Interview mit Personalchef Lauer Lufthansa schont Düsseldorf

Düsseldorf · Als einer der ersten Lufthansa-Konzernvorstände redet Personalchef Stefan Lauer öffentlich über das Sparprogramm. 2500 Stellen sollen allein in Deutschland wegfallen. Köln verliert mehr Personal als Düsseldorf.

Lufthansa-Streik: der erste Tag
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Die Lufthansa will in Deutschland 2500 Stellen streichen. Wie stark ist der Standort Düsseldorf betroffen?

Lauer Die genauen Auswirkungen unseres Programms zur Ergebnisverbesserung auf die einzelnen Standorte sind noch nicht im Detail ermittelt. Wir haben Dutzende von Projekten identifiziert und in den kommenden Wochen und Monaten werden sich die Auswirkungen konkretisieren lassen. Klar ist: Der Schwerpunkt der Maßnahmen mit denen ein Stellenabbau verbunden ist, liegt in der Verwaltung. Da der Anteil der Verwaltungsmitarbeiter in Düsseldorf relativ klein ist, wird Düsseldorf weniger stark betroffen sein. Klar ist auch: Düsseldorf ist und bleibt für die Lufthansa ein fundamental wichtiger Standort. Zwar haben wir die ein oder andere Langstreckenüberlegung in Düsseldorf im Moment zurück gestellt, wie zum Beispiel die Verbindung nach Tokio, doch wollen wir unser Angebot auch in Düsseldorf soweit möglich und wirtschaftlich darstellbar weiter ausbauen.

Wo in der Verwaltung sehen Sie Sparpotenzial?

Lauer Wir wollen die transaktionsnahen Dienstleistungen im Bereich Finanzen und Personal zusammenführen. Das haben vor uns auch schon andere Konzerne getan und damit gute Erfahrungen gesammelt. Wir selbst haben heute schon erfolgreiche Accounting Center in Krakau, Mexiko und Bangkok, die Aufgaben für den gesamten Konzern übernehmen. Die Erfahrungen damit sind sehr gut.

Die Lufthansa wird im Wesentlichen aus Frankfurt gesteuert, der formale Hauptsitz ist trotzdem Köln. Wie lange wollen Sie sich diesen Pro-Forma-Hauptsitz noch leisten?

Lauer Köln ist nicht nur pro forma sondern tatsächlich der Hauptsitz der Verwaltung und selbstverständlich wird es auch dort Veränderungen und Verschlankungen geben müssen. Wir stellen aber nicht den Firmensitz in Frage, denn die Kontinuität der Zusammenarbeit mit einer Finanzbehörde, die mit dem Unternehmen vertraut ist, hat eine große Bedeutung.

Schließen Sie bei Ihrem Personalabbau betriebsbedingte Kündigungen aus?

Lauer Nein, ausschließen kann ich das derzeit nicht, aber für uns sind betriebsbedingte Kündigungen die "ultima ratio". Wir gehen einen sozialverträglichen Weg, zum Beispiel durch die Nutzung von Altersteilzeit, Angebote für Freistellungen und Nutzung der Fluktuation.

Wie hoch sind Ihre Rückstellungen für dieses Programm?

Lauer Da bitte ich um Verständnis, dass ich keine Zahl nennen kann, denn hier soll ja mit den Betriebspartnern eine gemeinsame Linie gefunden werden.

Es gibt viele Spekulationen um die defizitäre Lufthansa-Tochter Germanwings. Was wird aus der?

Lauer Wir haben im vergangenen Jahr die kommerzielle und organisatorische Zusammenlegung von Germanwings mit unseren Direktverkehren beschlossen. In diesem Kontext ist die Bedeutung von Germanwings für den Konzern weiter gestiegen: Germanwings hat einige Lufthansa-Classic-Strecken übernommen. Klar ist: Wir brauchen die Kostengünstigkeit einer Germanwings, vor allem in einem harten Wettbewerbsumfeld. Davon zu trennen sind die markenpolitischen Überlegungen, die derzeit überhaupt nicht auf der Tagesordnung stehen.

Bei Ihrer österreichischen Tochter Austrian Airlines haben Sie den Rotstift schon angesetzt und den luxuriösen Haustarifvertrag außer Kraft gesetzt. Wie haben die Piloten reagiert?

Lauer Der von außen vorhergesagte Aderlass ist ausgeblieben. Einige Piloten haben das Unternehmen verlassen, und einige wenige fliegen jetzt auf Honorarbasis für uns. Die AUA hat auf jeden Fall durch den Betriebsübergang auf die Tyrolian die Chance, sich als eine effiziente Airline in der Lufthansa Gruppe zu positionieren.

Die Kerosinpreise sind zuletzt doch wieder deutlich gefallen. Reicht das nicht als Entlastung?

Lauer Leider Nein. Zum einen werden die Kerosinpreise sicherlich irgendwann auch wieder steigen. Zum anderen ist der Dollar inzwischen so an Wert gestiegen, dass die Kerosinpreis-Entlastung zu einem Großteil wieder aufgezehrt wird. Kerosin wird in Dollar gehandelt.

München verweigert der Luftfahrt die dritte Landebahn. Was heißt das für die Lufthansa?

Lauer München ist nach Frankfurt und vor Düsseldorf unser zweitwichtigstes Drehkreuz. Die dritte Landebahn ist sehr wichtig, um eine auch weiterhin ansteigende Nachfrage nach Flügen in München bedienen zu können. Das Negativ-Votum ist bedauerlich, aber auch nicht gänzlich überraschend. Uns macht es nachdenklich, dass sich in der Bundesrepublik inzwischen ein sehr problematisches Klima gegen Infrastrukturprojekte aufbaut. Nicht nur in München.

In Frankfurt wurde die neue Startbahn auch nur zum Preis eines Nachtflugverbotes genehmigt, in Düsseldorf sind die Kapazitäten ebenfalls knapp - wie wollen Sie im Inland noch wachsen?

Lauer Mit Ausnahmen von beispielsweise Frankfurt und auch Berlin wird das perspektivisch mit größeren Flugzeugen erfolgen. Das ist dann schon ein limitierender Faktor, denn um uns herum gibt es starke Wachstumsmärkte im Luftverkehr. Zum Beispiel in Asien. Mit das stärkste Wachstum erleben wir zur Zeit in Lateinamerika, wo wir gerade unser Netzwerk mit der Aufnahme von Copa Airlines und der Avianca Tacca Gruppe in die Star Alliance erheblich vergrößert haben. In vielen Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas entsteht zur Zeit ein neuer Mittelstand, der sich Fliegen leisten kann, und der dafür sorgt, dass der Luftverkehr weiter wachsen wird. An diesem Wachstum müssen und wollen wir teilhaben.

Was ist mit den Regionalflughäfen wie Mönchengladbach oder Weeze? Ist da Wachstum denkbar?

Lauer Um die geht es uns nicht. Wir benötigen die größeren und profitablen Primär- und Sekundärflughäfen. Nur hier können wir ressourcenschonend und effizient das Geschäftsmodell einer Netzwerkairline betreiben. Das geht nicht auf Flughäfen, die fernab vom Geschehen sind und vielerorts nur Steuergelder verbrennen.

Startbahn-Blockaden, Luftverkehrssteuer und immer mehr Auflagen — mit dem BDL hat die deutsche Luftfahrt doch einen neuen Dachverband, der all das eigentlich verhindern soll. Funktioniert der nicht?

Lauer Der BDL entwickelt sich genau in die richtige Richtung, braucht aber sicherlich noch Zeit. Man hat gelegentlich den Eindruck, der Luftverkehr wird in Deutschland wie die Fußmatte der Industrie behandelt. Das ist gefährlich. Es gibt kaum ein Land auf der Welt, das so sehr auf eine funktions- und wettbewerbsfähige Luftfahrt angewiesen ist, wie die Exportnation Deutschland.

Wie ist die aktuelle Buchungssituation?

Lauer Sehr ordentlich. Viel hängt allerdings vom politischen und finanzmarkttechnischen Rahmen ab. Derzeit kaufen die Menschen Bundesanleihen mit negativem Zinsen. Das sagt viel aus über den aktuellen Umgang der Menschen mit ihrem Geld: Rendite steht derzeit nicht im Vordergrund. Es geht um die Begrenzung befürchteter Verluste, und der Konsument hält sich zurück.

(sap)
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