Bertelsmann Konzern-Hoheit für Liz Mohn

Düsseldorf (RPO). Nach dem Tod des Bertelsmann-Patriarchen Reinhard Mohn übernimmt seine Witwe Liz Mohn in den kommenden sieben Jahren die Hoheit über Europas größten Medienkonzern. "Reinhard Mohn hat gewollt, dass seine Frau Liz seine Rolle übernimmt", sagte Bertelsmann-Aufsichtsratschef Gunter Thielen in einem Interview.

 Liz Mohn wird die Hoheit über den Bertelsmann-Konzern übernehmen.

Liz Mohn wird die Hoheit über den Bertelsmann-Konzern übernehmen.

Foto: AP, AP

Liz Mohn soll, wie Thielen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte, bis zum Alter von 75 Jahren Vorsitzende der BVG und Sprecherin der Familie bleiben. Weil Mohn auch die Sonderrechte an seine Ehefrau übertrug, kann sie alle Entscheidungen der BVG, in der 100 Prozent der Stimmrechte Bertelsmanns gebündelt sind, blockieren.

Die 68-Jährige verfügt damit künftig über ein Vetorecht in der Verwaltungsgesellschaft Bertelsmanns (BVG), der eigentlichen Machtzentrale des Konzerns. Der Bericht wurde am Freitag auf AP-Nachfrage aus dem Hause Bertelsmann bestätigt.

Im Namen von Liz Mohn gab Thielen laut "FAZ" erstmals Einblick in die wichtigsten Nachfolgeregelungen Reinhard Mohns, der am vergangenen Samstag im Alter von 88 Jahren gestorben ist. Ein Bertelsmann-Sprecher wollte den Bericht nicht kommentieren. Er erklärte lediglich, die Kontinuität der Bertelsmann AG werde auch nach dem Tod Mohns gewahrt.

Liz Mohn darf selbst über Nachfolge bestimmen

Über ihre Nachfolge darf Liz Mohn, die 1958 als Telefonistin beim Bertelsmann Buchclub in Rheda eingestellt worden war, laut Thielen selbst bestimmen. Dass ihre älteste Tochter in sieben Jahren das Zepter übernehmen werde, sei noch nicht ausgemacht. "Es gibt keinen Automatismus, nach dem Brigitte Mohn später die Rolle ihrer Mutter übernimmt. Christoph Mohn hat die gleichen Chancen wie seine Schwester", sagte Thielen.

Christoph Mohn wird Thielen zufolge die Sitze seines Vaters in der BVG und im Kuratorium der Bertelsmann-Stiftung übernehmen. An seine Witwe hat Reinhard Mohn zudem die Stifterrechte übertragen und verfügt, dass sie ihre Aufgaben im Vorstand und im Kuratorium der Bertelsmann-Stiftung bis zur Vollendung des 80. Lebensjahres wahrnehmen darf.

Liz Mohn lenkte bereit seit Jahren aus dem Hintergrund die unternehmerischen Geschicke des Gütersloher Unternehmens und gilt als Europas mächtigste Medienfrau. Schon während der Erziehung ihrer drei Kinder hatte sich die gelernte Zahnarzthelferin zunehmend stärker in dem Familienunternehmen engagiert.

Kein leichtes Erbe

In der Bertelsmann Stiftung, die mit 76,9 Prozent größter Anteilseigner am Konzern ist, übernahm sie 1993 die Leitung der Bereiche Medizin und Gesundheit. 1999 folgte ihre Berufung in die Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft. Als Präsidiumsmitglied der Bertelsmann Stiftung und Mitglied des Aufsichtsrats der Bertelsmann AG übte sie ihren Einfluss bei dem Konzern dann ab November 2000 weiter aus. Seit Ende Juli 2002 ist sie Geschäftsführerin der BVG.

Die Nachfolgerin Mohns tritt allerdings kein leichtes Erbe an. Die weltweite Konjunkturkrise und der damit verbundene Einbruch der Werbeeinnahmen haben den Medienriesen im ersten Halbjahr tief in die roten Zahlen rutschen lassen. Vorstandschef Hartmut Ostrowski hat dem Konzern das umfassendste Sparprogramm der Unternehmensgeschichte verordnet - Stellenabbau inklusive. Geplant sind früheren Angaben zufolge mehr als 2500 Einzelmaßnahmen, mit denen noch in diesem Jahr mehr als 900 Millionen Euro eingespart werden sollten.

(AP/felt)
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