Widerstand regt sich GEZ-Gebühr belastet Unternehmen

Düsseldorf (RP). Ab 2013 sollen Rundfunkbeiträge nach neuen Kriterien erhoben werden. Doch dagegen regt sich erheblicher Widerstand. Benachteiligt fühlen sich vor allem Handwerks- und Handelsbetriebe mit vielen Filialen und zahlreichen Teilzeitkräften. Sie müssten bis zu 1000 Prozent mehr bezahlen.

Ärger mit der GEZ? Wir sagen Ihnen, wer keine Gebühren zahlen muss
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Foto: RP-Archiv

Der Justiziar der Douglas Holding in Hagen, Roland Kirsten, kann es selbst fast nicht glauben. Aber die Berechnungen, die ihm vorliegen, sind mehrfach geprüft worden. Für die 1131 Filialen, in denen das Unternehmen in Deutschland Parfümerie-Artikel, Bücher, Schmuck, Süßwaren und Kleidung verkauft, muss es — wenn der von den Ministerpräsidenten der Länder bereits unterzeichnete Staatsvertrag zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ab 2013 gültig wird — 32 768,78 Euro Rundfunkgebühren pro Monat bezahlen. Bislang musste Douglas monatlich nur 5806,56 Euro an die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) überweisen. Das entspricht einer Steigerung von 464 Prozent.

Obwohl jeder Unternehmer als Privatperson ab 2013 durch die Haushaltsabgabe ohnehin Rundfunkgebühren bezahlen muss, soll er zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Mit dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag bestimmt nicht mehr die Zahl der Empfangsgeräte die Höhe der Gebühren. Was ein Firmeninhaber künftig zahlt, ist abhängig von der Zahl seiner Filialen und Mitarbeiter sowie der Dienstfahrzeuge.

Bisher gilt: Zahlt ein Betrieb für einen Fernseher 17,98 und für jedes (Auto-) Radio 5,76 Euro, muss er künftig für jede Filiale bis zu 3236 Euro im Monat aufbringen. Jede weitere Betriebsstätte kostet weitere Gebühren, und auch für jeden Dienstwagen muss extra gezahlt werden — und zwar ein Drittel des Grundbetrags von 17,98 Euro, also 5,99 Euro. Die Beiträge sind abhängig von der Mitarbeiterzahl in zehn Beitragsgruppen gestaffelt.

Branchen mit Teilzeitkräften benachteiligt?

"Was da auf uns zukommt, ist ein Skandal", meint der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Düsseldorfer Landtag, Ralf Witzel. Der Liberale hat deshalb eine Kleine Anfrage im NRW-Landtag gestellt, die klären soll, was die Landesregierung gegen die seiner Meinung nach ungerechtfertigte Mehrbelastungen von Unternehmen in NRW unternimmt. Branchen, die mit überdurchschnittlich vielen Teilzeitkräften arbeiten oder im Vertrieb über eine Filialorganisation verfügen müssen, werden laut Ralf Witzel signifikant benachteiligt. Hinzukommen laut IHK Branchen mit vielen Dienstfahrzeugen — Autovermieter, Taxiunternehmer oder Auslieferer. Sie müssten mit bis zu einem zehnfachen der bisherigen Gebühren rechnen. Einsparungen bringe das neue System hingegen nur Kleinstbetrieben mit weniger als acht Beschäftigten. Sie zahlen dann nur noch ein Drittel der Grundgebühr.

Der Nordrhein-Westfälische Handwerksrat (NWHT) und der Handelsverband Nordrhein-Westfalen haben bereits Nachbesserungen gefordert. So soll laut NWHT nicht die Betriebsstättenzahl Bezugsbasis für die Rundfunkgebühr sein, sondern die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Unternehmen. Weiter sollen gewerbliche Fahrzeuge nicht zur Beitragspflicht herangezogen werden. Zudem müsse die Beitragsstaffel Betriebe mit bis zu 200 Beschäftigten noch stärker entlasten.

Wirtschaftsverbände: Beitrag der Unternehmen wird sich fast verdoppeln

Wirtschaftsverbände rechnen damit, dass sich der Anteil der Unternehmen an den GEZ-Gebühren nach dem neuen Modell von 450 Millionen Euro auf 800 Millionen Euro fast verdoppeln wird. SWR-Justiziar Hermann Eicher spricht hingegen von einer "mittelstandsfreundlichen Regelung": "Es wird nicht erwartet, dass es zu unzumutbaren Mehrbelastungen kommt."

Sollte es zu keinen Nachbesserungen kommen, wird nach Ansicht von Alexander Konrad, Sprecher des NWHT, die neue Rundfunkfinanzierung jedoch ein Fall für das Verwaltungs- oder Verfassungsgericht. "Wenn die ersten Gebührenbescheide raus sind, wird es auch die ersten Klagen geben", sagt der NWHT-Sprecher.

Noch wissen längst nicht alle Betroffenen, welche finanzielle Mehrbelastung ihnen durch die Rundfunkgebühren droht. Joachim Reffeling, Geschäftsführer einer Bäckerei-Kette mit 64 Mitarbeitern und sechs Filialen in Goch, Kleve und Kalkar, hörte gestern jedenfalls zum ersten Mal von den Neuregelungen. "Dass gerade das Handwerk, in dem wir eh schon ganz knapp kalkulieren müssen, derart belastet werden soll, schockiert mich regelrecht", sagte der Gocher.

(RP)
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