Essen Middelhoff wieder vor Gericht

Essen · Der frühere Arcandor-Chef sowie sieben andere Ex-Vorstände und Aufsichtsräte werden vom Insolvenzverwalter auf Zahlung von 24 Millionen Euro verklagt. Es geht um Abfindungen und Boni. Und um extrem üppige Spesen.

 Obwohl Arcandor tief in der Krise steckte, sah Chef Thomas Middelhoff nur begrenzt Grund zu persönlicher Sparsamkeit. Das bringt nun Ärger.

Obwohl Arcandor tief in der Krise steckte, sah Chef Thomas Middelhoff nur begrenzt Grund zu persönlicher Sparsamkeit. Das bringt nun Ärger.

Foto: ddp, ddp

Seit der Pleite von Arcandor vor zweieinhalb Jahren ist das Landgericht Essen in regelmäßigen Abständen Schauplatz gerichtlicher Aufführungen rund um den ehemaligen Handels- und Touristikkonzern. Am Montag startet der nächste Akt.

Hauptdarsteller ist wieder einmal der frühere Konzernchef Thomas Middelhoff, aber auch die Nebenrollen sind prominent besetzt: Marc Sommer, Peter Diesch, Matthias Bellmann, Peter Wolf, Helmut Merkel (alles ehemalige Vorstandsmitglieder) sowie die damaligen Aufsichtsräte Hero Brahms und Friedrich Carl Janssen, vielen auch bekannt aus seiner Rolle als persönlich haftender Gesellschafter des einst ruhmreichen Bankhauses Sal. Oppenheim.

Diesmal geht es um insgesamt rund 24 Millionen Euro, die der Insolvenzverwalter von den acht ehemaligen Managern fordert. Bis Mittwoch hieß dieser Insolvenzverwalter Klaus-Hubert Görg, aber der hat sein Amt abgegeben. Sein Nachfolger heißt Jauch, und wem auch dieser Name bekannt vorkommt, der täuscht sich nicht: Hans-Gerd Jauch ist der Cousin von Showmaster Günther. Wobei nicht übersehen werden darf, dass auch der Insolvenzverwalter selbst in der Branche einen großen Namen hat — unter anderem dank großer Firmenpleiten wie Babcock, Agfa, Philipp Holzmann, Ish und Heros.

Jauch, langjähriger Partner von Görg, ist nun derjenige, der die zahlreichen Klagen gegen Middelhoff und Co. ausfechten soll. Am Montag streitet er über fast elf Millionen Euro an Abfindungen, mehr als siebeneinhalb Millionen Euro an Sonderzahlungen und über rund vier Millionen Euro an Spesen. Die sind der kleinste Teil, gleichzeitig aber auch derjenige, über den sich die breite Öffentlichkeit am liebsten aufregt: fast 100 000 Euro, die ein Flug von Middelhoff nach New York gekostet haben soll, Aufwand für eine Chartermaschine, die den ehemaligen Chef von Bayreuth nach Nürnberg (Luftlinie: etwa 68 Kilometer) transportiert haben soll, eine 2200 Euro teure Flasche Wein, die Middelhoff angeblich bei einem Treffen von Führungskräften an der Côte d'Azur serviert hat.

Middelhoff weist die Vorwürfe nach Angaben seines Anwalts Winfried Holtermüller "allesamt als unbegründet" zurück. Aber allein die Zahlen sind geeignet, Sozialneid zu schüren, zumal Middelhoff noch kräftig kassiert haben soll, als Arcandor schon auf dem Weg in den Kollaps und die Existenznot vieler Beschäftigter vorgezeichnet war.

Abseits solcher spektakulären Details ist die 24-Millionen-EuroForderung ein bescheidener Betrag, verglichen mit jenen 175 Millionen Euro Schadenersatz, auf die Görg als Insolvenzverwalter im vergangenen Jahr Middelhoff und andere verklagt hat. In dieser Klage geht es um fünf Warenhäuser, die an Fonds des Kölner Immobilien-Unternehmers Josef Esch verkauft und anschließend zurückgemietet wurden — zu teuer, so befand Görg, der dann mit der Begründung klagte, das Management habe Regressansprüche geltend machen müssen. Dieser Prozess sollte eigentlich am 15. Februar in Essen weitergehen, doch auf Antrag der Anwälte Middelhoffs ist die Fortsetzung auf den 25. April verschoben worden.

Die Auseinandersetzung zwischen Middelhoff und seinem damaligen Arbeitgeber ist vermutlich nicht die letzte, die vor Gericht ausgetragen wird. Es wird spekuliert über Klagen von Middelhoff gegen seinen einstigen Geschäftspartner Esch und umgekehrt; und Quelle-Erbin Margarete Schickedanz, die vielleicht tragischste Figur in der Karstadt-Pleite, ließ im Frühjahr durchblicken, dass sie möglicherweise ebenfalls gerichtlich gegen Esch vorgehen wolle. So gesehen könnte die Arcandor-Aufführung noch etliche Akte haben. Zumal Middelhoff den Insolvenzverwalter wegen Prozessbetrugs angezeigt hat und sein Anwalt seinerseits eine Schadenersatzklage vorbereitet.

(RP/pst)
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