Interview mit Niek Jan van Damme "Die Technologie der Zukunft ist Glasfaser"

Düsseldorf · Seit 2009 leitet der Niederländer Niek Jan van Damme das Deutschland-Geschäft der Telekom. Er spricht im Interview über die Fortschritte beim Glasfaser-Netzausbau und die Zukunft der Technologie.

 Niek Jan van Damme im Gespräch mit der RP.

Niek Jan van Damme im Gespräch mit der RP.

Foto: Endermann

Herr van Damme, die künftige NRW-Landesregierung will NRW zum Gigabit-Land machen und dabei zumindest auf dem Land flächendeckend Glasfaser mit praktisch unbegrenztem Übertragungstempo legen. Eine tolle Idee?

Van Damme Ja, da verfolgen wir das selbe Ziel. Die neue Landesregierung setzt auf gigabitfähige, konvergente Breitbandnetze. Das unterstützen wir. Es geht dabei nicht nur um Glasfaser, sondern auch um einen Technologiemix und Vernetzung. So wird die neue Mobilfunktechnik 5G eine der Schlüsseltechnologien der Digitalisierung aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche und damit der Gigabit-Gesellschaft sein. Es geht um eine Verschmelzung von Festnetz und Mobilfunk, weil unsere Kunden überall mobil sein wollen. Hierfür benötigen wir Glasfaser dort, wo es gebraucht wird.

Der Zeitplan bis zum Jahr 2025 ist eng?

Van Damme Die Unternehmen werden viel Geld investieren müssen, und das wird nicht von heute auf morgen umsetzbar sein. Bedenken Sie allein die Zeit für die Planung, die Genehmigungsverfahren und dann noch die Zeit, um zu bauen. Aus anderen Bereichen wissen wir ja inzwischen, dass die Baukapazitäten durchaus begrenzt sind. Aber, im Ziel sind wir uns einig, die Zukunftstechnologie ist Glasfaser. Nicht umsonst betreiben wir das größte Glasfasernetz in Deutschland.

Die neue Koalition schätzt, dass fünf Milliarden Euro für den Glasfaserausbau in NRW nötig wären.

Van Damme Ich will das nicht kommentieren, da ich die Pläne im Detail nicht kenne. Aber, sicher ist, dass wir unsere Netze weiter aufrüsten und damit höhere Geschwindigkeiten ermöglichen werden. Da treffen sich dann unsere Investitionen mit den Zielen der Landesregierung, und die Kunden profitieren davon.

Spanien oder Ungarn haben eine bessere Glasfaserversorgung direkt ans Haus als Deutschland.

Van Damme Ja, aber so einfache Vergleiche hinken, da werden auch schon mal die Leitungen an der Hauswand befestigt oder hängen einfach in der Luft. Können Sie sich so etwas in Deutschland vorstellen? Hier (zeigt ein Urlaubsfoto auf dem Handy), in Portugal kommen die Leitungen einfach aus dem Boden. Das will keiner in Deutschland.

Die Telekom tritt also beim Thema Glasfaser weiter auf die Bremse.

Van Damme Falsch! Bremse, aber Hallo! In Deutschland haben wir rund 40.000 Baustellen, weil wir unser Glasfasernetz weiter ausbauen. In den vergangenen fünf Jahren haben wir mehr Glasfaser verlegt als unsere Wettbewerber zusammen. Glasfasertechnologie ist unsere DNA und der Grund, dass wir fast jeden Netztest gewinnen. Wenn neue Gebiete ohne Förderung aufgerüstet werden, ist die Glasfaser Bestandteil des Netzes bis zum Haus. Aber wir haben Zweifel daran, die Versorgung mit dieser Technologie zum Selbstzweck zu machen.

Am aufgerüsteten Telekom-Kupferkabel soll die Welt genesen?

Van Damme Auf die Gefahr hin, Sie zu langweilen. Nicht Technik ist entscheidend, nur der Kundennutzen zählt. Wir erreichen mit Vectoring schon 100 Megabit/Sekunde. Damit können sie fünf extrem hochauflösende Filme gleichzeitig schauen. Ende 2018 werden wir sicher mit Super-Vectoring 250 Megabit/Sekunde anbieten können. Die Industrie forscht und entwickelt, da sind wir längst noch nicht am Ende. Und dies alles geht einher mit einem weiteren massiven Ausbau von Glasfaser: Sie kommt zwar nicht in jedes Haus, aber sie ist schon heute das Rückgrat unseres Netzes. Sie verbindet unsere Mobilfunkmasten und unsere Verteilerkästen. Damit klopfen wir an jede Haustür. Es hat seinen Grund, dass wir schon deutlich mehr als 430.000 Kilometer Glasfaser in Deutschland verlegt haben.

Und was bringt das?

Van Damme Bei Anschlüssen mit hohen Bandbreiten liegen wir mit einer Versorgung von 82 Prozent vorne - nur Belgien, die Niederlande, Dänemark, Österreich und Großbritannien sind besser. Ich finde, das ist für ein Flächenland wie Deutschland ein sehr starkes Ergebnis.

Wird NRW es denn schaffen, bis 2018 wie geplant 95 Prozent der Haushalte mit schnellem Internet von mindestens 50 Megabit zu versorgen?

Van Damme Davon gehe ich aus. Wir liegen ja bereits bei 82 Prozent. Unser Ziel ist es, Ende 2018 von den 9,9 Millionen Anschlüssen in NRW rund 8,5 Millionen Stück auf Bandbreiten bis zu 100 Megabit aufgerüstet zu haben, das alleine bringt ja eine Versorgung von 86 Prozent. Wenn wir dann noch Investitionen mit Förderung sowie die anderen Anbieter hinzuaddieren, können wir das schaffen.

Im Mobilfunk erlauben Sie mit einer neuen Option, bei einigen Tarifen Streaming ohne Verrechnung auf das Datenvolumen zu nutzen. Läuft das?

Van Damme Unser neues Stream-On Angebot ist ein voller Erfolg und wird von den Kunden sehr gut angenommen. 200.000 Kunden haben sich acht Wochen nach dem Start schon für diese kostenlose Zusatzoption entschieden. Wir werden in wenigen Tagen rund 50 Inhalte-Anbieter für StreamOn haben. Gerade junge Leute schätzen das Angebot.

Wäre es nicht besser, wenn Jugendliche mehr miteinander sprechen oder sich über etwas informieren statt Streams zu sehen oder zu hören?

Van Damme Wir haben schon vor 15 Jahren in den Niederlanden propagiert: Mach das Handy auch mal aus. Das kann ich bei aller Begeisterung für mobile Kommunikation nur wiederholen. Und Eltern raten wir, mit ihren Kindern über Medienkonsum zu sprechen. Wir bieten auch die Kinderschutzsoftware an, mit der die Nutzung von Smartphones reguliert werden kann.

Gibt es eine Smartphone-Regelung für Telekom-Manager?

Van Damme Nein, weil der Vorstand vollständig digital arbeitet. Unsere Pads sind unsere Kommunikationsmittel. Während der Vorstandssitzungen schalten wir aber alle Smartphones auf stumm - manchmal hat das dann doch einer vergessen, und wir amüsieren uns. Wir antworten auch nur selten auf Mails während Meetings. Und wir haben ja insgesamt im Konzern die Regelung, dass Mails am Wochenende nicht beantworten werden müssen. Wissen sie, ich finde es wichtig abzuschalten, Ruhe ist wichtige Voraussetzung für Kreativität.

Und wo schalten Sie am liebsten ab?

Van Damme In der Natur, beim Reiten, zuhause auf der Couch, bei einem schönen Glas Wein, guter Musik, einem guten Essen im Kreise unserer Freunde gemeinsam mit meinem Mann.

Reinhard Kowalewsky führte das Gespräch.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort