Kriselnder Autobauer Volkswagen sucht den Ausweg

Berlin · Erst meldete sich der Betriebsrat per Brief, nun der VW-Vorstand. In den Schreiben geht es um Sparen und Verzicht. Am Montag soll es dann in Wolfsburg zum Krisengipfel kommen.

 Volkswagen-Logo. (Archivbild)

Volkswagen-Logo. (Archivbild)

Foto: dpa, ude vge wst

Ferdinand Piëch schweigt. Während alle Welt rätselt, was dran ist an der Behauptung, er sei von israelischen Informanten über den Abgasskandal bei Volkswagen informiert worden und habe daraufhin seinerseits wichtige VW-Aufsichtsräte benachrichtigt, bleibt der ehemalige Aufsichtsratschef stumm. Diese Taktik, das legen Schilderungen nahe, hat der 79-Jährige schon häufig angewandt: Ein kurzer Satz - und dann hieß es abwarten, wie seine Worte ihre Wirkung entfalteten.

Klar ist jedenfalls: Mit seinen Anschuldigungen gegen Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), Ex-IG-Metall-Chef Berthold Huber, Betriebsratschef Bernd Osterloh und anderen hat sich Piëch isoliert. Seine Ämter im VW-Konzern musste der Patriarch bereits nach einem verlorenen Machtkampf mit Ex-VW-Chef Martin Winterkorn niederlegen. Gut möglich, dass ihn die Familien Porsche und Piëch nun auch noch in der Familienholding Porsche SE, dem VW-Großaktionär, kaltstellen wollen.

Die große Frage ist: War dies die letzte verzweifelte Attacke eines Enttäuschten oder hat Piëch noch ein Ass im Ärmel? Abwarten.

Anderswo tobt der Konflikt im Konzern dagegen offen weiter. Nachdem der Betriebsrat VW-Markenvorstand Herbert Diess zuletzt in Briefen öffentlich angegriffen hatte, weil dieser sich angeblich nicht an die gemeinsamen Absprachen beim Umbau des Konzerns - inklusive Personalabbau - gehalten habe, meldet sich nun der Gescholtene zu Wort - natürlich ebenfalls in einem Brief an die Mitarbeiter. "Bei der Umsetzung eines so grundlegenden Programms wird es selbstverständlich immer wieder Diskussionen um unterschiedliche Positionen geben", schrieb Diess. "Diese werden wir mit allen Beteiligten sachlich klären." Diess bedauerte, dass VW nicht wie gewohnt Leiharbeiter in großer Zahl an Bord nehmen könne. "Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens lässt uns im Moment wenig Spielraum."

Am Montag soll es dann in Wolfsburg zum Krisengipfel kommen. Der Betriebsrat erwartet von Diess eine schriftliche Stellungnahme zu den Vorwürfen. Anschließend will man sich mit Diess und Personalvorstand Karlheinz Blessing zusammensetzen. Bereits gestern gab es eine Sitzung des Aufsichtsrates, bei der die von Piëch Beschuldigten aufeinandertrafen.

In Berlin wird unterdessen weiter über die Rolle von Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil diskutiert. Dieser steht in der Kritik, weil Weil als Aufsichtsratsmitglied nicht dafür gesorgt hatte, dass die VW-Manager geringere Gehälter und Abfindungen erhalten. So soll Vorstandsmitglied Christine Hohmann-Dennhardt, die ein SPD-Parteibuch besitzt, nach nur 13 Monaten im Amt rund zwölf Millionen Euro Abfindung bekommen haben.

Laut dem "Spiegel" hätte der Managerin sogar künftig eine monatliche Rente von 41.666 Euro zugestanden, die ehemalige hessische Justizministerin habe sich jedoch mit Volkswagen in einer "Individualvereinbarung" auf "nur" 8000 Euro pro Monat geeinigt. Für die Sozialdemokraten kommen solche Schlagzeilen im Bundestagswahlkampf natürlich zur Unzeit.

Dem Druck begegnet die Partei daher mit einem Vorstoß für eine Gesetzesinitiative zur Deckelung von Managergehältern, die sie im März starten will. Die SPD werde ein umfassendes Regelwerk vorlegen, kündigte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann an. So sollen Vorstandsgehälter nur noch bis zu einer Höhe von 500.000 Euro jährlich von der Unternehmensteuer abgesetzt werden können.

"Dass die SPD nach vier Jahren regieren plötzlich einen Gesetzentwurf ankündigt, ist ein leicht durchschaubares Wahlkampfmanöver", kritisierte Grünen-Fraktionsvize Kerstin Andreae. "Meine Prognose ist: Dieser Gesetzentwurf wird den Bundestag nicht erreichen." Die Grünen legen kommende Woche einen eigenen Beschlussantrag für ein Gesetz zur Begrenzung von Managergehältern vor. Demnach sollen Unternehmen Abfindungen für Manager nur bis zum Betrag von jeweils einer Million Euro steuerlich geltend machen dürfen. Der Betriebsausgabenabzug von Gehältern soll auf jährlich 500.000 Euro pro Kopf begrenzt werden. Das Gesamtgehalt eines Managers solle nur noch "höchstens zu einem Viertel variabel, also an den Erfolg geknüpft sein", so der Grünen-Antrag.

(mar / flo)
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