Lokführer Sogar der Betriebsrat kritisiert den langen Bahn-Streik

Düsseldorf · Der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats der Deutschen Bahn, Jens Schwarz, geht nicht von einer schnellen Beilegung des Tarifstreits aus. Das Gros der Beschäftigen sei des Konfliktes aber müde. Deutliche Kritik übt er an beiden Seiten.

Bahnstreik legt Schienenverkehr lahm
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Nach dem Ende des dreitägigen Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bei der Bahn geht Konzernbetriebsratschef Jens Schwarz nicht von einer schnellen Beilegung des Tarifstreits aus. "Derzeit sehen wir keine Lösung für den innerbetrieblichen Konflikt", sagte er unserer Redaktion. Dabei fordere die Belegschaft ein Ende der Querelen. "Es kann nicht sein, dass GDL-Mitglieder die Lokführer, die beamtet oder in der EVG organisiert sind, verbal attackieren." Das Gros der Beschäftigen sei des Konfliktes müde.

Die GDL hatte am Wochenende mit einem 60-stündigen Streik den Bahnverkehr deutschlandweit zum Erliegen gebracht. Der Konzern sprach von einem Schaden in zweistelliger Millionenhöhe. Die GDL fordert fünf Prozent mehr Lohn und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit. Der eigentlich kritische Punkt ist jedoch, dass die Gewerkschaft erstmals nicht mehr nur für die Lokführer, sondern auch für Zugbegleiter, Bordgastronomen, Disponenten und Trainer verhandeln will. Die Bahn lehnt das ab.

Schwarz kritisierte auch das Verhalten des Managements beim jüngsten Arbeitskampf: "Es war sehr ärgerlich, dass sich von den direkten Vorgesetzten keiner auf den Bahnhöfen hat blicken lassen." Die arbeitenden Service-Kräfte hätten die Wut der Kunden abfangen müssen. "Da wünsche ich mir schon mehr Unterstützung durch die Führungskräfte." Zugleich übte Schwarz Kritik an den streikenden GDL-Mitgliedern: "Auch von denen hat sich keiner auf den Bahnsteigen blicken lassen. Die kommen allenfalls, wenn ein TV-Team in der Nähe ist."

GDL-Chef Claus Weselsky hat zwar erklärt, nun eine Woche lang nicht zu streiken. Für gestern und heute allerdings rief die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit die Piloten der Lufthansa zu einem zweitägigen Streik auf. Neben innerdeutschen und Europa-Strecken legen die Flugzeugkapitäne ab heute auch ihre Arbeit auf der Langstrecke nieder. Zwei von drei Lufthansa-Flügen fallen aus. Mit dem achten Ausstand in dem monatelangen Arbeitskampf wächst der Schaden für Europas größten Luftfahrtkonzern.

Die Kritik an dem aggressiven Streikverhalten der Spartengewerkschaften nimmt zu: Der frühere Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen, Oliver Wittke (CDU), hat für die derzeitigen Streiks kein Verständnis. "Es kann doch nicht sein, dass Kleinstgruppen in Tarifauseinandersetzungen den Takt angeben", sagte Wittke. Im Interesse der Gesamtbelegschaft sei die Tarifeinheit unabdingbar. Im Koalitionsvertrag hätten Union und SPD vereinbart, sich des Themas Spartengewerkschaften anzunehmen. "Hier sollte Frau Nahles endlich aktiv werden", forderte der CDU-Politiker von der Bundesarbeitsministerin. Auch Christoph Rasche, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, nannte die Streiks von GDL und Cockpit überzogen.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände forderte die Bundesregierung auf, neben der Tarifeinheit ein sogenanntes verpflichtendes Schlichtungsverfahren zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften einzuführen. Chancen für eine Schlichtung zwischen den beiden zerstrittenen Gewerkschaften EVG und GDL über die Zuständigkeit sieht Schwarz nicht: "Dafür müsste die GDL ihre starre Haltung aufgeben und zumindest ansatzweise kompromissbereit sein. Davon ist im Augenblick nichts zu sehen."

(mar)
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