Krankenhaus-Rating-Report Jede zehnte NRW-Klinik ist überflüssig

(RP). Die Lage vieler Krankenhäuser in NRW ist schlecht: Elf Prozent der 413 Kliniken sind akut von Insolvenz bedroht. Das geht aus dem aktuellen Krankenhaus-Rating-Report des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) hervor.

Report 2010: Die häufigsten Krankenhausdiagnosen
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Foto: ddp

"NRW hat zu viele Krankenhäuser", sagt RWI-Volkswirt Boris Augurzky, der Leiter der Studie. Viele Kliniken seien so angeschlagen, dass sie in den nächsten drei Jahren schließen müssten. Zwar gebe es an Rhein und Ruhr überdurchschnittlich viele stationäre Fälle pro Einwohner, aber dennoch seine viele Betten nicht belegt. Die Auslastung liege nur bei 76 Prozent. Zum Vergleich: Im Saarland sind es 85 Prozent.

Boris Augurzky fordert, jedes zehnte Krankenhaus in NRW zu schließen: "Nur so schaffen wir mehr Effizienz und eine bessere Wirtschaftlichkeit." Befürchtungen, durch eine geringere Anzahl von Kliniken werde sich die medizinische Versorgung verschlechtern, teilt er nicht. Schon heute können 75 Prozent der Patienten aus NRW binnen zehn Minuten die nächste Klinik erreichen. Kranke aus ländlichen Regionen brauchen 20 Minuten. Schließt eine Klinik, werden die Wege nicht unzumutbar länger.

Zugleich könne eine Klinik kurz vor der Insolvenz weder in neue Geräte noch in qualifiziertes Personal investieren. Darunter leide das Angebot für Patienten. Im Schnitt bleiben den Kliniken schon jetzt nur 6,5 Prozent ihres Umsatzes für Investitionen — staatliche Zuschüsse eingerechnet. Und das, obwohl der medizinische Fortschritt rasch voranschreitet. Augurzky: "Wir sollten daher die Zahl der Krankenhäuser verringern, um die Qualität der Versorgung insgesamt zu verbessern."

Ähnlich sehen es die Krankenkassen, die sich darüber ärgern, "dass wir eine Überversorgung finanzieren". So formuliert es der Chef der AOK Rheinland-Hamburg, Wilfried Jacobs. 13 000 leere Betten schätzt er allein für NRW: "Wenn das endlich abgebaut wird, sinken auch die Defizite der Krankenhäuser."

Um Betten im großen Umfang zu verringern, können die Krankenhäuser Abteilungen schließen oder komplett dicht machen. RWI-Experte Augurzky hält die Schließung von Häusern für sinnvoller. Das ist schon passiert: Seit 1995 sank die Zahl der Krankenhäuser von 483 auf 413, die Bettenzahl um 28 000 auf 122 317. Das hat auch damit zu tun, dass die Liegezeiten kleiner geworden sind. Kliniken werden nicht mehr nach Tagen, sondern nach Fallpauschalen bezahlt.

Die Krankenhausgesellschaft NRW hält die Betten-Debatte für "nicht zielführend". "Die Krankenhäuser haben sich dem Kostendruck und dem Wettbewerb gestellt", sagt eine Sprecherin und verweist auf die Klinikverbünde. Zudem lägen die Kosten der Kliniken mit 3698 Euro je Fall unter dem Bundesdurchschnitt (3772 Euro).

(RP)
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