Energiewende Ökostrom: Gabriel will Kohlebergbau stärker belasten

Berlin · Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) dringt auf Änderungen an seinem eigenen Gesetzentwurf zur Ökostrom-Reform und will den Kohlebergbau nun stärker belasten. Dies sei aus Gründen des Klimaschutzes geboten, heißt es in einem Brief des Ministers an die Vize-Fraktionschefs Hubertus Heil (SPD) und Michael Fuchs (CDU), der unserer Redaktion vorliegt.

Das ist Sigmar Gabriel
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Dagegen soll nach seinem Willen der Bundestag kurz vor Ende der Gesetzesberatungen noch Branchen wie die Aluminium- oder Kupfer-Industrie zusätzlich von Abgaben befreien. Die Stein- und Braunkohleförderung solle grundsätzlich nicht mehr von der Abgabe zur Förderung Erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) befreit werden, heißt es in dem Schreiben. "Das ist vor dem Hintergrund des EEG-Ziels 'Klimaschutz' schwer vermittelbar." Kohle erzeugt bei der Verbrennung besonders viel Kohlendioxid, so dass die Privilegien für die Branche besonders von Grünen und Umweltgruppen immer wieder angegriffen wurden.

Der Strom für den Betrieb der Förderstätten solle nun Zug um Zug mit der Umlage belegt werden: 2015 mit 20 Prozent, 2016 mit 35 Prozent und 2017 dann mit 50 Prozent der Abgabe, die derzeit 6,24 Cent pro Kilowattstunde beträgt. Dies würde jährlich bis zu 180 Millionen Euro für die Ökostrom-Förderung bringen. Der Großteil entfällt demnach auf den Braunkohle-Tagebau, der mit seinen Riesen-Baggern besonders viel Elektrizität benötigt.

Nun sollen 50 statt 15 Prozent der Umlage fällig werden

Ferner strebt Gabriel an, dass der Bundestag auch die Belastung für selbst erzeugten Strom der Industrie erhöht. Zuerst hatte er 15 Prozent der Umlage bei Strom aus neuen, eigenen Kraftwerken der Industrie vorgesehen. Nun sollen 50 Prozent der Umlage fällig werden. Das entspricht dem Satz, der auch für den Eigenstrom-Verbrauch bei Gewerbe und Handel vorgesehen war.

Damit reagiert Gabriel indirekt auf Forderungen aus Bundestag und Bundesrat. Dort war die Ungleichbehandlung von Industrie im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen kritisiert worden. Zudem würden etwa Solaranlagen gerade im Gewerbe eingesetzt und damit höher belastet als umweltschädliche Kohle-Kraftwerke auf Industrie-Geländen. Allerdings wurde gefordert, den Satz ebenfalls auf 15 Prozent der Umlage zu senken, Gabriel will ihn nun für die Industrie erhöhten und damit alle bei 50 Prozent gleich behandeln.

Dagegen will Gabriel einigen Industriezweigen weiter entgegenkommen als bisher vorgesehen: Im Ringen mit der EU-Kommission, die Rabatte auf die Umlage als unerlaubte Beihilfe wertete, hatte Gabriel bereits die Befreiungen im Kern verteidigt. Die bisherige Mindestumlage von 0,05 Cent pro Kilowattstunde sollte jedoch auf 0,1 Cent erhöht werden, was für extreme Stromverbraucher wie die Aluminium-, Kupfer- und Teile der Stahl-Branche Mehrkosten verursacht hätte. Diese sollen nun nach Gabriels Wunsch doch wie bisher nur den alten Satz von 0,05 Cent zahlen.

Der Minister setzt sich ferner für die Windindustrie auf hoher See ein, für die bereits eine Reihe von Verbesserungen im Zuge der EEG-Debatte beschlossen worden waren. Nun soll die garantierte Abnahmevergütung für Strom aus Windanlagen langsamer sinken: Ab 2020 soll sie statt um 1,0 Cent je Kilowattstunde nur um 0,5 Cent sinken.

Grünen-Politiker Krischer: Kaum mehr als Symbolpolitik

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Oliver Krischer, kommentierte das Vorhaben Gabriels mit den Worten: "Es das Gegenteil von Energiewende und Klimaschutz, wenn Braunkohletagebaue und Kohlekraftwerke von allen Umlagen befreit sind, während Photovoltaik und hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung zahlen soll. Immerhin scheint Gabriel inzwischen ein schlechtes Gewissen zu bekommen und will wenigstens die Tagebaue teilweise mit der Umlage belasten." Das sei ein Schritt in die richtige Richtung, aber am Ende kaum mehr als Symbolpolitik, "denn die RWE und Vattenfall habe andere Schlupflöcher, um keine Umlage zahlen zu müssen".

"Gabriels Sonnensteuer ist und bleibt widersinnig und gehört deshalb komplett gestrichen", so Krischer weiter. "Einerseits den Ausbau von Photovoltaik und Kraft-Wärme-Kopplung zu fördern und anderseits in ähnlicher Größenordnung mit Umlagen zu belegen, ist ein Paradebeispiel politischer Nonsensentscheidungen. Sie macht nur dann einen Sinn, wenn man PV und KWK abwürgen will, um das überkomme Geschäftsmodell der Kohlekraftwerksbetreiber über die Zeit zu retten.""

Der Gesetzentwurf zum Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) befindet sich in der Schlussabstimmung zwischen den Fraktionen. In der nächsten Woche sollen Änderungswünsche an die EU-Kommission übermittelt werden, die diese mit ihrer eigenen Leitlinie abgleichen muss. Nur mit Zustimmung der Kommission können auch die Rabatte für die Industrie greifen.

Ende Juni soll dass EEG dann im Bundestag verabschiedet und Mitte Juli vom Bundesrat gebilligt werden. Damit könnte das Vorhaben mit einer Reihe von Einschnitten bei der Ökostrom-Förderung sowie Kosten-Entlastungen für industrielle Großverbraucher wie geplant im August in Kraft treten.

(das/rtr)
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