Spekulanten attackieren Währung Jetzt ist das britische Pfund bedroht

London (RPO). Erst wetteten Spekulanten auf die Staatspleite Griechenlands, nun attackieren sie das Pfund Sterling. Die britische Währung ist seit Tagen unter Druck. Und das könnte erst die Spitze des Eisbergs sein, denn auch andere europäische Länder kämpfen mit großen Haushaltsdefiziten.

Euro-Länder in der Schuldenfalle
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Foto: AP

Es sind düstere Konjunkturaussichten, die sich auf der Insel zusammenbrauen. Denn das Königreich hat ein größeres Haushaltsdefizit als das stark angeschlagene Griechenland. 12,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sind es, während Athen mit einer Belastung von 12,7 Prozent kämpft. Die Händler macht das unsicher - genau wie die politischen Aussichten. "Wenn es etwas gibt, was Märkte hassen, dann ist es Unischerheit", sagt etwa der britische Analyst John Higgins der "taz".

Eine Umfrage, die von der "Sunday Times" veröffentlicht wurde, hatte ergeben, dass es bei den bevorstehenden Unterhaus-Wahlen zu einer Pattsituation zwischen der Labour-Partei und den Konservativen kommen könnte. Das gab der Währung den Rest. Das Pfund rutschte auf den tiefsten Stand seit Monaten ab, sank unter die wichtige Marke von 1,50 Dollar, auch wenn derzeit eine leichte Erholung einsetzt.

"Die Aussicht auf ein Patt im Parlament dürfte das Pfund weiter in die Defensive bringen", zitiert die "taz" Analyst Higgins. Unter den Händlern geht die Angst um, dass bei derart knappen Mehrheiten keine vernünftige Sparpolitik mehr möglich ist, weil sich die Abgeordneten nicht einigen können und das Köngigreich dadurch seine Finanzprobleme nicht mehr in den Griff bekommt.

Bei Griechenland hatten Spekulanten sogar auf die Staatspleite des Landes gewettet, in dem sie massenhaft Kreditversicherungen kauften. So weit ist es bei Großbritannien noch nicht. Doch die internationalen Kapitalgeber verlieren zunehmend die Geduld, schreibt etwa der "Spiegel". Demnach ist seit Jahresbeginn der Anteil ausländischer Inhaber britischer Staatsanleihen von 35 auf 29 Prozent gesunken. Die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen ist auf über vier Prozent geklettert.

Spardruck vonseiten der EU

Doch Griechenland und Großbritannien könnten erst der Anfang sein. Auch Italien, Spanien, Portugal und Irland verzeichnen hohe Haushaltsdefizite und stehen im Gegensatz zum Inselreich unter einem hohen Spardruck vonseiten der EU. Lag das spanische Defizit im vergangenen Jahr bei mehr als 11 Prozent, sind es in Portugal derzeit 9,3 Prozent. 12,5 Prozent sind es in Irland.

In Portugal protestieren die Gewerkschaften schon jetzt gegen die Sparmaßnahmen der Regierung - genauso wie in Griechenland. Sie wehren sich gegen die geplante Einfrierung der Gehälter im öffentlichen Dienst und die Kürzung der Sozialausgaben, die nächste Woche beschlossen werden soll. Wie zuvor in Griechenland. Hedgefonds und andere Spekulanten hatten dort bereits auf einen Verfall der Staats-Anleihen gewettet.

Große Sorgen bereitet einigen Finanzexperten auch Spanien. Seit dem Platzen der Immobilienblase liegt die Bauwirtschaft des Landes brach. Madrid will ebenfalls ein hartes Sparprogramm umsetzen.

Der Chef des Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hatte erst kürzlich einen Zusammenhang der defizitären Länder mit der Misere in Griechenland hergestellt. "Die EU muss Griechenland retten, weil es sonst Dominoeffekte gibt", sagte er dem "Handelsblatt". "Wenn Griechenland nicht gerettet würde, schwände das Vertrauen in Irlands Bonität, und es gäbe vielleicht kein Halten mehr. Schließlich würden auch Italien, Spanien und Portugal wackeln."

(das/top)
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