Interview mit Technikvorstand Kozel Telekom will Flatrates aufspalten

Düsseldorf (RPO). Die Deutsche Telekom will sich von den bisherigen Flatrates im Mobilfunk verabschieden. "Bei Flatrates für Handys müssen wir schon darauf achten, dass Nutzer von extrem vielen Videos eine Drosselung ihres Tempos in Kauf nehmen oder mehr zahlen müssen als Nutzer mit normaler Datennutzung", sagte der für Technologie zuständige Vorstand Edward Kozel in einem Interview mit unserer Redaktion.

 Edward Kozel sprach mit unserer Redaktion über die Pläne der Telekom.

Edward Kozel sprach mit unserer Redaktion über die Pläne der Telekom.

Foto: ddp-Archiv

Herr Kozel, Sie kommen aus der amerikanischen High-Tech-Gründer-Szene, die Telekom ist ein ehemaliger Staatskonzern. Wie empfinden Sie den Wechsel?

Kozel: Bei der Telekom geht es ganz schön flott zur Sache. Trotzdem müssen wir nach vorne schauen: Wir müssen einfacher werden. Wir müssen schneller werden. Wir müssen innovativ mehr riskieren und wir müssen die Kunden noch besser verstehen.

Warum warten Sie nicht einfach, bis Apple, Samsung und Co. neue Produkte auf den Markt bringen?

Kozel Wir sind diejenigen, die Milliardensummen in neue Netze stecken. Darum haben wir ein extrem hohes Interesse, dafür neue Dienste zu vermarkten. Mit Telefonie verdienen wir immer weniger, darum setzen wir auf innovative Dienste und Geräte für unsere Kunden.

Strebt die Telekom mit Ihnen mehr Partnerschaften mit kleineren High-Tech-Firmen an?

Kozel: Wir wollen uns an einer Reihe kleinerer High-Tech-Firmen beteiligen, um so völlig neue Dienste zu entwickeln. Davon wollen wir doppelt profitieren: Erstens soll der Wert unserer Anteile insgesamt wachsen. Zweitens sollen die neuen Dienste das Stammgeschäft des Netzbetriebes mit aktuell 183 Mio Mobilfunk- und Festnetzkunden weltweit weiter in Fahrt bringen. So erhoffen wir uns, wie vor kurzem auf der Mobilfunkmesse in Barcelona angekündigt, Erfolg mit unserem neuen Video-Konferenz-Dienst in Partnerschaft mit der Firma Blue Jeans Network, der Systeme der verschiedensten Hersteller zusammenschaltet.

Zum Sommer führen Sie neue Tarife für mobiles Surfen im Ausland ein, bei dem eine Woche Surfen in der EU noch 14,95 Euro kostet. Haben Sie Geld zu verschenken oder glauben Sie, dass das auf Dauer sogar mehr Einnahmen bringt?

Kozel: Ich bin überzeugt, dass uns günstigere Surf-Preise im Ausland langfristig mehr Einnahmen bringen werden. Aktuell nutzen nur drei Prozent unserer Kunden das Handy, um im Ausland mobil zu surfen. Wenn wir nun die Nutzung auch im Ausland für unsere Kunden deutlich attraktiver machen, wird das unseren Umsatz erhöhen, obwohl wir natürlich im Ausland wiederum an andere Telefonfirmen für die Netznutzung bezahlen müssen.

Wie günstig müssen Smart-Phones werden?

Kozel: Damit Smartphones wirklich von jedem genutzt werden, wollen wir deutlich günstigere Geräte anbieten. Der endgültige Preis eines Smartphones hängt natürlich immer auch vom Tarif ab. Aber wir peilen in Deutschland Gerätepreise an, die niemanden mehr abschrecken, das mobile Web zu nutzen.

Müssen Sie sich mit zunehmender Nutzung von Smartphones auch zum Download von Filmen langsam von undifferenzierten Flatrates verabschieden?

Kozel: Ja. Früher haben wir Telefonminuten verkauft. Jetzt sind es immer mehr Flatrates für Sprache und Daten. Und künftig werden wir deutlich vielfältigere Einnahmen bekommen. Wir werden zum Beispiel mit Werbung Geld verdienen und wir denken, dass es Firmen etwas wert ist, wenn wir ihre Dienste noch schneller durchleiten. Und bei Flatrates für Handys müssen wir schon darauf achten, dass Nutzer von extrem vielen Videos möglicherweise mehr zahlen oder eine Drosselung ihres Tempos in Kauf nehmen müssen als Nutzer mit normaler Datennutzung. Auf mobilen Geräten werden sich differenzierte Flatrates immer mehr durchsetzen. Sehr wichtig wird sein, dass für unseren Kunden alles transparent ist.

Ein wie hoher Anteil des Telekom-Umsatzes soll künftig aus Geschäften kommen, bei denen nicht die Endkunden die Rechnung zahlen?

Kozel: Aktuell stammt der Umsatz praktisch komplett von den Kunden. Das könnte in zehn oder 15 Jahren deutlich weniger sein, wenn ein erheblicher Teil des Umsatzes von neuen Quellen wie zum Beispiel Werbung kommt."

Was denken Sie über Nokia und Microsoft?

Kozel: Wir hoffen, dass dieses Duo erfolgreich sein wird. Apple bietet hervorragende Geräte für das mobile Web nun schon seit vier Jahren an, die große Gruppe von Geräten basierend auf Android von Google ist extrem erfolgreich. Da haben wir als Telefonkonzern ein großes Interesse daran, dass es ein drittes Angebot inklusive Inhalten und Mini-Programmen ("Apps") als drittes Ökosystem im Markt gibt.

In vier neuen Bereichen will die Telekom neue Geschäfte aufbauen, also bei Automobilen, bei Energie, E-Medizin und beim Geschäft mit Medienkonzernen. Stimmt es, dass Sie schon zur Cebit ein Verkaufsportal für Online-Medien vorstellen wollen.

Kozel: Wir sehen uns in allen vier Bereichen auf gutem Weg, das Ziel von gemeinsam 1 Milliarde Euro Umsatz bis 2015 zu erreichen. Und da der Verkauf von Inhalten über das Web immer wichtiger wird, werden wir auf der CEBIT einige Details zu einer Art elektronischem Kiosk vorstellen. Das wird sicher spannend.

Sie wollen mit Frankreichs Telefongigant France Telecom bei neuen Technologien zusammenarbeiten. Ist das die Vorstufe zur Fusion?

Kozel: Nein, an eine Fusion denken wir nicht. Seit wir aber unsere Mobilfunkfirmen in Großbritannien erfolgreich zusammengeführt haben, überlegen wir uns weitere Kooperationen im Bereich der Technologie: Es geht darum, dass wir uns bei neuen Projekten gegenseitig die Bälle zuspielen. Zum Beispiel hat die Deutsche Telekom viele interessante Projekte zur Verknüpfung von Handy und Auto entwickelt - also kann France Telecom davon profitieren. Wir können unseren Kunden gegenseitig den Vorteil geben, W-Lan-Stationen zu nutzen. Wir wollen auch gemeinsam für E-Health-Standards in Europa werben - das kann maßgeblich dazu beitragen diesen neuen Markt schneller aufzubauen

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