn erkannt - ist plötzlich noch weniger geil als zuvor. "Als wir die Kampagne vor fünf Jahren gestartet haben, war die deutsche Wirtschaft noch in einer völlig anderen Verfassung. In solch schwierigen Zeiten hat der Kunde zu allererst auf den Preis geschaut", so Roland Weise, Geschäftsführer der Media-Saturn-Holding, in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Auch die Experten bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) beobachten, dass die Verbraucher in Deutschland wieder mehr auf Qualität achten - und weniger auf den Preis. Geld zu haben ist eben doch noch ein bisschen geiler, als ständig Preise zu vergleichen und vom Grabbeltisch zu kaufen.

Dem Saturn-Slogan gebührt trotzdem ein Ehrenplatz im verstaubten Regal der abgelegten Werbesprüche. Er hat nicht nur polarisiert, sondern auch dazu beigetragen, eine gesellschaftliche Entwicklung deutlich zu machen: Die einen kaufen immer billiger (meist, weil sie es müssen, selten, weil sie es wollen), die anderen prassen (weil sie es können). Aldi-Nudeln für 29 Cent gegen fünfmal so teure Nudeln aus dem Bioladen. Tschibo-Kochtopf gegen die teure Alternative von WMF. Billig-Jeans für zehn Euro gegen das Designer-Stück für 190 Euro.

Was hier passierte, kam - wenn man so will - einer Spaltung der Gesellschaft gleich. Der Saturn-Slogan war ein Symptom dieser Entwicklung. Und ist deshalb ein kleines Stück Zeitgeschichte.

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