Vertragsverhandlungen Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube tritt zurück

Berlin · Rüdiger Grube ist als Chef der Deutschen Bahn zurückgetreten. Hintergrund sollen nach Agentur- und Medienberichten Unstimmigkeiten mit dem Aufsichtsrat des Unternehmens sein.

 Rüdiger Grube im September 2016 vor der Grundsteinlegung für den neuen Hauptbahnhof im Rahmen des Bahnprojekts Stuttgart 21.

Rüdiger Grube im September 2016 vor der Grundsteinlegung für den neuen Hauptbahnhof im Rahmen des Bahnprojekts Stuttgart 21.

Foto: dpa, mut sab pat

Laut dpa hat Grube dem Kontrollgremium vorgeworfen, sich nicht an Absprachen gehalten zu haben. Ihm sei zuvor eine Vertragsverlängerung um drei Jahre bis Ende 2020 zugesichert worden, er habe im Gegenzug auf eine Gehaltserhöhung verzichtet, hieß es aus dem Umfeld des Aufsichtsrats. In der Sitzung der Kontrolleure am Montag habe man ihm dann aber doch nur zwei weitere Jahre als Vorstandschef geben wollen. Zuerst hatte "Spiegel Online" über den Rücktritt berichtet.

Vorübergehend führt Finanzchef Richard Lutz den Bundeskonzern, ein Nachfolger soll zeitnah gefunden werden, wie die Bahn nach einer Aufsichtsratssitzung mitteilte. Darin waren Differenzen über die geplante Verlängerung für Grube zu Tage getreten. Der Vertrag lief noch bis Dezember. Grube wollte seinen Arbeitsplatz noch am Montag verlassen. Erwartet worden war hingegen, dass der Aufsichtsrat den Vertrag Grubes verlängert. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach anschließend von "wenig Einigungsbereitschaft auf beiden Seiten". "Das ist in der Tat eine so nicht zu erwartende Wendung", sagte Dobrindt in München.

Über die Frage, wie lange der Kontrakt verlängert werden würde, hatte es zuletzt immer wieder widersprüchliche Medienberichte gegeben. Auch die bei solchen Verlängerungen oft übliche Gehaltserhöhung war ungewiss. So hatte etwa am Montagmorgen das "Handelsblatt" berichtet, Grube bekomme bei seiner anstehenden Vertragsverlängerung keine Gehaltserhöhung. Anders als von Grube gewünscht werde es keine Gehaltserhöhung geben, hieß es darin unter Berufung auf Regierungskreise.

Grube steht seit Mai 2009 an der Spitze des Unternehmens und bekommt eine Festvergütung von 900.000 Euro im Jahr. Inklusive Boni verdiente er im Geschäftsjahr 2015 gut 1,4 Millionen Euro. Allerdings rutschte das Unternehmen 2015 erstmals seit zwölf Jahren in die roten Zahlen. Grubes bisheriger Vertrag läuft zum Jahresende aus.

Grube übernahm die Führung nach der Affäre um massenhafte Ausspähung von Mitarbeiter-E-Mails unter seinem Vorgänger Hartmut Mehdorn. Durch den Kauf der Auslandsverkehrstochter Arriva trieb er die internationale Ausrichtung voran. Nach einem Verlustjahr 2015 konnte Grube zuletzt auf ein verbessertes Ergebnis und eine gestiegene Pünktlichkeit der Züge verweisen.

Auf die Frage nach den Aussichten des früheren Kanzleramtsministers und Bahn-Vorstandsmitglieds Ronald Pofalla auf die Nachfolge Grubes sagte Dobrindt: "Wir gehen jetzt einfach auf die Suche. Es gibt jetzt überhaupt keinen Grund, im Vorfeld schon irgendwelche Namen ins Gespräch zu bringen." SPD-Fraktionsvize Sören Bartol riet, nun nichts zu überstürzen: "Da gibt es niemanden, der sich sofort aufdrängt."

"Rüdiger Grube gilt mein persönlicher Dank für seine jahrelange, gute Arbeit an der Spitze der Deutsche Bahn AG. Für die Zukunft muss gelten: die Menschen wollen nicht nur pünktlich und zuverlässig von A nach B gebracht werden, sondern auch modernere Angebote erhalten: Digitalisierung und Mobilitätskette heißen die Stichwörter. Die Bahn muss von Schienennetzbetreiber zum Mobilitätsanbieter werden. Die anstehenden Personalentscheidungen werden diesem Ziel Rechnung tragen müssen", sagte die neue Bundeswirtschaftsministerin Beate Zypries (SPD) unserer Redaktion.

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer kritisierte, Grube sei der Sündenbock für die falsche Bahnpolitik Dobrindts. Statt eine Schienenverkehrsoffensive zu starten, "durfte Grube nur den Mangel verwalten, während Schulden und Verspätungen immer mehr zunahmen." Das "Bündnis Bahn für Alle" warf Grube vor, er habe das Bahn-Kerngeschäft, die Eisenbahn in Deutschland, ausbluten lassen.

"Rüdiger Grube war nach Mehdorn der Richtige um die Deutsche Bahn wieder zur Ruhe zu bringen", sagte hingegen Martin Burkert (SPD), der Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses. Nun brauche es einen Bahnchef, der Qualität und Zuverlässigkeit voranbringe und die Gütersparte DB Cargo wieder aufs richtige Gleis setze.

Die Linken-Verkehrspolitikerin Sabine Leidig sieht nicht die Vertragsverlängerung als Grund des Rücktritts, sondern das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart21. "Er hat sich ganz offensichtlich verspekuliert", teilte Leidig mit und verwies auf gestiegene Kosten für das Bauvorhaben. Gegner von Stuttgart 21 hoffen auf das Aus des Projekts: "Rüdiger Grube stand für Stuttgart 21, mit seinem Rücktritt ist auch S21 am Ende", sagte der Sprecher der Stuttgarter Parkschützer, Matthias von Herrmann.

(das/dpa/AFP)
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