Es geht um bis zu 800 Jobs ThyssenKrupp verlegt Verwaltungsteile ins Ausland

Essen · Der Konzern verhandelt mit dem Betriebsrat über die Verlagerung von bis zu 800 Jobs ins Ausland. Betroffen sind die Bereiche Lohnbuchhaltung, Finanzen und IT.

Der Konzern verhandelt mit dem Betriebsrat über die Verlagerung von bis zu 800 Jobs ins Ausland. Betroffen sind die Bereiche Lohnbuchhaltung, Finanzen und IT.

Der angeschlagene Industriekonzern ThyssenKrupp will sein konzerneigenes Dienstleistungs-center ("Shared Services") ins Ausland verlagern. Als neuer Standort im Gespräch sind die Niedriglohn-Länder in Osteuropa. Von den Plänen betroffen sind bis zu 800 Mitarbeiter der Verwaltung, vor allem aus den Bereichen Finanzdienstleistung, IT (Informationstechnologie) und Lohnbuchhaltung. Wilhelm Segerath, Konzernbetriebsratschef und Mitglied des Aufsichtsrates, sagte gestern: "Wir verhandeln gegenwärtig mit dem Management über die Ausgliederung und die Auslagerung von Shared Services ins Ausland." Die Verhandlungen seien noch in einem frühen Stadium, der Betriebsrat könne sie noch nicht abschließend bewerten.

Ein Sprecher von ThyssenKrupp bestätigte die Verhandlungen. Es gebe noch keine Entscheidung. "Wesentliche Funktionen der bisherigen Shared-Service-Einheiten wie der ThyssenKrupp Business Services und der ThyssenKrupp IT Services werden in Zukunft in der weltweit aufgestellten Einheit Global-Shared-Services gebündelt", sagte der Sprecher. An der konkreten Ausgestaltung werde gerade "unter Einbindung der Mitbestimmungsgremien" gearbeitet.

ThyssenKrupp hat die internen Dienstleistungen erst 2009 in der Konzernzentrale gebündelt, die ein Jahr später von Düsseldorf nach Essen umzog. Der Vorstand versprach sich von der Neugliederung damals jährliche Einsparungen in Höhe von 500 Millionen Euro.

Die Verlagerung von Verwaltungsjobs in Niedriglohn-Länder ist bei Dax-Konzernen derzeit in Mode. So will zum Beispiel die Lufthansa rund 700 Stellen ins Ausland verlagern und der Energieriese RWE kündigte den Umzug von zunächst 99 Verwaltungsjobs nach Polen an. Sein Wettbewerber Eon hat 600 Buchhaltungs-Jobs nach Rumänien verlagert, auch der Konsumgüterkonzern Henkel will 3000 Verwaltungsjobs in ausländischen Service-Centern bündeln. Betroffen ist fast immer die Buchhaltung, oft auch der zentrale Einkauf und zuarbeitende Kräfte der Finanzabteilungen. Experten sprechen von "Offshoring" und beziffern das Einsparpotenzial solcher Maßnahmen auf 25 bis 40 Prozent der betroffenen Personalkosten.

Sorgen bereitet den weltweit knapp 170 000 Mitarbeitern von ThyssenKrupp auch die neue Führungsstruktur, die Konzernchef Heinrich Hiesinger gerade aufbaut. Sie zielt auf eine Entmachtung der Konzernzentrale zugunsten größerer Kompetenzen in den Regionen und Fachbereichen ab. "Wir wollen eine Netzwerkorganisation werden", formuliert das ein Sprecher. Vor dem Hintergrund der dramatischen Schieflage des Stahlgeschäftes, das inzwischen auch profitable Geschäftsbereiche wie den Anlagen- und Aufzugbau gefährdet, befeuert die neue Struktur im Konzern aber die schon lange kursierenden Zerschlagungs-Gerüchte. Auch wenn eine Zerschlagung nicht Ziel der neuen Netzwerkstruktur ist, dezentral geführte Konzerne mit selbstständigen Einheiten lassen sich leichter filettieren.

(RP)
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