Ehemalige Landesbank WestLB Steinbrück: Wusste nichts von Offshore

Düssseldorf · Die fragwürdigen Offshore-Geschäfte der WestLB setzen SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück unter Druck. Als Verwaltungsrat war er für die Kontrolle der Bank zuständig. Aber von diesen Geschäften will er nichts gewusst haben.

Das ist Peer Steinbrück
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Was wusste SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück von den dubiosen Steuerparadies-Geschäften der WestLB? Als Wirtschaftsminister, Finanzminister und Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen hat Steinbrück vom 28. Oktober 1998 bis zum 22. Juni 2005 — also fast sieben Jahre lang — maßgeblich die Eigentümerverantwortung des Landes für die ehemalige Landesbank WestLB mit getragen. In dieser Zeit hat die WestLB verschiedene Töchter in einschlägigen Steuerparadiesen wie den Bermudas, den Cayman Inseln oder im irischen Dublin gekauft oder gegründet. Die Spätfolgen dieser Geschäfte belasten den Steuerzahler noch heute mit Milliardenrisiken.

Steinbrück bestreitet, von diesen Geschäften gewusst zu haben. "Die infrage stehenden Aktivitäten liegen größtenteils über zehn Jahre zurück", sagte er am Dienstag unserer Redaktion. "Meiner Erinnerung nach hat das Thema Offshore-Beteiligungen in keiner der Verwaltungsrats-Sitzungen, an denen ich teilgenommen habe, eine Rolle gespielt." Die überwiegende Anzahl ihrer hoch riskanten Geschäfte sei die WestLB erst nach dem Wegfall der Staatsgarantien im Sommer 2005 eingegangen — "also zu einem Zeitpunkt, zu dem ich längst nicht mehr Verwaltungsratsmitglied und Ministerpräsident des Landes NRW war", so Steinbrück.

Portigon, die Nachfolge-Organisation der WestLB, erklärte zur Rolle des Verwaltungsrates bei den Offshore-Aktivitäten der WestLB unlängst: "Im Rahmen der Satzung und soweit diese dies vorschreibt (dies hängt von der Beteiligungshöhe und der Bedeutung des Beteiligungsunternehmens ab) wurde der Aufsichtsrat über die Gründung von Beteiligungen ordnungsgemäß informiert." Vom 29. Oktober 1998 bis zum 30. August 2002 war Steinbrück stellvertretender Vorsitzender des WestLB-Verwaltungsrates und Mitglied weiterer Bankgremien wie dem Präsidialausschuss und dem Kreditausschuss.

Vermutung der "Steuergestaltungsakrobatik"

Nach Auskunft des NRW-Finanzministeriums auf eine Anfrage des FDP-Fraktionsvizes im Landtag, Ralf Witzel, nahm Steinbrück von 1998 bis 2002 an acht Sitzungen der Gewährträgerversammlung teil, ferner an 15 Sitzungen des Verwaltungsrates sowie an 33 Sitzungen des Präsidialausschusses. Gefehlt hat Steinbrück in diesem Zeitraum nur bei vier Sitzungen dieser drei Gremien.

In dieser Zeit nahm das Offshore-Geschäft der WestLB Fahrt auf. Laut Portigon begab die WestLB Finance Curacao bis 2001 von der Karibikinsel aus zahlreiche Anleihen. 23 davon mit einem Gesamtvolumen von 1,1 Milliarden Euro sind noch heute aktiv und laufen teilweise erst in 28 Jahren aus. Auch unter Steinbrücks Kontrolle gründete die WestLB 2002 die "WestLB Covered Bond Bank" in Dublin sowie 2001 die "WestCommodities" auf den Cayman Islands. Eine weitere Tochter auf den Caymans, die jetzt erst abgewickelt wird, erhielt ihre Lizenz bereits 1975.

Warum diese Firmen in Steuerparadiesen operierten und die Arbeit nicht in der Düsseldorfer Zentrale erledigt werden sollte, ist unklar. Einige davon waren zumindest zeitweilig reine Briefkastenfirmen. Externe Experten wie der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, vermuten hinter diesen Geschäften "Steuergestaltungsakrobatik" und fordern eine Sonderprüfung. Portigon und auch das NRW-Finanzministerium verweisen darauf, dass der Betrieb von Töchtern in Steueroasen bei Großbanken üblich ist.

(tor)
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