Viele reagieren entsetzt Umstrittene Patente auf Brokkoli und Tomaten bleiben bestehen

München · Die umstrittene Patentierung bestimmter Pflanzenzüchtungen bleibt bestehen. Wie die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) in München in einer am Freitag bekannt gewordenen Entscheidung klarstellte, können solche konventionell gezüchteten Pflanzen patentiert werden, auch wenn dies für ihre Züchtungsmethode nicht möglich ist.

 In Deutschland ist die Patentierung von Pflanzen aus konventioneller Züchtung verboten.

In Deutschland ist die Patentierung von Pflanzen aus konventioneller Züchtung verboten.

Foto: Shutterstock.com/ Francesco83

Konkret ging es in dem Streit um Tomaten- und Brokkolisorten, die nun getroffene Entscheidung ist aber von grundsätzlicher Bedeutung. Gegner der Agrarindustrie reagierten entsetzt. Nach Ansicht der Großen Beschwerdekammer des EPA ist es nach dem Europäischen Patentübereinkommen möglich, durch konventionelle Züchtung erzeugte Pflanzenteile wie Früchte oder Samen zu patentieren.

Grüne sehen in Entscheidung einen Skandal

Dass die konventionelle Züchtung selbst nicht patentierbar sei, stehe dem nicht entgegen. Die Entscheidung ist endgültig. Die Kammer wies darauf hin, dass es bei der Frage der Pflanzenpatente zahlreiche ethische, soziale und ökonomische Aspekte gebe, sich das Gremium aber ausschließlich um die Rechtsauslegung zu kümmern habe.

Die Grünen im Europaparlament nannten den Standpunkt der Beschwerdekammer einen "Skandal". Das Patentamt entscheide nicht im Interesse der Bürger und Landwirte, "sondern im Sinne seiner zahlenden Kunden, nämlich der Agrarindustrie, die sich durch Patente Marktmonopole sichern will", erklärte der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Martin Häusling. Nun müsse die EU-Kommission eingreifen und die maßgebliche Patentrichtlinie ändern.

Initiativen gegen die Patentierung bereits in Planung

Auch der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) verlangte eine Änderung der Richtlinie. Dafür müsse sich die Bundesregierung in Brüssel "energisch" einsetzen, verlangte der Verbandsvorsitzende Felix zu Löwenstein. "Züchter und Landwirte brauchen den freien Zugriff auf die genetische Vielfalt aller Pflanzensorten und Tierrassen."

Die Vereinigung Keine Patente auf Saatgut forderte zudem Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) auf, im Verwaltungsrat des Europäischen Patentamts eine Initiative gegen die Patentierung konventionell gezüchteter Pflanzen zu starten. Die Politik müsse das Amt "in seine Schranken" weisen, erklärte das Bündnis, dem unter anderem Greenpeace und Misereor angehören. In Deutschland ist die Patentierung von Tieren und Pflanzen aus konventioneller Züchtung verboten. Dies ist für das EPA aber nicht bindend.

(AFP)
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