Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff beantragt erneut Haftprüfung

Essen · Nach knapp fünfmonatigem Gefängnisaufenthalt dringt der frühere Spitzenmanager Thomas Middelhoff erneut auf Entlassung aus der Untersuchungshaft. Er leidet nach Angaben seines Anwaltes an einer seltenen Krankheit.

Managerabstürze: Middelhoff, Homm, Zumwinkel
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Der Ex-Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor habe aus gesundheitlichen Gründen Haftprüfung beim Landgericht Essen beantragt, teilten seine Anwälte am Mittwoch mit. Er befinde sich in der Universitätsklinik Essen. Die Ärzte gingen von einer seltenen Autoimmunerkrankung aus, die sich in der Haft verschlimmert habe. "Der über Wochen praktizierte und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gerechtfertigte Schlafentzug in der JVA Essen und die sodann eingetretene gravierende und nur unzulänglich behandelte Autoimmunerkrankung liegen in der Verantwortung der Justiz", erklärten die Anwälte.

Das Gericht bestätigte den Eingang des Haftprüfungsantrags. Die Kammer werde diesen nun prüfen und Middelhoff möglicherweise zu einem Anhörungstermin laden, sagte ein Sprecher. Der Ex-Manager, der vergangene Woche Privatinsolvenz anmeldete, war Mitte November vom Landgericht Essen wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt und noch im Gerichtssaal festgenommen worden.

Richter Jörg Schmitt ordnete mit der Begründung der Fluchtgefahr Untersuchungshaft für Middelhoff an. Medienberichten zufolge beklagen die Anwälte, dass Middelhoff über einen Zeitraum von 672 Stunden nicht schlafen konnte, da er Tag und Nacht zu jeder Viertelstunde kontrolliert worden sei, um einen Suizid zu verhindern. Dazu hätten die Justizbeamten das Licht in der Zelle einschalten müssen. Die Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages, Renate Künast, reagierte empört. "Andauernder faktischer Schlafentzug durch sogenannte Selbstmordprävention zerstört einen Menschen physisch und psychisch", sagte die Grünen-Politikerin "Spiegel Online". Diese Verletzung der Menschenrechte sei mit nichts zu rechtfertigen. In der Öffentlichkeit fiel gar der Begriff Folter.

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte in Berlin, von Folter in deutschen Gefängnissen wisse er nichts. Zuständig für den Strafvollzug seien zudem die Länder. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, die Bundesrepublik werde regelmäßig von Ausschüssen etwa der Vereinten Nationen oder des Europarats unter die Lupe genommen. Bei ihren Besuchen hätten sie keine Fälle von Folter feststellen können.

Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Medienberichte nach Angaben von Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz nicht kommentieren. Ex-Manager Middelhoff hat wiederholt Haftbeschwerde eingelegt. Die vorherige wurde Mitte März trotz eines Kautionsangebots von rund 900.000 Euro abgewiesen.

(REU)
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