BMW-Großaktionärin ist tot Johanna Quandt — Eine Grand Dame mit Bodenhaftung

Düsseldorf · Johanna Quandt, eine der großen Damen der Republik, ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Die BMW-Großaktionärin steht für ein Stück deutsche Wirtschaftsgeschichte.

 Dieses Foto von Johanna Quandt stammt aus dem Jahr 2012.

Dieses Foto von Johanna Quandt stammt aus dem Jahr 2012.

Foto: dpa, wk jhe fpt

Vielen reichen Menschen ist gemein, dass sie sich nur ungern dem breiten Publikum zeigen. Die Aldi-Gründer Karl und Theo Albrecht entzogen sich der Öffentlichkeit sogar so stark, dass Fotos von ihnen in den vergangenen Jahrzehnten bis zu beider Tod zur Rarität wurden. So selten waren die Auftritte von Johanna Quandt nicht. Das mag auch damit zu tun gehabt haben, dass sie als BMW-Großaktionärin Miteigentümerin eines börsennotierten Unternehmens war, vielleicht auch damit, dass ihr Engagement für krebskranke Kinder und soziale Einrichtungen ihr den einen oder andere öffentlichen Auftritt abverlangten. Aber wie so oft bei den Konzernen sind die Gesichter der großen Manager weitaus präsenter als die der großen Eigentümer.

 Dieses Foto stammt vom 20. April 1971. Es zeigt Herbert Quandt und seine Ehefrau Johanna.

Dieses Foto stammt vom 20. April 1971. Es zeigt Herbert Quandt und seine Ehefrau Johanna.

Foto: dpa, pr_gr_ab fpt

Johanna Quandt, deren Tod im Alter von 89 Jahren am Mittwoch bekannt wurde, steht für ein Stück deutsche Wirtschaftsgeschichte. Wie Grete Schickedanz, wie Friede Springer, wie Liz Mohn. Sie alle gehören in die Kategorie von Frauen, die man landläufig gern Grande Dame nennt.

Johanna Quandt war die Tochter eines Kunsthistorikers, ausgebildete medizinisch-technische Assistentin, später Sekretärin im Büro eines Mannes, den sie dann heiratete und der mit seiner Vergangenheit die Republik gespalten hat: Herbert Quandt war einerseits derjenige, der ein Jahr nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs der NSDAP beitrat und in dessen Fabriken Zwangsarbeiter beschäftigt wurden.

Auf der anderen Seite war er maßgeblich für den Wiederaufschwung von BMW nach einer schweren Krise Ende der 50er Jahre verantwortlich. Damals drohte den Bayern die Übernahme durch Daimler, was Quandt am Ende aber zu verhindern wusste.

Zu seiner Unternehmensgruppe gehörten zwischenzeitlich rund 200 Unternehmen, darunter so renommierte wie der Batterienhersteller Varta, der Petrochemiekonzern Wintershall und der Textilproduzent Stöhr. Dazu Aktienpakete von Daimler-Benz und BMW. Auch von dieser unternehmerischen Leistung haben seine Witwe (Herbert Quandt starb 1982) sowie ihre gemeinsamen Kinder Susanne Klatten (auch Großaktionärin des Weseler Chemieunternehmens Altana) und Stefan Quandt in den vergangenen Jahrzehnten gezehrt — bei allen unternehmerischen Verdiensten, die sie selbst erworben haben.

Den Quandts und Klattens gehört zusammengerechnet fast die Hälfte der Anteile an BMW. Unter anderem durch den gemeinsamen Aktienbesitz beim Autobauer ist das Vermögen der Quandts in Dimensionen angewachsen, die die Familie zum reichsten Clan Deutschlands gemacht haben. Hinter ihrer Tochter Susanne galt Johanna Quandt mit einem Vermögen von fast zwölf Milliarden Dollar (laut Forbes-Liste) zuletzt als zweitreichste Frau Deutschlands.

In solchen Dimensionen läuft man schnell Gefahr, den Sorgen und Nöten des Alltagslebens zu entrücken - Johanna Quandt offenbar nicht. BMW-Gesamtbetriebsratschef Manfred Schoch hat gesagt, sie habe "auch bei unterschiedlichen Interessenlagen nie die Bodenhaftung verloren und in schwierigen Zeiten die Anliegen der einfachen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Auge behalten".

"Ein Vermögen zu besitzen, heißt auch, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen", hat sie selbst gesagt, als sie vor sechs Jahren das Große Bundesverdienstkreuz verliehen bekam. Ihr Engagement für Medizin und Forschung und für junge Journalisten in der Quandt-Stiftung sind Belege dafür.

Auch in der Hinsicht treten ihre Kinder jetzt ein großes Erbe an, nachdem sie ihr gemeinsames unternehmerisches Werk schon seit Ende der 1990er Jahre weitergeführt haben. Ab dem Zeitpunkt hat sich Johanna Quandt nach und nach aus dem Geschäftsleben zurückgezogen, doch sie ist den Unternehmen stets verbunden geblieben. Ein BMW-Sprecher hat gestern auch keinen Zweifel daran gelassen, dass der Anteil von Johanna Quandt in der Familie bleibt. BMW bleibt ein Quandt-Imperium.

(gw)
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