Fernbusse profitieren Kein Ende von Lokführer- und Pilotenstreiks in Sicht

Berlin · Reisende müssen sich wegen der Tarifkonflikte im Bahn- und Luftverkehr erneut auf Streiks einstellen. Nach dem bundesweiten Lokführer-Streik am Montagabend verschärfte sich der Ton zwischen der Gewerkschaft GDL und dem Staatskonzern am Dienstag. GDL-Chef Claus Weselsky stellte weitere Warnstreiks in Aussicht. Auch die Lufthansa will im Streit mit der Pilotenvereinigung Cockpit hart bleiben, die ebenfalls gestreikt hatte.

Fernbusse profitieren: Kein Ende von Lokführer- und Pilotenstreiks in Sicht
Foto: dpa, pdz tba

"Wir halten die Streikdrohung aufrecht und werden jeden Ausstand einen Tag vorher ankündigen", sagte ein Cockpit-Sprecher.

Am Dienstagabend trafen sich Kanzlerin Angela Merkel sowie Gewerkschafts- und Industrievertreter. Die Koalition will mit einem Gesetz zur Tarifeinheit die Macht von Spartengewerkschaften in Betrieben eindämmen.

Nach dem ersten Warnstreik der Lokführergewerkschaft GDL am Montagabend warteten Zehntausende Berufspendler und Fernreisende vergeblich auf Züge. Zwar normalisierte sich der Verkehr am Dienstagmorgen wieder, es ist allerdings mit weiteren Zugausfällen und Verspätungen zu rechnen.

"Wir gehen davon aus, dass wir eventuell noch ein, zwei Warnstreiks durchführen", sagte Weselsky. Sollte die Deutsche Bahn nicht einlenken, würde parallel in einer Urabstimmung über einen Dauerstreik entschieden.

Bahn-Personalchef Ulrich Weber bezeichnete den Ausstand als Rückfall in alte Rituale. "Die Warnstreiks sind total überzogen." Die GDL habe zudem getäuscht, in dem sie behauptet habe, die Berufspendler schonen zu wollen. Weselsky warf der Bahn Verantwortungslosigkeit und Provokation vor.

Die GDL verlangt fünf Prozent mehr Lohn, die Kürzung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 37 Stunden sowie bessere Schichtpläne. Kern des Konflikts ist aber, dass die GDL dies nicht mehr allein für die 20.000 Lokführer fordert, sondern auch für rund 17.000 Zugbegleiter und Rangierführer. Diese Eisenbahner will die größere Konkurrenzgewerkschaft EVG aber weiter vertreten.

Im Gegenzug hat die EVG angekündigt, sie wolle nun für die gesamte Bahn-Belegschaft inklusive Lokführer verhandeln. Dabei geht es um rund 160.000 Beschäftigte. Die Bahn lehnt parallele Verhandlungen für die gleiche Beschäftigtengruppe ab.

Auch bei der Lufthansa zeichnet sich keine Annäherung ab. "Wir haben bei Lufthansa sicher die besten Piloten, die unsere Marke jeden Tag in hervorragender Weise in der ganzen Welt verkörpern. Aber wir müssen sie uns auch auf Dauer leisten können", sagte Vorstandschef Carsten Spohr.

Es war das erste Mal, dass er sich im aktuellen Tarifkonflikt mit den 5400 Piloten des Konzerns äußerte. Im Kern geht es hier um die Konditionen für Frührentner.

Regierung breitet Gesetz vor

Die Bundesregierung will mit einem Gesetz zur Tarifeinheit die Arbeitskämpfe durch kleinere Spartengewerkschaften und die Tarifkonkurrenz in Betrieben eindämmen.

Eckpunkte hatte das Arbeitsministerium bereits vor der Sommerpause erarbeitet, das Vorhaben wurde aber angesichts zahlreicher juristischer Fragen verschoben. "Wir legen Richtung Herbst einen Gesetzentwurf vor, der dann auch verfassungs- und rechtskonform sein wird", sagte ein Sprecher des Arbeitsministeriums.

Vor dem Hintergrund der Streiks galt es als wahrscheinlich, dass die Tarifeinheit beim Treffen von Kanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mit den Spitzen der Industrieverbände am Dienstagabend Thema wurde.

Die GDL zeigte sich kämpferisch: Sollte mit einem Gesetz ihr Streikrecht eingeschränkt werden, werde man klagen, sagte eine GDL-Sprecherin. "Wenn das Streikrecht wegfällt, ist man keine Gewerkschaft mehr, sondern nur irgendein Verband."

Profiteure der jetzigen Streiks sind offenbar die Fernbusse: Nach einer Umfrage der "Bild"-Zeitung verzeichneten die Unternehmen zuletzt rund 15 Prozent mehr Buchungen. Die Fernbus-Betreiber würden generell einen starken Anstieg der Buchungsnachfrage bei Streiks oder Unwettern merken, sagte ein Sprecher des Verbandes bdo.

(REU)
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