Regionalflughafen in Hessen eröffnet Kassel-Calden — das neue Steuergrab

Kassel · Mit einem rühmt sich der Flughafen Kassel-Calden: Er öffnet im Gegensatz zum Hauptstadtflughafen pünktlich. Und dennoch gibt es heftige Kritik an dem regionalen Airport. Denn ob er jemals wirtschaftlich wird, daran scheiden sich die Geister. Für den Bund der Steuerzahler jedenfalls ist klar: Kassel-Calden ist ein eindeutiges Beispiel für Steuerverschwendung.

15 Jahre lang wurde geplant, geprüft, genehmigt, gebaut. Nun geht er an den Start, der Flughafen Kassel-Calden. Er ist laut Flughafenverband ADV einer von 43 regionalen Airports, die es in Deutschland gibt. Kassel-Calden ist entsprechend klein: drei Abflug-Gates, zehn Check-In-Schalter, eine Start- und Landebahn. Und doch sind die Betreiber stolz, denn Kassel-Calden eröffnete an diesem Donnerstag planmäßig.

Angesichts der Dauer-Probleme, die es rund um den Hauptstadtflughafen BER gegeben hatte, ist dies eigentlich eine gute Nachricht. Allerdings handelt es sich in Berlin um ein Mega-Projekt, in Kassel dagegen will man bis zum Jahr 2020 gerade einmal 640.000 Passagiere zählen. Und ob das tatsächlich geschieht, steht am Tag der Eröffnung noch in den Sternen.

Denn dass sich Kassel-Calden tatsächlich rentieren wird, davon sind neben dem Land Hessen und dem Flughafen-Betreiber nur wenige überzeugt. Im Gegenteil: Der Bund der Steuerzahler sieht darin ein klassisches Beispiel für Steuerverschwendung. "Wir befürchten, dass Kassel-Calden dauerhaft Verluste einfahren wird", sagte der Landesvorsitzende Joachim Papendick der Nachrichtenagentur dpa.

Die Wirtschaftskrise macht sich bemerkbar

Laut Papendick habe bei dem durch Steuergeld subventionierten Projekt nicht die Rentabilität eine Rolle gespielt, sondern die Regionalpolitik. "Man wollte zeigen, dass man etwas für die Region Nordhessen tut, die Wirtschaftlichkeit hatte eine untergeordnete Funktion", so der Landesvorsitzende. Ähnlich sei es schon bei den umstrittenen ICE-Bahnhöfen Limburg und Montabaur gewesen — auch diese Beispiele seien im Schwarzbuch für öffentliche Verschwendung gelandet.

Das Problem beim Flughafen Kassel-Calden ist auch, dass in seiner Umgebung gleich mehrere Konkurrenz-Airports liegen, so etwa Hannover und Paderborn. Von dort sind auch Befürchtungen zu hören, dass der Neue im Bunde den anderen die Passagiere streitig machen könnte. "Wir bleiben nach wie vor dabei, dieser Flughafen ist überflüssig", sagt etwa Sönke Jacobsen, der Sprecher des Flughafens Hannover.

Dabei ist die wirtschaftliche Lage an den Flughäfen ohnehin schwierig. Die Passagierzahlen gehen zurück, selbst am internationalen Drehkreuz Frankfurt rechnet man mit stagnierenden Zahlen. Für regionale Airports sieht es da in Zeiten der Krise noch schwieriger aus. Doch davon lassen sich die Flughafen-Befürworter nicht beirren, betonen, dass es positive Effekte für die Wirtschaftsregion rund um den Airport haben könnte. "Regionalflughäfen machen nur in besonderen Fällen keine Verluste", zitiert etwa die "Süddeutsche Zeitung" den Sprecher der Geschäftsführung in Calden, Jörg Ries. Aber man müsse sich auch fragen, was der Flughafen der Region bringe.

Condor-Chef: "Ein Investitionsgrab"

Für den Steuerzahler aber klingt das nicht gerade ermutigend. Denn wenn solche Flughäfen (das Land Hessen hält über 60 Prozent daran), nicht mehr kostendeckend arbeiten, dann muss der Steuerzahler einspringen. Im Endeffekt zahlt er also genauso drauf wie bei verzögerten Großprojekten wie Hauptstadtflughafen oder Stuttgart 21.

Der hessische Landesvorsitzende des Bundes der Steuerzahler Papendick sagt denn auch: "Man geht bei regionalen Projekten oft zu optimistisch an die Planungen heran und setzt keine realistischen Kostenschätzungen an." Im Laufe des Baus stelle sich dann heraus, dass die ursprünglichen Ansätze nicht zu halten seien — "und der Steuerzahler muss die Mehrkosten tragen". "Viele Politiker rechnen sich also das eine oder andere schön, später ist es dann zu spät für den Ausstieg."

Entsprechend nannte auch der Chef des Ferienfliegers Condor, Ralf Teckentrup, Kassel-Calden vor wenigen Wochen "ein Investitionsgrab". Damit es das nicht wird, will man am Airport selbst auch auf Linienflüge, Geschäftsreisen und Kurierdienste setzen, denn Linien- und Charterverbindungen gibt es laut ADV bisher nur an 13 regionalen Flughäfen. Bis dahin ist es für Kassel-Calden aber ebenfalls ein weiter Weg, denn bislang, so schreibt die "Süddeutsche Zeitung", gibt es gerade mal einen Linienflug. Und auch für den ersten Betriebstag seien bereits einige Flüge wegen mangelnder Passagierzahlen gestrichen worden.

mit Agenturmaterial

(das)
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