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Energiekonzern RWE - der Energieriese wankt

Essen · Die Nervosität im Konzern wächst. Die drohende Milliarden-Lücke bei den Atomrückstellungen könnte den hoch verschuldeten Konzern das Rating kosten, die Finanzierung könnte schwierig werden. Heute berät der Aufsichtsrat.

Die Zentrale des RWE-Konzerns in Essen.

Die Zentrale des RWE-Konzerns in Essen.

Foto: dapd, Frank Augstein

Beim zweitgrößten deutschen Energiekonzern liegen die Nerven blank. Voller Entsetzen mussten die RWE-Manager am Dienstag mitansehen, wie ihre Aktie wegen der drohenden Kosten des Atomausstiegs in die Tiefe rauschte - in der Spitze um mehr als 13 Prozent. Eilig wurden Teams zusammengetrommelt, um die Lage zu beraten, heißt es in Konzernkreisen.

Das Problem: RWE ist mit über 25 Milliarden Euro hoch verschuldet und lebt bereits von der Substanz, der freie Cash Flow ist laut Halbjahresbilanz negativ (minus 325 Millionen Euro). Falls die Rating-Agenturen nun wegen möglicher Löcher bei den Atom-Rückstellungen ihre Kreditnote senken, dürften Fremdkapitalgeber unruhig und die Finanzierung teurer werden, heißt es weiter. Die Rating-Agenturen haben bereits vor Wochen den Ausblick für RWE auf "negativ" gesenkt.

Die RWE-Sprecherin sagte: "Über Änderungen des Ratings spekulieren wir nicht. Nur so viel: Anders als der sehr volatile Aktienmarkt nehmen Ratingagenturen eine eher langfristige Perspektive ein." Zudem habe RWE jüngst eine Anleihe erfolgreich finanziert.

Am Montagabend waren die ersten Zahlen aus dem Gutachten bekannt geworden, das im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums die Nachhaltigkeit der Atomrückstellungen untersucht. Im schlechtesten Szenario klafft demnach eine Lücke von bis zu 30 Milliarden Euro, allein bis zu zehn Milliarden bei RWE. Als am Dienstag die Lawine an den Börsen losbrach, halfen weder Beteuerungen der Konzerne, die Rückstellungen seien ausreichend, noch die Erklärung des Ministeriums-Sprechers, das Ergebnis des Stresstestes liege noch gar nicht vor. Am Ende musste Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel selbst in die Bütt. Seine Erklärung, die Zahlenspiele seien keine Grundlage für konkretes Handeln, brachte die Börsenlawine vorerst zum Stoppen.

Doch seitdem regieren Hektik und Hilflosigkeit in Essen - wie sich auch gestern zeigte. Zunächst kam es RWE mindestens zupass, dass die "Wirtschaftswoche" am Morgen meldete, die arabische Investmentgesellschaft Aabar Investment stehe kurz vor einem Einstieg bei RWE oder seinen Projekten. Prompt ging die Aktie hoch. Erst verzögert erklärte RWE: "Wir können die Meldung so nicht bestätigen. Wir konzentrieren uns in fortlaufenden Gesprächen darauf, die Möglichkeiten zur gemeinsamen Durchführung von einzelnen lokalen Projekten auszuloten. Das Thema Kapitalbeteiligung verfolgen wir nicht weiter."

Damit nicht genug: Nun droht RWE auch noch der Ausstieg aus dem Dax. Zum Stichtag 27. November entscheidet die Börse, ob ein Konzern außerordentlich den Dax verlassen muss. Das wäre der Fall, wenn RWE in der Rangliste der Unternehmen (gemessen an Wert und Handelsvolumen) nicht mehr unter den Top 45 wäre. Wegen der Talfahrt der Aktie liegt RWE in puncto Kapitalisierung laut Landesbank Baden-Württemberg auf Platz 40. Weil Fonds, die sich am Dax orientieren, Abstiegskandidaten meist verkaufen, droht weiterer Kursverfall.

Das ist die schwarze Kulisse, vor der heute in Essen der Aufsichtsrat zusammenkommt. RWE-Chef Peter Terium muss sich auf beißende Kritik der kommunalen Aufsichtsräte gefasst machen. "Wir erwarten eine schonungslose Analyse des Vorstands", sagte ein Vertreter von ihnen. Es werde nicht reichen, wenn Terium allein auf die allgemeine Branchenkrise verweise. Er müsste auch sagen, wie er die hausgemachten Probleme lösen wolle. Dazu gehören der Gewinnabsturz in England, die drohende Milliarden-Strafe im Streit mit dem arabischen Gaskonzern Dana und die von der EU infrage gestellten geplanten Hilfen für Braunkohle-Kraftwerke.

Die Kritik der Städte an Terium, dessen Vertrag bis 2021 läuft, wächst. Nun wollen sie auch personell die Weichen neu stellen: In der Sitzung des Personalausschusses wollen sie heute Aufsichtsrats-Chef Manfred Schneider beauftragen, Gespräche mit Werner Müller aufzunehmen und ihn als neuen Aufsichtsrats-Chef zu gewinnen. Schneider tritt im Frühjahr altersbedingt ab. Müller, Chef der RAG-Stiftung, ist der Favorit der Kommunen, weil er energiepolitisch erfahren und (anders als sein Kontrahent, der frühere SAP-Finanzchef Werner Brandt) strategisch versiert ist.

Auf der Tagesordnung des Aufsichtsrates stehen auch "Vorstandspersonalien". RWE will im Zuge seines Umbaus zum Stammhaus seinen Vorstand erweitern. Statt einem soll es vier operative Vorstände geben (siehe Kasten). Das Ganze soll aber erst 2017 kommen und ist auch mit keinem neuen Geschäftsmodell verbunden. Die RWE-Krise bleibt.

(anh)
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