Nebenjob im Alter Rentner sein reicht vielen Senioren nicht

Düsseldorf · Im Rentenalter sollten Menschen das Leben genießen können. Aber viele gehen dann noch gar nicht in den Ruhestand, sondern arbeiten weiter. Zwei Senioren erklären, warum sie das tun. Wir geben Tipps zum Nebenjob im Alter.

 Udo Herrmann ist 71 Jahre alt und als Geschäftsführer des Familienunternehmens Herrmann & Sohn GmbH in Düsseldorf tätig.

Udo Herrmann ist 71 Jahre alt und als Geschäftsführer des Familienunternehmens Herrmann & Sohn GmbH in Düsseldorf tätig.

Foto: Anne Orthen

Rente bedeutet für viele große Freiheit: kein Nine-to-Five-Job mehr, Schluss mit alltäglichen Pflichten, Ausschlafen und Verreisen statt Büro. Für andere ändert sich dagegen nicht viel. Zum Beispiel für Bernhard van Bürck. Er ist 70 und arbeitet. Mit 65 hätte er in Rente gehen können, doch der Maschinenbauer entschied sich für einen Job beim Krefelder Unternehmen Henkelhausen: "In 43 Jahren beim Motorenhersteller Deutz hatte ich mit Henkelhausen viel Kontakt", erzählt er, "als sie mir eine Stelle anboten, habe ich zugesagt." Van Bürck arbeitet ein- bis dreimal pro Woche - je nach Auftragslage. "Ich betreue Kunden und arbeite an Projekten", sagt er. "Die Zeit kann ich mir frei einteilen."

"Es liegt mit am Herzen"

Wieso er mit 70 Jahren noch arbeitet? "Ich muss ja nicht arbeiten, aber es liegt mir am Herzen. Von meinen Erfahrungen können die jungen Kollegen profitieren", sagt er. "Das Geld ist nicht mein Antrieb, aber ein nettes Zubrot. Wenn ich zwei bis drei Jahre so weitermachen kann, reicht es mir mit der Arbeit."

 Bernhard van Bürck arbeitet mit 70 Jahren noch bei der Henkelhausen GmbH in Krefeld.

Bernhard van Bürck arbeitet mit 70 Jahren noch bei der Henkelhausen GmbH in Krefeld.

Foto: christoph Reichwein

Auch Udo Herrmann ist noch im Geschäft: Mit 71 ist er als Geschäftsführer aktiv - bei der Düsseldorfer Gustav Herrmann & Sohn GmbH für Schaltanlagenbau. "Für gewöhnlich bin ich von 6 bis 18 Uhr in der Firma", sagt er, "ich bin im Betrieb groß geworden und habe schon immer gearbeitet." Seine Kinder sollen das Familienunternehmen künftig führen. "Ich werde weiterhin tatkräftig mitanpacken - aber ein paar Tage mehr Urlaub sind drin", sagt Udo Herrmann.

Zwei Beispiele von vielen. Wir beantworten zudem wichtige Fragen zum Thema Arbeiten im Alter.

Wie viele Menschen gehen im Ruhestand arbeiten? Jeder Neunte zwischen 65 und 74 war 2016 erwerbstätig. Das zeigen Zahlen aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes. Demnach hat sich der arbeitende Anteil in dieser Altersklasse in einem Jahrzehnt auf elf Prozent mehr als verdoppelt. Als erwerbstätig gilt, wer mindestens eine Stunde pro Woche für Geld arbeitet.

Wieso arbeiten Rentner? Die Gründe dafür sind vielfältig: steigende Lebenserwartung, sinkende Zahl an Arbeitnehmern, die in die Rentenkasse einzahlen, Altersarmut. Wegen des demografischen Wandels sind Staat und Wirtschaft auf die Arbeitskraft der Älteren angewiesen.

Wer arbeitet im Alter? 15 Prozent der Männer zwischen 65 und 74 sind erwerbstätig, bei den Frauen sind es nur acht. Im Schnitt gehen Frauen mit 64,2 Jahren in Rente, Männer bereits mit 63,9 Jahren. Das Renteneintrittsalter steigt Daten der Deutschen Rentenversicherung zufolge nur langsam: 2015 lag es bei 64 Jahren, 2016 bei 64,1 Jahren. Berücksichtigt man Frührentner, lag das Renteneintrittsalter 2016 sogar nur bei 61,8 Jahren.

Was bringt der Verdienst? Für rund 346.000 ältere Arbeitnehmer - das ist etwa jeder Dritte - war der Job die Hauptquelle ihres Lebensunterhalts. Laut der Statistik waren die Frauen mit 61,5 Prozent stärker auf das zusätzliche Einkommen angewiesen als Männer (55,8 Prozent).

Gibt es gesetzliche Regelungen? Seit Anfang des Jahres können Arbeitnehmer mit Rentenanspruch weiter Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen: So erhöht sich die Rente. Sie können auch beitragspflichtig weiterarbeiten und die Rente erst später beantragen. Das bietet neben höheren Rentenansprüchen einen Bonus: Für jeden Monat, den länger gearbeitet wird, steigt die Rente um 0,5 Prozent.

Wie reagiert die Wirtschaft? Jeder dritte Betrieb in Deutschland versucht, Mitarbeiter über den Rentenbeginn hinaus weiter zu beschäftigen. Mehr als 80 Prozent der Arbeitnehmer stimmen diesem Angebot laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zu. Die Ergebnisse zeigen, dass kürzere und flexiblere Arbeitszeiten dabei förderlich sind.

Wieso bemühen sich die Betriebe? Der Fachkräftemangel macht vielen Firmen zu schaffen. Kleine Betriebe engagieren sich fast dreimal so häufig (32 Prozent) wie Großbetriebe (elf Prozent). Die Forscher begründen dies damit, dass die Kleinbetriebe schlechtere Chancen hätten, adäquaten Ersatz zu finden.

Wie viel dürfen Rentner dazuverdienen? Wer die Regelaltersgrenze erreicht hat, darf unbegrenzt dazuverdienen. Wer jedoch vor Erreichen dieser Grenze eine Altersrente erhält, muss besondere Regelungen beachten: Um eine volle Altersrente zu erhalten, dürfen laut der Deutschen Rentenversicherung maximal 6300 Euro im Jahr dazuverdient werden. Wird diese Grenze überschritten, wird ein Zwölftel des Betrags, der 6300 Euro übersteigt, zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. Die Obergrenze für den Hinzuverdienst ist der sogenannte Hinzuverdienstdeckel: Liegt die Summe von geminderter Rente und Hinzuverdienst über dem höchsten Einkommen der letzten 15 Jahre, wird der darüber liegende Betrag auf die verbliebene Teilrente angerechnet.

Was ist mit Betriebsrenten? Wer neben der gesetzlichen Rente eine Betriebsrente bezieht, sollte sich bei deren Träger erkundigen, ob der Bezug einer Teilrente Auswirkungen hat. Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze kann zu einer Kürzung der Betriebsrente führen.

Was ist mit Erwerbsminderungsrenten? Seit dem 1. Juli gilt die Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen für Renten mit Erwerbsminderung bundesweit. Bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gilt die Hinzuverdienstgrenze von 6300 Euro. Alles darüber wird zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird die Verdienstgrenze individuell berechnet.

Wie müssen Arbeitsplätze für ältere Menschen beschaffen sein? "Arbeitsplätze sollten altersgerecht eingerichtet werden", sagt Stephan Sandrock, Leiter des Fachbereichs Arbeits- und Leistungsfähigkeit beim Institut für angewandte Arbeitswissenschaft. "Bereits für jüngere Kollegen sollte ein gesundheitlich förderliches Umfeld geschaffen werden: Arbeitssysteme sollten höhenverstellbar sein, ältere Mitarbeiter nicht lernentwöhnt werden."

Wie sollten Arbeitgeber handeln? "Mitarbeiter sollten ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt werden", so Sandrock. Der Arbeitgeber habe die Pflicht, für den Schutz und die Sicherheit seiner Beschäftigten zu sorgen. "Jeder sollte auch privat auf seine Gesundheit achten."

(mba)
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