Schutz gegen Terroranschläge Das Geschäft mit Sicherheits-Pollern

Düsseldorf · Wegen der gestiegenen Anzahl von Anschlägen mit Lastwagen versuchen immer mehr Städte in Nordrhein-Westfalen, ihre Innenstädte zu schützen. Sicherheitssystem-Firmen bemerken ein wachsendes Interesse an Anti-Terror-Pollern.

 Massive Betonpoller werden zu Silvester 2016 in Frankfurt aufgestellt, um Feiernde zu schützen (Archiv).

Massive Betonpoller werden zu Silvester 2016 in Frankfurt aufgestellt, um Feiernde zu schützen (Archiv).

Foto: Boris Roessler

Berlin, Nizza, Barcelona, Stockholm - vier Städte, die in jüngster Vergangenheit von Anschlägen erschüttert wurden. Jedes Mal wurde ein Lastwagen zur Waffe des Terrors. Daraufhin verschärften auch in NRW Städte ihre Sicherheitsvorkehrungen in den Innenstädten und bei Großveranstaltungen.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte einen entsprechenden Erlass herausgegeben - man wisse, dass solche Anschläge jederzeit auch in NRW passieren könnten.

So stand das Neusser Schützenfest Ende August unter besonderem Schutz: Vier mobile und 15 feststehende Betonabsperrungen der Firma Becks Steinzeit aus dem Saarland sicherten die Zugänge zum Gelände. Bemerkenswert, denn den Hersteller gibt es erst seit Februar. "Wir haben die Firma als Reaktion auf den Anschlag in Berlin gegründet", sagt Geraldine Beck, Tochter des Gründers. "Zu der Zeit wurden überall Müllcontainer und Blumenkästen als Absperrungen verwendet - da gab es kein Durchkommen für Krankenwagen oder die Polizei."

Also erfanden die Mitarbeiter eine mobile Absperrung, die auf einem hydraulischen Fahrwerk fußt. Bei jeder gesperrten Straße wird mindestens ein mobiler Block zwischen mehreren festen verwendet. "So kann der Betonblock im Notfall in weniger als zehn Sekunden zur Seite gefahren werden", erklärt Beck.

Anti-Terror-Blockaden sind derzeit gefragt: "Wir haben jedes Wochenende drei Veranstaltungen und sind in nächster Zeit ausgebucht", so Beck. Das Unternehmen sichert unter anderem die Moerser und die Cranger Kirmes. "Wir rechnen damit, dass die Nachfrage in den nächsten Jahren wegen der strengen Sicherheitsauflagen nicht sinken wird", sagt Beck. "Wir als Unternehmen sind dabei aber keinesfalls glücklich über die Entwicklung."

Trotzdem profitiert die gesamte Branche: "Die Kunden rennen uns die Bude ein", erzählt Michael Braun, Produktionsleiter der Firma Braun Antriebe. "Wir haben unseren Umsatz innerhalb eines Jahres verdoppelt." Genaue Zahlen will er nicht nennen, aber: "Poller verkaufen wir zu Tausenden im Jahr." Neben Geschäften und Architektenhäusern zählen zunehmend Privatpersonen zu den Kunden. "Die machen mittlerweile die Hälfte des Umsatzes aus", sagt Braun. Der Anti-Terror-Bereich umfasse lediglich fünf Prozent des Geschäfts - die Tendenz sei aber klar steigend.

Im Dezember 2016, nach dem Anschlag in Berlin, schickte Braun mehreren Städten Angebote - und erhielt keine Antwort. Seit Barcelona gebe es eine Trendwende, viele Städte machten Ausschreibungen. "Wieso wurde nicht früher etwas gemacht?", fragt er. Außerdem kritisiert der Unternehmer die Kommunen: "Die Städte leihen sich meist Betonklötze anstatt festmontierte zu kaufen - das ist teurer, weil sie mit einem Kran immer auf- und abgebaut werden müssen. Einbetonierte Poller halten dagegen ewig."

Auch Peter Heinen, Geschäftsführer des gleichnamigen Anbieters von Sicherheitssystemen, bestätigt das gestiegene Interesse: "Städte und Bürger haben ein immer größeres Sicherheitsbedürfnis." Das wirke sich (bislang) aber nicht ökonomisch aus: "Wir haben zwar mehr Anfragen, aber keinen direkten Absatzzuwachs", sagt Peer Spittel, Geschäftsführer der Firma Aspitec.

Auch NRW plant zunehmend mit Anti-Terror-Pollern: In Düsseldorf arbeitet die Stadtverwaltung an Sicherheitskonzepten für die Innenstadt; auch bauliche Elemente seien vorgesehen. In Meerbusch hält die Polizei Anti-Terror-Poller bei Großveranstaltungen zusätzlich zu den "normalen" Pollern für erforderlich. In Köln dienen ehemalige Domsteine an Hauptbahnhof und Dom als kurzfristige Sperren. Die Forderung, an zentralen Plätzen generell Poller aufzustellen, kritisiert Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU): "Poller sind auch kein Allheilmittel", sagte er im SWR. "Wir wollen uns nicht abschotten."

Einen anderen Weg geht Duisburg: Die Königstraße in der City wird durch Wassertanks geschützt. "Sie führen zu einer Abbremsung der Fahrzeuge", erklärte ein Stadtsprecher. Für die dauerhafte Sicherung gebe es aber ein anderes Konzept. Die sogenannten Intermediate Bulk Container (IBC) wurden nach Angaben der Stadt nach dem Anschlag in Berlin von der städtischen Feuerwehr angeschafft. Die Umfunktionierung der Wassertanks zur Lkw-Blockade scheint bislang aber eine Ausnahme zu sein: Die IBC-Hersteller Greif und Schütz teilen mit, dadurch keine Umsatzzuwächse zu bemerken.

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