Erster Börsengang seit zwei Jahren Kabel Deutschland bricht das Börsen-Eis

Düsseldorf (RPO). Seit zwei Jahren hat der deutsche Aktienmarkt keinen größeren Börsengang mehr erlebt. Jetzt hat sich Kabel Deutschland auf das Parkett gewagt. Der Zeichnungsgewinn sah zunächst bescheiden aus. Weitere Neuemissionen sollen bald folgen. Dazu gehören Tom Tailor, Brenntag und der Uhrenhersteller Joyou.

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Foto: ddp

Der erste große Börsengang am deutschen Aktienmarkt seit fast zweieinhalb Jahren ist perfekt. Die neuen Aktionäre von Kabel Deutschland konnten sich am Montag zunächst aber nur über einen kleinen Zeichnungsgewinn freuen: Mit 22,50 Euro startete die KDG-Aktie 2,3 Prozent über dem Ausgabepreis von 22 Euro in den Handel. Vorstandschef Adrian von Hammerstein sagte an der Frankfurter Börse: "Wir sind mit dem ersten Kurs sehr zufrieden. Dies ist ein gutes Zeichen für den IPO-Markt." Danach bröckelte das Papier aber zeitweise auf 22,13 Euro ab.

Vor allem Providence macht Kasse

Mit dem Börsengang von Kabel Deutschland macht vor allem der Eigentümer Providence Kasse. Der US-Finanzinvestor, vor sieben Jahren beim größten deutschen Kabelnetzbetreiber eingestiegen, nahm mit dem Verkauf von 34,5 Millionen Aktien 759 Millionen Euro ein. Ihm gehören nun noch 61,7 Prozent der Aktien. Auch der Finanzinvestor hofft damit auf steigende Kurse: In diesem Fall kann er weitere Aktien an der Börse zu höheren Preisen verkaufen und seine Beteiligung weiter versilbern, wie es das Ziel eines Finanzinvestors ist.

Begleitet worden war der Börsengang von der Deutschen Bank, Morgan Stanley, JPMorgan und UBS. Ein Verkauf von Kabel Deutschland an andere Private-Equity-Unternehmen war an den Preisvorstellungen von Providence gescheitert. Die Nummer zwei in Deutschland, Unitymedia, war im November an den US-Medienkonzern Liberty Global gegangen.

Obwohl KDG selbst bei dem Börsengang leer ausgeht, will von Hammerstein auf Expansionskurs gehen: Vor allem auf der "letzten Meile" in die einzelnen Haushalte gebe es interessante Konsolidierungsmöglichkeiten. "Die werden wir uns anschauen."

Viele Börsenpläne wurden auf Eis gelegt

Viele Unternehmen, die mit der Börse geliebäugelt hatten, mussten ihre Pläne in der Finanzkrise auf Eis legen oder waren — wie die Deutsche Bahn oder Hochtief Concessions — kurz vor der Erstnotiz gescheitert. Nun hoffen Experten, dass nach KDG weiteren Aspiranten der Sprung an die Börse leichter fällt. Philipp Meier-Scherling, bei der Deutschen Bank für IPOs zuständig, sagte: "Das war eine mutige Entscheidung. Sie zeigt, dass der Markt gute Unternehmen sehen will und bereit ist, diese zu unterstützen."

Tom Tailor und Brenntag sollen folgen

Die Hamburger Modekette Tom Tailor (am 26. März), der Chemikalienhändler Brenntag (am 29. März) sowie der chinesische Armaturenhersteller Joyou stehen schon in den Startlöchern und wollen noch vor Ostern auf dem Kurszettel auftauchen.

Joyou kündigte seinen Börsengang am Montag für den 30. März an, von Dienstag bis Freitag können die Aktionäre bis zu 8,05 Millionen Aktien zeichnen. An Joyou ist der US-Finanzinvestor TPG mit zehn Prozent beteiligt, dem auch der Konkurrent Grohe gehört. Joyou kooperiert mit Grohe. Die Chinesen wollen mit den aus dem Börsengang erwarteten mehr als 100 Millionen Euro einen Hersteller von Sanitärprodukten aus Keramik kaufen und die eigene Produktion ausbauen. Zudem soll das Netz von gut 2500 eigenen Läden in China um 1000 Geschäfte erweitert werden. In China erwirtschaftet Joyou 80 Prozent seines Umsatzes.

Kamps und Müller noch unschlüssig

Der Lebensmittelkonzern des Milch-Milliardärs Theo Müller und des früheren Bäckereiunternehmers Heiner Kamps will erst bis zur Jahresmitte über einen Börsengang entscheiden. "Bis Ende Juni wird klar sein, wohin die Reise geht", kündigte Kamps im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" an. Er nannte einen Gang an die Börse nur eine von mehreren Optionen zur Kapitalbeschaffung für die Beteiligungsgesellschaft, der unter anderem die Imbisskette Nordsee gehört. "Wir brauchen die Börse nicht", betonte Kamps. "Unsere Expansionspläne können wir grundsätzlich auch aus eigener Kraft finanzieren."

Im Gespräch ist eine Kapitalerhöhung, die durch Mitgesellschafter Müller finanziert wird. Der Molkerei-Unternehmer hält derzeit 47 Prozent, Kamps 41 Prozent. "Bei einer Kapitalerhöhung aus eigenen Mitteln hätte Theo Müller die Mehrheit. Aber damit hätte ich kein Problem", sagte Kamps.

Der Unternehmer signalisierte zugleich Interesse an einem Rückkauf der gleichnamigen Bäckereikette, die Kamps an den italienischen Nudelhersteller Barilla verkauft hatte. "Backwaren sind immer ein interessantes Thema", sagte Kamps. "Vor eineinhalb Jahren stand ich schon einmal kurz davor, das Filialgeschäft zu übernehmen. Aber nicht zu jedem Preis."

(RTR/tim)
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