Essener Baukonzern vor Übernahme Gladiator Gabriel im Kampf für Hochtief

Essen (RPO). Sigmar Gabriels Einzug in die Unternehmenszentrale des Baukonzerns Hochtief weckte unweigerlich Erinnerungen an den Auftritt von Altkanzler Gerhard Schröder. Der hatte sich im Jahre 1999 vehement für die Rettung des von der Pleite bedrohten Baukonzerns Holzmann eingesetzt - zumindest kurzfristig war er damit auch erfolgreich. Nun wandelt SPD-Chef Gabriel auf seinen Spuren. Im Kampf für Hochtief.

Sigmar Gabriel kämpft für Hochtief
10 Bilder

Sigmar Gabriel kämpft für Hochtief

10 Bilder

Wie ein Triumphator in ein römisches Forum marschierte Sigmar Gabriel - zusammen mit Essens Oberbürgermeister Reinhardt Pass - am Mittag in die Hochtief-Zentrale in Essen ein. Mitarbeiter des von einer feindlichen Übernahme bedrohten Konzerns säumten die vier Etagen des Hauptsitzes und blickten gespannt hinunter auf den sozialdemokratischen Gladiator. Unzählige Transparente wehten Gabriel entgegen. Für die meisten ist der SPD-Chef der letzte Rettungsanker.

Gabriel tat genau das, was die Mitarbeiter von ihm erwarteten. Mit rotem Bauhelm forderte er die Bundesregierung auf, Hochtief in seinem Abwehrkampf zu unterstützen. Auf der Betriebsversammlung sagte er, es bestehe die Gefahr, dass ein erfolgreiches deutsches Unternehmen zerschlagen werde, um einer angeschlagenen spanischen Firma wieder auf die Beine zu helfen. Hier dürfe die Bundesregierung nicht tatenlos zusehen.

Gabriel appellierte an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sich aktiv um die Bildung eines Konsortiums zu bemühen, das eine Sperrminorität von 25,1 Prozent an Hochtief erwerben soll. Ein solcher "weißer Ritter" würde die Möglichkeit von ACS bei der Steuerung des Unternehmens selbst nach einer Mehrheitsübernahme deutlich einschränken und damit den Kauf unattraktiver machen. Auch die deutsche Finanzwelt sei hier gefordert, mit Investitionen in den Essener Baukonzern einen "guten unternehmerischen Patriotismus" zu beweisen, so Gabriel.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hat das geforderte Eingreifen zur Abwehr einer feindlichen Übernahme das Baukonzerns Hochtief abgelehnt. "Natürlich informiere ich mich über die Situation", sagte Brüderle nach Angaben seines Ministeriums am Donnerstag im japanischen Nagoya. "Ein aktives Eingreifen der Politik ist ordnungspolitisch aber nicht angezeigt", machte er deutlich. Brüderle erinnerte an seine entsprechende Haltung in den Fällen Opel General Motors und Karstadt.

"Es riecht nach Insiderhandel"

Außerdem forderte Gabriel eine schnellstmögliche Nachbesserung des deutschen Übernahmerechts. Der Fall Hochtief zeige, dass es nicht ausreiche, wenn Unternehmenskäufer nur beim Überschreiten der 30-Prozent-Schwelle den anderen Aktionären ein Übernahmeangebot machen müssten. Notwendig seien weitere verpflichtende Übernahmeangebote - etwa in Zwei-Prozent-Schritten.

An die deutsche Wertpapieraufsicht BaFin appellierte Gabriel, das Übernahmeangebot von ACS einer strengen Prüfung zu unterziehen. Denn es gebe Indizien, dass das Angebot nicht den deutschen Übernahmeregeln entspreche. "Das riecht nach Insiderhandel", sagte Gabriel am Rande der Veranstaltung. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Siegfried Müller ergänzte, es bestehe der Verdacht, dass sich ACS über befreundete Käufer schon mehr als 30 Prozent der Hochtief-Anteile gesichert habe.

Gabriel war vom Betriebsrat nach Essen eingeladen worden. Die Arbeitnehmer befürchten im Falle einer Hochtief-Übernahme eine Zerschlagung des Konzerns. In einer am Donnerstag veröffentlichten Petition warnten die Beschäftigten, ACS habe am deutschen Geschäft von Hochtief kein Interesse und werde es nach Möglichkeit nicht weiterentwickeln. Damit stünden in Deutschland mehr als 11.000 Hochtief-Mitarbeiter vor einer ungewissen Zukunft. Die Beschäftigten appellierten an die Politik, den schleichenden Kontrollerwerb durch ACS "auf geeigneten Kanälen" zu verhindern. ACS selbst hat allerdings wiederholt betont, das Unternehmen plane keine Zerschlagung des deutschen Konzerns.

ACS hatte vor vier Wochen seine Pläne für eine Übernahme des Wettbewerbers bekanntgegeben. Das spanische Unternehmen will den Hochtief-Anteilseignern acht eigene Aktien für fünf Hochtief-Papiere anbieten. Schon heute hält ACS knapp 30 Prozent der Hochtief-Aktien.

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bekräftigte ihre Kritik am Angebot der Spanier. Ein Sprecher sagte: "Das ist ein reines Alibi-Angebot." Es diene nur dazu, die gesetzliche Pflicht zu erfüllen. Danach sei ACS frei "in der Wahl der Waffen" und könne die benötigten Papiere an der Börse oder bei Hedge-Fonds zukaufen.

(apd/nbe)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort