Tod von Beitz reißt große Lücke ThyssenKrupp ist eine Großbaustelle

ThyssenKrupp ist ohnehin eine der größten Großbaustellen der deutschen Wirtschaft. Noch zieht die Krupp-Stiftung die Fäden. Mit dem Tod von Firmenpatriarch und Stiftungschef Berthold Beitz aber verliert der Konzern seine maßgebliche Persönlichkeit.

Reaktionen auf den Tod von Berthold Beitz
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Foto: dpa, Bernd Thissen

Krupp und Thyssen waren lange der Stolz des Ruhrgebiets - heute steht der Konzern mit massiven Problemen mitten in einem dramatischen Wandel. Vorstandschef Heinrich Hiesinger zeigt bei internen Präsentationen gern das Bild einer Raupe, die zum Schmetterling wird.

Es soll die Mitarbeiter von ThyssenKrupp für einen radikalen Wandel motivieren, den sie vielleicht nicht für möglich gehalten haben. Der angeschlagene Stahlriese wird zu einem Industriekonzern umgebaut, der sich auf mehrere Standbeine stützt. Nur noch in Europa will das Traditionsunternehmen künftig im Stahlgeschäft mitmischen.

Reihe von Verkäufen

ThyssenKrupp gleicht einer Großbaustelle. Eine Reihe von Verkäufen wie den Aktivitäten im zivilen Schiffbau und bei Edelstahl hat der Vorstand innerhalb von zwei Jahren über die Bühne gebracht. Geschäfte mit einem Gesamtumsatz von über zehn Milliarden Euro kamen so in neue Hände. Hinter dem wichtigsten Projekt, dem Verkauf der verlustreichen Stahlwerke in Brasilien und den USA fehlt der Haken allerdings noch.

Der Essener Konzern strebt eine zügige Einigung über den Verkauf von Steel Americas an. Einem Medienbericht zufolge allerdings hängt der Besitzerwechsel wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen am seidenen Faden. ThyssenKrupp will den Befreiungsschlag, den das einstige Prestigeprojekt in Übersee hat nicht nur schätzungsweise zwölf Milliarden Euro gekostet. Es produziert auch laufend Verluste.

Wegen illegaler Absprachen mit anderen Schienenherstellern muss ThyssenKrupp bluten. Das Bundeskartellamt verhängte Bußgelder in einer Gesamthöhe von 192 Millionen Euro. Im wichtigen Geschäft mit Autoblechen kann ThyssenKrupp vorerst aufatmen. Zumindest ein Amnestieprogramm des Konzerns, bei dem Mitarbeitern ohne Angst vor einem Rauswurf reinen Tisch machen konnten, brachte keine schweren Verstöße an das Tageslicht. Das Kartellamt ermittelt aber weiter.

Verkauf von Steel America

Bereits seit Wochen gibt es Spekulationen über eine mögliche Kapitalerhöhung. Erst wenn man sieht, wie viel Geld der Verkauf von Steel America in die leeren Kassen spülen wird und die verschiedenen Kartellvorwürfe weitgehend abgearbeitet sind, dürfte sich der Vorstand positionieren. Den Konzern drückt ein hoher Schuldenberg.

Der künftige Chef der Krupp-Stiftung wird eine Schlüsselposition einnehmen. Die Stiftung ist nicht nur größter Einzelaktionär von ThyssenKrupp. Mit ihrer Sperrminorität von gut 25 Prozent Aktienanteil bestimmt sie wesentliche Weichenstellungen bisher auch mit. Bei einer Kapitalerhöhung könnte die Sperrminorität fallen.

Für die Belegschaft bringt der radikale Konzernumbau, mit dem ThyssenKrupp auch profitabler werden will, große Einschnitte. In der Verwaltung fallen weltweit 3000 Stellen weg, davon etwa die Hälfte in Deutschland. Im europäischen Stahlgeschäft sollen 2000 Arbeitsplätze eingespart werden. Diese Programme betreffen im Verwaltungsbereich zum Teil die selben Stellen. Bis 2015 soll der Großteil erfolgt sein.

(lnw)
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