VW-Aufsichtsrat Piëch wehrt sich gegen seine Nichten

Düsseldorf · Firmenpatriarch Ferdinand Piëch versucht nach dem verlorenen Machtkampf weiterhin Einfluss auf Volkswagen zu nehmen. Einem Medienbericht zufolge setzt er sich gegen die Nominierung seiner Nichten für den Aufsichtsrat zur Wehr.

 Ferdinand Piëch traut seinen Nichten Louise Kiesling (Mitte) und Julia Kuhn-Piëch nicht den Sachverstand für den VW-Aufsichtsrat zu.

Ferdinand Piëch traut seinen Nichten Louise Kiesling (Mitte) und Julia Kuhn-Piëch nicht den Sachverstand für den VW-Aufsichtsrat zu.

Foto: dpa kombo rpo

Einem Bericht von "Bild"- zufolge widersprach der Großaktionär des Autobauers dem Vorschlag des Firmenvorstands, zwei seiner Nichten in das Kontrollgremium zu berufen.

Der Konzern hatte zuvor mitgeteilt, das Amtsgericht Braunschweig habe auf Antrag des VW-Vorstands Louise Kiesling und Julia Kuhn-Piëch mit sofortiger Wirkung zu Mitgliedern des Kontrollgremiums bestellt. Sie sollen Piëch und dessen Ehefrau Ursula ersetzen.

Der VW-Großaktionär war am vergangenen Wochenende von allen Ämtern in dem weltumspannenden Unternehmen zurückgetreten.
"Bild" zufolge kritisiert der Porsche-Enkel die mangelnde fachliche Kompetenz seiner beiden Verwandten in der Automobilindustrie. Er habe stattdessen den ehemaligen Linde -Chef und jetzigen Conti -Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle sowie die frühere Siemens -Managerin Brigitte Ederer vorgeschlagen.

Damit schadet Piëch Branchenkennern zufolge seiner eigenen Familie, weil er ihnen die Eignung abspricht. Die Benennung sei juristisch wasserdicht. Weder VW noch das Büro des ehemaligen Aufsichtsratschefs oder die Porsche SE wollten sich zu dem Streit äußern. Auch die IG Metall lehnte einen Kommentar ab.

Der frühere Gewerkschaftschef Berthold Huber ist nach Piëchs abruptem Abtritt kommissarischer Aufsichtsratschef. Er soll die Aufsichtsratssitzung am Montag und das Aktionärstreffen am Dienstag in Hannover leiten.

Laut Aktienrecht kann jeder Eigner, der Betriebsrat und das Unternehmen selbst einen Aufsichtsrat gerichtlich bestellen lassen, wenn ein Sitz in dem Kontrollrat freigeworden ist. Das Unternehmen hat als einziger sogar die Pflicht dazu.

Seiteneinsteigerinnen

Die 57-jährige Designerin Kiesling ist Tochter von Louise Daxer-Piëch, der verstorbenen Schwester von Ferdinand Piech und Hans Michel Piech. Sie ist Gesellschafterin und Geschäftsführerin mehrerer Wirtschaftsunternehmen, darunter die Textilmanufaktur Backhausen in Österreich.

Kuhn-Piëch ist die Tochter von Hans Michel Piëch, der bereits im VW-Aufsichtsrat sitzt. Die 34-Jährige Juristin ist als selbstständige Immobilienmanagerin tätig und gehört seit 2014 dem Aufsichtsrat der Sparte Truck & Bus der VW-Tochter MAN an.

Mit der Nachbesetzung ist der 20-köpfige Aufsichtsrat rechtzeitig zur Hauptversammlung wieder komplett. Außerdem hat die Familie Piëch nun wieder drei Vertreter im VW-Aufsichtsrat, die Porsches haben zwei - Wolfgang Porsche und Ferdinand Oliver Porsche. Damit ist die Machtbalance gewahrt. Der Aufsichtsrat muss nun bestimmen, wer Vorsitzender des Gremiums werden soll.

Als naheliegender Kandidat gilt Wolfgang Porsche. Es wird aber auch über andere Kandidaten diskutiert.

Überraschendes Scheitern

Firmenpatriarch Piëch hatte am Samstag überraschend seinen Rücktritt als Aufsichtsratchef und von allen anderen Mandaten in dem Unternehmen erklärt. Zuvor war er im engeren Führungszirkel mit dem Plan gescheitert, Konzernchef Martin Winterkorn aus dem Amt zu drängen. Er war von seinem Zögling abgerückt und hatte VW dadurch in eine tiefe Führungskrise gestürzt. Das Präsidium des Aufsichtsrats stellte sich daraufhin hinter den 67-jährigen Firmenboss und fügte dem machtgewohnten Porsche-Enkel eine herbe Abstimmungsniederlage zu.

Als Piëch sich nicht an das Votum halten wollte und hinter den Kulissen weiter an Winterkorns Stuhl sägte, zeigten ihm die übrigen Mitglieder im engeren Führungszirkel die Rote Karte. Piëch und seine Ehefrau Ursula traten daraufhin von allem Ämtern in dem Unternehmen zurück.
Sein Aufsichtsratsmandat bei der Porsche SE behält er offenbar.

Dadurch kann er weiter Einfluss auf den Konzern nehmen. Die von den Nachkommen des "Käfer"-Konstrukteurs Ferdinand Porsche dominierte Familienholding ist mit knapp 51 Prozent größter VW-Eigner.

(REU)
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