Aldi-Gründer starb mit 94 Jahren Karl Albrecht - Erfinder des Discounts

Essen · Der Aldi-Gründer ist am Montag in Essen beigesetzt worden - in aller Stille, ohne Pomp, ganz so, wie das Leben der Milliardärsfamilie in den vergangenen Jahrzehnten verlief. Der 94-Jährige war immer noch der reichste Deutsche.

Karl Albrecht wurde 94 Jahre alt.

Karl Albrecht wurde 94 Jahre alt.

Foto: Aldi Süd/dpa

Für einen Mann seiner Bedeutung war der Aldi-Mitgründer Karl Albrecht in den vergangenen Jahrzehnten äußerst selten in den Schlagzeilen zu finden. Einmal im Jahr, wenn das US-Wirtschaftsmagazin Forbes seine Liste mit den reichsten Menschen der Welt veröffentlichte, war Albrecht dabei, als der Mann mit dem größten Vermögen in Deutschland. Regelmäßig führte er das nationale Ranking an, in diesem Jahr mit einem Vermögen von geschätzt rund 18,2 Milliarden Euro. Es war das letzte Mal, dass sein Name in der Reichen-Hitparade auftauchte. Karl Albrecht ist bereits in der vergangenen Woche im Alter von 94 Jahren gestorben und gestern im Kreise seiner Familie beigesetzt worden.

Ganz still, ohne Pomp, so, wie das Leben der Milliardärsfamilie in den vergangenen Jahrzehnten verlaufen ist - weitestgehend abgeschottet von der Öffentlichkeit. Die Albrechts haben es auch in der Zeit von Medienhype und Personenkult stets meisterhaft verstanden, sich und ihr Privatleben abzuschirmen. Vermutlich sind sie dabei geprägt worden von den alptraumhaften Erfahrungen aus einem der Aufsehen erregendsten Entführungsfälle in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Am 29. November 1971 entführten der Düsseldorfer Rechtsanwalt Hans-Joachim Ollenburg und sein Komplize Paul Kron, "Diamantenpaule" genannt, Karl Albrechts Bruder Theo. Drei Wochen später ließen sie ihr Opfer gegen Zahlung eines Lösegeldes von sieben Millionen Mark - das der Essener Bischof Franz Hengsbach übergab - wieder frei. Später wurden sie gefasst, 1973 zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Lösegeld tauchte nicht mehr komplett auf.

Da waren die Albrechts schon Multimillionäre. Nach dem Krieg hatten sie das Lebensmittelgeschäft ihrer Eltern (das die Mutter Anna einst gegründet hatte) übernommen und daraus den Verkaufsschlager Discount entwickelt. Albrecht Discount (Aldi) arbeitete mit Rabatten, die schon vom Preis abgezogen waren, verzichtete auf aufwändige Werbung und Dekoration. Die Discount-Idee, heute eine Selbstverständlichkeit, hat in den 60er Jahren den Einzelhandel zweifelsohne revolutioniert, sie hat die damals Großen der Branche das Fürchten gelehrt und ihre Protagonisten zu Pionieren gemacht. Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbandes Deutschland, hat Karl Albrecht gestern als "großen Unternehmer mit revolutionären Ideen" und "einen der faszinierendsten Unternehmer" der Branche bezeichnet. So wie Sanktjohanser denken vermutlich die meisten, ob sie Experten oder Laien sind, ob sie die Albrechts gemocht haben oder nicht.

Aldi ist über Jahrzehnte zum Handelsimperium geworden, das die Brüder 1961 in Nord und Süd teilten. Theo, der Jüngere, bekam den Nord-Teil, Karl die Südschiene. Der ältere der beiden hatte im Gegensatz zu Theo Albrecht seine Verkäufer-Lehre nicht im elterlichen Geschäft absolviert, sondern bei einem Delikatessenhändler im Essener Stadtteil Bredeney. Mit 19 erlebte er die Gräuel des Zweiten Weltkrieges, er wurde an der Ostfront verwundet, kehrte heim und zurück zum Kaufmanns-Beruf. Danach verliert sich in großen Teilen die öffentliche Spur des Karl Albrecht. Bekannt ist, dass er einen Sohn (auch der arbeitete für Aldi) und eine Tochter sowie sechs Enkel hatte. Es wurde gesagt und geschrieben, der Aldi-Mitgründer sei ein gläubiger Katholik, er war angeblich ein Liebhaber und Züchter von Orchideen, er spielte wie so viele andere Reiche Golf (auf der eigenen Anlage in Donaueschingen). Doch im Gegensatz zu so manchen Zeitgenossen, die ihren Wohlstand gern öffentlich zur Schau stellten, galt Albrecht als sparsam, als jemand, der seinen Reichtum nicht sichtbar vor sich her zu tragen pflegte.

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Karl Albrecht ist deutsche Handelsgeschichte. Sein Tod ist natürlich eine Zäsur, weil damit die Gründungsgeschichte des Konzerns ihren letzten Zeitzeugen verliert. Doch das Unternehmen wird weitermachen wie gewohnt. Denn Karl Albrecht ist schon vor 20 Jahren aus dem operativen Geschäft bei Aldi Süd ausgestiegen. Damals übernahm er den Vorsitz im Aufsichtsrat, ehe er sich 2002 völlig aus dem Unternehmen zurückzog und die Führung angestellten Managern überließ. Sein Vermögen liegt in der Siepmann-Stiftung, benannt nach dem Mädchennamen seiner Mutter Anna. Er hat die Grundlagen geschaffen für einen Konzern, der heute in über 10 000 Filialen mehr als 60 Milliarden Euro umsetzt (davon knapp die Hälfte in Deutschland), der dreistellige Millionengewinne abwirft. Entstanden aus einem kleinen Tante-Emma-Laden in Essen-Schonnebeck. Der Tod Karl Albrechts richtet den Blick noch einmal auf ein deutsches Handelsmärchen.

(gw)
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