Weg frei für Obermann Telekom-Chef Ricke tritt ab

Bonn (RPO). Telekom-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke ist dem Druck auf seine Person erlegen und gibt seinen Posten ab. Das Aufsichtsratspräsidium habe sich mit Ricke darauf geeinigt, das Arbeitsverhältnis zum 13. November zu beenden. Damit scheidet Ricke schon heute seinem Amt aus.

Die Karriere des Kai-Uwe Ricke
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Foto: ddp

Anlegerschützer haben die Ablösung des Telekom-Chefs begrüßt. Das Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), Reinhild Keitel, bezeichnete den Schritt in der "Berliner Zeitung" als konsequent. "Durch die rasante Entwicklung im Festnetzgeschäft droht die Telekom ihre Existenzgrundlage zu verlieren. Ricke hat darauf keine Antwort gefunden", sagte Keitel. Mit der Billigkonkurrenz, die für wenig Geld Flatrates für Internet und Telefon anbiete, könne die Telekom nicht mithalten. Ricke habe zwar den Schuldenabbau der Telekom vorangetrieben, doch sei es ihm nicht gelungen, die Geschäftsstrategie des Konzerns weiterzuentwickeln, sagte Keitel dem Blatt weiter. "

Der Aufsichtsrat will sich nach Angaben der Deutschen Telekom AG am heutigen Montag mit Rickes Nachfolge beschäftigen; ein Telekom-Sprecher wollten sich zur Nachfolge zunächst nicht äußern. Laut "Spiegel Online" und "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" soll T-Mobile-Chef René Obermann mit sofortiger Wirkung Rickes Nachfolge übernehmen.

Obermann hat demnach dem Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel bereits zugesagt, Rickes Posten zu übernehmen. Der Chef der Telekom-Mobilfunksparte könnte seinen Posten schon in der neuen Woche antreten, hieß es.

Das vierköpfige Präsidium des Aufsichtsrats war am Sonntagabend in Bonn zusammengekommen. Zuvor hatten sich Gerüchte verdichtet, dass Ricke bald abtreten müsse. Kritiker machen seinen Kurs dafür verantwortlich, dass der Telekom die Festnetz-Kunden in Scharen davonlaufen. Außerdem wurde der 45-Jährige wegen seiner massiven Personalabbau-Pläne von Arbeitnehmervertretern kritisiert. Hintergrund ist offenbar Verärgerung bei den Telekom-Hauptaktionären, dem Bund und der US-Investmentgesellschaft Blackstone, über Kundenverluste, enttäuschende Gewinne und den schlechten Aktienkurs der Telekom.

Vertrag bis 2007

"Bis zum Weihnachtsgeschäft braucht der Konzern eine klare Führung", zitiert die "Frankfurt Allgemeine Sonntagszeitung" aus Eigentümerkreisen. Zwar habe sich Obermann in der Vergangenheit mehrfach klar zu Ricke bekannt. Wenn ihn der Aufsichtsrat aber bitte, Rickes Position zu übernehmen, werde er nicht Nein sagen. Ricke, der seit vier Jahren an der Telekom-Spitze steht, hat einen bis Herbst 2007 laufenden Vertrag. Üblich bei Konzernen wäre eine Verlängerung im Jahr zuvor.

Noch am Donnerstag hatte Ricke bei der Vorstellung der Zahlen fürs dritte Quartal betont, dass der Umsatzrückgang im Inland seit dem zweiten Quartal praktisch gestoppt sei. Neue Bündelangebote für Telefon und Internet per DSL, die erst durch die Wiedereingliederung von T-Online seit Juni möglich geworden seien, erwiesen sich als "erfolgreichste Tarifeinführung in der Geschichte der Telekom".

Ricke hat eine Straffung der Zuständigkeiten im Vorstand und ein ehrgeiziges Sparprogramm angekündigt, das aber ohne weiteren Arbeitsplatzabbau auskommen soll. Die neue Strategie sollte der Aufsichtsrat nach ursprünglicher Planung am 5. Dezember absegnen.

Nach der bereits laufenden Trennung von 32.000 Mitarbeitern bis 2008 will Ricke 45.000 der 80.000 Mitarbeiter der Festnetzsparte T-Com Ricke in neue Geschäftsbereiche ausgliedern: 35.000 Kundendiensttechniker sollen im nächsten Jahr zur neuen Unterfirma T-Service gehen, 10.000 Beschäftigte in Call-Centern ebenfalls in einen eigenen Bereich.

Die rasche Abfolge der Ereignisse hatten offenbar den Vorstandschef selbst überrascht. Noch am Sonntag veröffentlichte der "Focus" ein Interview mit Ricke, worin dieser von Teilen der Belegschaft erheblich Zugeständnisse verlangte, um einen weiteren Personalabbau in der kriselnden Festnetzsparte zu vermeiden. "Wir wollen die Wochenarbeitszeit von 34 auf 38 Stunden anheben - ohne Stellen abzubauen", wurde er mit Blick auf die 45.000 Kundendienst- und Call-Center-Mitarbeiter zitiert. "Zudem möchten wir, dass die Arbeitszeit künftig nicht mehr beginnt, wenn der Mitarbeiter durch die Eingangspforte geht, sondern wenn er sich am Computer einloggt." Zugleich sprach er sich für eine Kürzung der Wochenendzulagen aus.

(ap)
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