Länder-Bündnis der Solidarität Rettet Kraft Opel in Bochum?

Bochum · Bochum soll Opfer der Opel-Rochade werden: Die Konzernstrategen wollen die Produktion offenbar zum Hauptsitz in Rüsselsheim verlagern. Nur die Politik kann das Bochumer Werk noch retten. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft will ein Länder-Bündnis der Solidarität schmieden.

Hannelore Kraft - die alte und neue Ministerpräsidentin von NRW
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Die Verhandlungen zum neuen Koalitionsvertrag beginnen erst in der nächsten Woche — aber die neue rot-grüne Landesregierung hat ihre erste industriepolitische Bewährungsprobe schon auf dem Tisch. Offenbar plant Opel, die Produktion des Erfolgsmodells Zafira aus Bochum abzuziehen und nach Rüsselsheim zu verlagern. Das würde das Aus für die Opel-Werke in Bochum bedeuten, wo 4500 Opelaner arbeiten.

Ausgerechnet am Donnerstag — an einem Feiertag — bestätigte das Opel-Management die seit Wochen kursierenden Gerüchte: Das Opel-Stammwerk in Rüsselsheim darf ab 2015 keine Astras mehr bauen. Das wichtigste Opel-Modell soll dann nur noch im polnischen Gleiwitz und im britischen Ellesmere Port gebaut werden. Nach Darstellung der Opel-Betriebsräte und der Gewerkschaft IG Metall wurden den Opelanern dort Zugeständnisse abgepresst. Dass Rüsselsheim als Entschädigung die Produktion des zweitwichtigsten Opel-Modells "Zafira" erhält, der in Bochum gebaut wird, hat das Management noch nicht bestätigt. Auf Anfragen verweist es stets auf eine Aufsichtsratssitzung im Juli.

Trotzdem sind entsprechende Pläne bereits an mehreren Stellen durchgesickert. Und sollten wohl auch durchsickern: Das inoffizielle Durchstechen von schlechten Nachrichten ist in der Kommunikation von Konzernen eine beliebte Technik, um die Wucht der Empörung auf mehrere Wellen zu verteilen. Sehr wohl hat Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke aber schon versprochen, dass Rüsselsheim auch ohne Astra dauerhaft voll ausgelastet werden soll. Was aus Bochumer Sicht deprimierend gut zu den brodelnden Gerüchten die Zafira-Rochade von Bochum nach Rüsselsheim passt. Viel mehr als der Zafira wird in Bochum nicht produziert, das Werk gilt seit Jahren als Wackelkandidat.

Das Kalkül, die Welle der Empörung zu brechen, ist gescheitert. Quer durch die Landes- und die Kommunalpolitik des Ruhrgebiets hagelte es gestern Kritik am Opel-Management. Tenor: Es sei unfair, die Mitarbeiter der Standorte gegeneinander auszuspielen. Verschiedene Revierstädte haben eine Resolution angekündigt, NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihr Wirtschaftsminister Harry K. Voigtsberger wollen am Montag bei einer Betriebsversammlung im Bochumer Werk Solidarität demonstrieren.

Wichtiger als die symbolische Politik ist aber das Strippenziehen hinter den Kulissen. Dem Vernehmen nach glühen die Telefondrähte zwischen Düsseldorf, Berlin und Wiesbaden schon seit Tagen. Kraft und Voigtsberger versuchen, eine länderübergreifende Allianz zugunsten der Opel-Standorte in Bochum (NRW), Rüsselsheim (Hessen), Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz) und Eisenach (Thüringen) zu zimmern, die mit politischen Mitteln das Ausspielen der Standorte gegeneinander verhindern soll.

Was bislang an den politischen Farben scheitert: Hessen, offenbar Profiteur der Opel-Rochade, wird schwarz-gelb regiert. Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) hat wenig Interesse, dem rot-grünen Düsseldorf zu helfen — zumal "sein" Standort Rüsselsheim Gewinner der Rochade ist. Was wiederum erklärt, warum von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (ebenfalls FDP) in diesen Tagen so wenig zu Opel zu hören ist. Im Gegensatz zu seinem britischen Amtskollegen, der massiv für den Opel-Standort Ellesmere Port gekämpft hatte. Mit Erfolg, wie man sieht.

(RP/sap)
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