Schienenkartell Thyssenkrupp erleidet Schlappe vor Gericht

Duisburg · Der Konzern wollte von seinem früheren Vertriebsleiter Schadenersatz wegen dessen angeblicher Beteiligung am sogenannten Schienenkartell haben. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied jetzt gegen die Essener.

Im Streit um Schadenersatzzahlungen eines Ex-Verkaufsleiters hat der Industriekonzern Thyssenkrupp eine Niederlage einstecken müssen. Das Düsseldorfer Landesarbeitsgericht entschied, dass der Ex-Manager nicht persönlich für illegale Preisabsprachen im sogenannten "Schienenkartell" verantwortlich gemacht werden könne und deshalb keinen Schadenersatz an den Essener Konzern leisten müsse (Az.: 14 Sa 800/15).

Hintergrund des Verfahrens: Zwischen 2001 und 2011 soll es Preisabsprachen mehrerer Stahlunternehmen beim Verkauf von Schienen an die Deutsche Bahn und private Verkehrsunternehmen gegeben haben. Aufgeflogen war der Fall, weil sich das österreichische Unternehmen Voestalpine bei der Kartellbehörde im Austausch für eine geringere Kartellbuße selbst angezeigt hatte. Allein die Deutsche Bahn hatte nach eigenen Angaben durch den Fall einen Schaden von 550 Millionen Euro plus 300 Millionen Euro Zinsen erlitten. Das Kartellamt verhängte Rekordbußgelder. Diese summierten sich bei Thyssenkrupp auf 191 Millionen Euro. Zudem einigte sich der Konzern mit der Deutschen Bahn auf eine Schadenersatzzahlung von deutlich mehr als 100 Millionen Euro.

Das Landesarbeitsgericht erklärte gestern, dem Ex-Vertriebsleiter hätte nicht eindeutig nachgewiesen werden können, dass er an Kartellabsprachen beteiligt war. Stattdessen sprach die Richterin, von einem "überwiegenden Mitverschulden der Organe der Beklagten und ihrer Konzernobergesellschaft". Denn es sei gerade der Konzern gewesen, der "das kartellrechtswidrige Absprachesystem geschaffen" habe. Die Richterin bezog sich beispielhaft auf eine Tagung im Jahre 2001.

"Die Anwesenheit der Geschäftsführer und der Vorstände sollte hierbei den Mitarbeitern die kartellrechtswidrige Strategie mit dem nötigen Nachdruck vermitteln", heißt es in einer Mitteilung des Gerichts.

Ein Thyssenkrupp-Sprecher erklärte auf Anfrage: "Die Entscheidung des Gerichts nehmen wir zur Kenntnis. Wir werden die Urteilsgründe einer genauen Analyse unterziehen, sobald uns diese vorliegen. Unabhängig davon ist es uns auch weiterhin ein Anliegen, die handelnden Personen des Schienenkartells individuell zur Verantwortung zu ziehen." Das sei man allen rechtschaffenen und ehrlichen Mitarbeitern im Unternehmen schuldig.

(maxi)
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