Betriebsratschef fordert Produktionsverzicht Letzter Akt für das Opelwerk Bochum

Bochum · Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel will heute im Aufsichtsrat einfordern, dass die anderen Standorte die Übernahme der Bochumer Produktion verweigern. Seine Chancen sind gering. Einenkel ist in der Opel-Welt isoliert.

Dezember 2012: Opel-Belegschaftsversammlung in Bochum
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Auf der heutigen Aufsichtsratssitzung will Rainer Einenkel seinen letzten Trumpf ausspielen. "Ich erwarte, dass die Belegschaften der anderen Opel-Werke die Übernahme unserer Produktion ablehnen", erklärt der Betriebsratschef des Bochumer Werkes, wie er die Schließung des Standortes im Jahr 2014 doch noch verhindern will.

Nach Informationen unserer Zeitung wurden in Rüsselsheim bereits erste Vorbereitungen für die Übernahme der Bochumer Produktion im Jahr 2015 getroffen. Internen Berechnungen zufolge ist die Verlagerung der Produktion inklusive der Abwicklung von Bochum für Opel billiger als das Festhalten am Bochumer Werk. Das lässt zumindest die Rüsselsheimer Konzernzentrale so streuen.

Das Opel-Management hatte vor drei Wochen die Schließung des Bochumer Werkes im kommenden Jahr angekündigt, nachdem die Bochumer als einzige deutsche Belegschaft gegen einen europaweiten Opel-Sanierungsplan gestimmt haben. Der Plan sah die Schließung von Bochum erst im Jahr 2016 vor.

Einenkels Chance auf eine Solidaritätsaktion der übrigen 17.000 deutschen Opelaner mit den 3200 Beschäftigten in Bochum ist minimal. Der Opel-Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug (Rüsselsheim) sagte unserer Zeitung: "Rainer Einenkel tut mit seinen Appellen an die Solidarität der Kollegen so, als läge das Schicksal jetzt in der Hand der Rüsselsheimer Belegschaft. Das ist aber Unsinn."

Opel habe "leider derzeit reichlich Alternativen", so Schäfer-Klug vor dem Hintergrund, dass fast alle europäischen Werke freie Kapazitäten haben. In Bochum baut Opel den Zafira, der wegen der großen Ähnlichkeit der Modelle auch in Astra-Werken gebaut werden kann. Das sind in Europa neben Rüsselsheim auch Gliwice (Polen) und Ellesmere Port (Großbritannien).

Was auch gegen die Hoffnung Einenkels spricht: In Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach haben die Mitarbeiter angesichts der dramatischen Schieflage des Autobauers auf die jüngste Tariferhöhung verzichtet. Die Bochumer aber nicht: Sie lassen sich den Zuschlag von 4,3 Prozent wegen der angekündigten Werksschließung auszahlen.

Das Management der Opel-Mutter General Motors (GM) wusste in der vergangenen Woche den Keil zwischen Bochum und dem Rest der Opel-Welt weiter zu vergrößern: Von den vier Milliarden Euro, die GM in Europa investiert, profitieren alle deutschen Standorte außer Bochum.

Selbst innerhalb des Bochumer Werkes scheint Einenkels Rückhalt zu bröckeln: Auf sein Anraten hatte die Belegschaft dort vor gut drei Wochen gegen den Sanierungsplan gestimmt. Einenkel machte sie glauben, damit könnte sie die Schließung des Werkes vielleicht doch noch abwenden. Damit stimmten die Bochumer aber auch gegen ein 500 Millionen Euro schweres "Trostpaket", mit dem das Management die Folgen der Schließung für die Betroffenen abfedern wollte. Jetzt stehen sie mit leeren Händen da. Schäfer-Klug kritisierte Einenkel: "Er hat seinen eigenen möglichen Verhandlungsspielraum zerstört."

Wie geht es weiter? Unmittelbar, nachdem der Aufsichtsrat die Schließung des Bochumer Werkes Ende 2014 beschlossen hat, wird das Management mit den Mitarbeitern einen Sozialplan aushandeln. Viel zu holen ist für die Bochumer nicht mehr. Rund 700 von ihnen sollen das Werk sogar noch in diesem Jahr verlassen, weil Opel mangels Nachfrage die Bochumer Produktion von drei auf zwei Schichten reduziert. Diese 700 können immerhin um eine Abfindung pokern.

Parallel baut NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin mit der Stadt Bochum unter dem Titel "Perspektive 2022" eine Entwicklungsgesellschaft auf, die industrielle Jobs nach Bochum locken soll. Erste Details will er Mitte Mai bekannt geben.

In Bochum wird das Management es fortan mit einer Belegschaft zu tun haben, die nichts zu verlieren hat. Und kampferprobt ist: Wilde Streiks gab es im Bochumer Werk erstmals 2004. Dem Vernehmen nach hat das Management beim Betriebsrat schon angefragt, wann wieder mit Streiks zu rechnen sei.

(RP/nbe/sap/gre)
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