Hauptversammlung in Bochum ThyssenKrupp-Aktionäre verlieren die Geduld

Bochum · Für die Hauptversammlung von ThyssenKrupp am Freitag kündigen Aktionärsvertreter Widerstand gegen zentrale Beschlussvorlagen des Konzerns an. In die Kritik gerät auch Aufsichtsratschef Ulrich Lehner, der das Amt vor einem Jahr von Gerhard Cromme übernommen hat.

Historische Bilder von ThyssenKrupp
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Laut Tagesordnung sollen die Aktionäre dem ehemaligen Henkel-Chef eine jährliche Vergütung von 200.000 Euro genehmigen: Statt der bislang dreifachen soll Lehner künftig die vierfache Grundvergütung eines einfachen Aufsichtsrates erhalten. "Das ist eine Frechheit, die wir nicht mitmachen", sagt der Chef des Verbandes der Institutionellen Privatanleger, Hans-Martin Buhlmann. "Den Aktionären wird die Dividende gestrichen, und die Funktionäre sollen sich bedienen."

Moderater formuliert Ingo Speich seine Kritik. Der Portfoliomanager der Fondsgesellschaft Union Invest sagt: "200 000 Euro sind für einen Dax-Aufsichtsratschef nicht zu viel. Aber angesichts der desolaten Lage ist der Zeitpunkt für eine solche Erhöhung der Bezüge instinktlos."

Der hoch verschuldete Konzern verbuchte drei Milliardenverluste in Folge. Die Eigenkapital-Schmelze zwang Konzernchef Heinrich Hiesinger Anfang Dezember zu einer Kapitalerhöhung. Außerdem musste er Teile des Verkaufs seiner Edelstahlsparte und damit seinen bislang größten Erfolg rückabwickeln. Anders als geplant fand er auch keinen Käufer für das extrem verlustreiche Stahlwerk in Brasilien.

Die Summe der schlechten Nachrichten der vergangenen Monate und die anhaltend dramatische Lage setzen nun auch Hiesinger unter Druck. Die Aktionäre stehen zwar noch hinter ihm: Seine größten Probleme hat Hiesinger geerbt. Aber er steht seit drei Jahren an der Spitze, und noch immer ist kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. "Das Vertrauen der Aktionäre ist weg", deutet Speich an, dass er von Hiesinger in naher Zukunft mehr Resultate erwartet. Speich will auch die Verlängerung des Aufsichtsratsmandates von René Obermann verhindern. Der Ex-Telekom-Chef rückte im Oktober als Nachfolger für Beatrice Weder di Mauro in das Kontrollgremium und soll jetzt für eine volle Amtsperiode bestätigt werden. "Der Mann ist da fachlich falsch. Der Konzern braucht mehr Industrieexpertise im Aufsichtsrat", meint Speich.

Kritisiert wird Lehner heute auch, weil er neben dem Posten bei ThyssenKrupp so viele weitere Mandate wie kaum ein anderer Multiaufsichtsrat hat. Als Aufsichtsratschef von ThyssenKrupp müsse er aber "ausreichend Zeit zur Wahrnehmung seiner vielfältigen Pflichten haben", warnt zum Beispiel Christian Strenger, Aufsichtsrat der Fondsgruppe DWS.

(tor)
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