Fast ein Drittel aller Jobs in Deutschland Nokia Siemens Network streicht 2900 Stellen

Espoo/Helsinki · Der angeschlagene Netzwerkausrüster Nokia Siemens Networks will in Deutschland 2900 Stellen streichen und damit fast ein Drittel aller Jobs hierzulande abbauen. Zudem soll ein Großteil aller Standorte geschlossen werden, darunter auch der mit Abstand größte in München. Allein dort sind rund 3600 Mitarbeiter betroffen, die ihren Arbeitsplatz verlieren sollen oder umziehen müssen.

200 demonstrieren gegen Stellenabbau bei Nokia-Siemens
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Wie das kriselnde Unternehmen am Dienstag mitteilte, soll das Geschäft in Deutschland künftig auf die fünf Standorte in Berlin, Bonn, Bruchsal, Düsseldorf und Ulm konzentriert werden. Die übrigen 30 Niederlassungen im gesamten Bundesgebiet sollen geschlossen werden. Darüber, wie die Stellen nun abgebaut werden, werde NSN rasch Gespräche mit dem Betriebsrat aufnehmen, sagte ein Sprecher des Konzerns.

NSN ist eine Tochter des finnischen Handyherstellers Nokia und des Münchner Elektroriesen Siemens. Der seit Jahren schwächelnde Konzern hatte bereits Ende November nach einer weiteren Milliarden-Spritze der Eigentümer Pläne für eine umfassende Schrumpfkur vorgestellt. Weltweit sollen 17.000 Jobs gestrichen und zahlreiche Standorte geschlossen werden. NSN hatte zuletzt rund 74.000 Mitarbeiter.

Eine Milliarde Euro soll gespart werden

"Uns ist bewusst, dass dies eine erhebliche Reduzierung der Mitarbeiterzahl ist und wir möchten diese mit Respekt und unter Einhaltung aller rechtlichen Rahmenbedingungen umsetzen", teilte NSN-Deutschland-Chef Hermann Rodler mit. NSN will mit den Plänen jährlich rund eine Milliarde Euro einsparen und Geschäftsbereiche eindampfen. Ein Siemens-Sprecher kündigte an, dass geeignete NSN-Mitarbeiter bei der Vergabe von offenen Stellen bei Siemens bevorzugt behandelt würden.

Von der derzeit 35 NSN-Standorten, an denen allerdings zum Teil nur 10 Menschen arbeiten, bleiben fünf. In Nordrhein-Westfalen, wo NSN mit Kunden wie Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica 80 Prozent seines deutschen Geschäfts macht, werden künftig Bonn und Düsseldorf weitergeführt. In Berlin und Bruchsal findet Fertigung statt. In Ulm entwickelt NSN etwa Technik für den neuen Mobilfunkstandard LTE.

Die IG Metall kündigte umgehend Widerstand gegen die Pläne an.
"Wir wehren uns zusammen mit den Beschäftigten gegen diesen Kahlschlag", sagte der IG-Metall-Beauftragte für NSN, Michael Leppek. Ziel sei, möglichst viele Jobs zu erhalten und die Schließung des Standorts München noch zu verhindern. Die Beschäftigten hätten schockiert reagiert, sagte NSN-Gesamtbetriebsratschef Georg Nassauer. "Wir Betriebsräte werden zusammen mit der IG Metall alles tun, um den Abschied von NSN aus Deutschland zu verhindern." Am Mittwoch soll es in München in Anschluss an eine Betriebsversammlung Proteste geben.

Konzentration auf schnelle mobile Internet-Netze

Die Gewerkschaft hatte die Abbaupläne und die Informationspolitik der Firmenleitung bereits im November heftig attackiert. Laut IG Metall hat NSN seit dem Start im April 2007 in Deutschland bereits mehr als 5000 Arbeitsplätze abgebaut - über Aufhebungsverträge, Ausgliederungen und zuletzt sogar über betriebsbedingte Kündigungen. Schuld sei das Management, das stets falsche Weichenstellungen getroffen habe. Nun will NSN sein Geschäft komplett auf schnelle mobile Internet-Netze ausrichten, andere Unternehmensbereiche wie etwa das Festnetz-Geschäft werden entsprechend weichen müssen.

So will NSN bis Ende 2013 eine Milliarde Euro pro Jahr einsparen.
Bis dahin soll auch der Abbau der 17 000 Jobs abgeschlossen sein.
Erst im vergangenen Jahr hatten Nokia und Siemens zusammen eine Milliarde in ihr Dauersorgenkind gesteckt. Der Netzwerkausrüster kommt seit Jahren auf keinen grünen Zweig. er leidet unter einem harten Preiskampf und der scharfen Konkurrenz. Die Suche nach einem Käufer für die schwierige Tochter haben Nokia und Siemens bereits einmal abgesagt, ebenso einen Börsengang.

In Finnland will NSN ebenfalls massiv Stellen streichen. Wie eine Unternehmenssprecherin am Dienstag in Espoo bei Helsinki mitteilte, sollen in Espoo, Oulu und Tampere bis zu 1200 Arbeitsplätze abgebaut werden. Keiner der Standorte werde aber komplett geschlossen. Man habe Verhandlungen mit den Gewerkschaften eingeleitet. Mit bisher 6900 Beschäftigten ist Finnland das zweitwichtigste Standbein von Nokia Siemens Networks nach Deutschland mit 9100 Mitarbeitern.

(dpa)
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