Energie Gewerkschaft fordert Braunkohle-Fonds

Haltern · IG BCE-Chef Vassiliadis hält die Braunkohle bis 2047 für unverzichtbar. Da sie aber nur noch 15 Jahre Geld verdiene, sollen Tagebaue und Kraftwerke in einen Fonds gehen. Zu Not soll der Stromkunde zahlen.

 Michael Vassiliadis fordert einen Braunkohle-Fonds.

Michael Vassiliadis fordert einen Braunkohle-Fonds.

Foto: dpa

Wegen der Braunkohle-Krise schlägt die Gewerkschaft IG BCE Alarm. Ihr Chef Michael Vassiliadis fordert die Politik auf, einen Braunkohle-Fonds zu errichten.

"Wir brauchen ein Konstrukt, das es möglich macht, die Braunkohle noch für Jahrzehnte als Brückentechnologie zu betreiben", sagte Vassiliadis vor Journalisten in Haltern. Das könne helfen, "die notwendigen Rücklagen für Rückbau und Rekultivierung zu schaffen und zu sichern". Die IG BCE sei bereits mit den zuständigen Ministern in Bund und Ländern im Gespräch.

Die Idee sieht vor, dass die Braunkohle-Verstromer (das sind RWE, Mibrag und der Käufer der ostdeutschen Braunkohle) Kraftwerke und Tagebaue samt Rückbau-Verpflichtungen in eine Art Fonds einbringen. Sie sollen aber Betreiber der Anlagen bleiben und dafür Geld vom Fonds erhalten. Als Finanziers sollen langfristig orientierte Investoren wie Pensionsfonds gefunden werden. Die Politik müsse verlässliche Rahmenbedingungen schaffen.

Auf ähnliche Weise wurde einst die RAG-Stiftung zum Ausstieg aus der Steinkohle-Förderung organisiert. 2014 hatte Vassiliadis bereits eine nationale Steinkohle-Verstromungs-AG gefordert.

"Noch für mindestens 25 Jahre unverzichtbar"

Der Gewerkschafts-Chef geht davon aus, dass die Braunkohle noch bis 2047 als Brückentechnologie benötigt wird: "Nach dem Ausstieg aus der Kernenergie in 2022 bleibt die Kohleverstromung noch für mindestens 25 Jahre unverzichtbar für eine sichere Stromversorgung."

Allerdings werde Braunkohle nur noch15 Jahre lang Geld verdienen. "Die Politik sollte daher in Gesprächen mit der Energiewirtschaft dafür sorgen, dass die guten Jahren als Ansparphase genutzt werden und danach die so erwirtschafteten Mittel zur Auszahlung kommen." Gewinne der Braunkohle sollten also nicht ausgeschüttet werden.

Zugleich baut die Gewerkschaft eine Hintertür in Richtung staatlich organisierter Hilfe ein: Sollte das angesammelte Geld nicht reichen, soll nach den Plänen der Stromkunde über höhere Netzentgelte dafür zahlen, dass man die benötigten Braunkohle-Blöcke am Netz halten kann.

Der Vorschlag wirft viele Fragen auf. Zum einen setzt Vassiliadis darauf, dass die Braunkohle bald wieder Geld verdient — eine optimistische Annahme. Derzeit schreiben fast alle Blöcke rote Zahlen. Eine Megawattstunde Strom bringt an der Börse nur noch 20 Euro, die Kosten betragen laut Branche aber 28 Euro pro Megawattstunde Braunkohle-Strom.

Zum zweiten ist fraglich, ob ein Investor gewonnen werden kann — es sei denn, der Fonds kann mit staatlich organisierter Hilfe winken, was ordnungspolitisch und beihilferechtlich bedenklich wäre. Schon beim jüngsten Klima-Deal hat die Politik der Branche 1,6 Milliarden Euro zugesagt, die der Stromkunde in den nächsten Jahren für eine stille Reserve an Braunkohle-Blöcken zahlen muss. Dies hat die EU-Kommission noch nicht abgesegnet.

Die Gewerkschaft hofft, dass eine Debatte um den Braunkohle-Fonds auch den Verkauf der ostdeutschen Braunkohle von Vattenfall positiv beeinflusst. "Der Verkaufsprozess ist wegen der politischen Unsicherheit in einer schwierigen Phase", sagte Vassiliadis. Laut Branchenkreisen ist fraglich, ob Vattenfall überhaupt einen dreistelligen Millionenbetrag durchsetzen kann.

Bis zum 16. März müssen Interessenten ein verbindliches Angebot abgeben. Unverbindlich Interesse haben CEZ und EPH aus Tschechien sowie die Steag aus Essen bekundet. Der Vattenfall-Sprecher sagte unserer Redaktion: "Zu Details des Verkaufsprozess sagen wir nichts. Es bleibt dabei: Bis Mitte des Jahres wollen wir Entscheidungsreife im Verkaufsverfahren haben."

Die hinter den Steag-Eigentümern stehenden NRW-Städte haben sich mehrheitlich gegen den Deal ausgesprochen: Duisburg, Essen, Bochum, Oberhausen. Dortmund und Dinslaken sind offen. Vassiliadis warnte die Stadträte: "Sie sollten keine Pläne ablehnen, die sie gar nicht kennen." Die Steag habe die Kompetenz, Kraftwerke zu führen, und sei ein interessanter Kandidat für die Lausitz.

(anh)
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