Uniper-Chef Schäfer im Interview "Wir brauchen neue Kraftwerke"

Düsseldorf · Der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper denkt über den Neubau von Kraftwerken in Deutschland nach. Allerdings müssten dafür die Strompreise steigen, sagt der Vorstandsvorsitzende Schäfer im Interview mit unserer Redaktion.

 "Fortum lässt weiterhin Klarheit darüber vermissen, was sie anstreben": Klaus Schäfer.

"Fortum lässt weiterhin Klarheit darüber vermissen, was sie anstreben": Klaus Schäfer.

Foto: dpa, ve abl

Der Düsseldorfer Versorger Uniper steht inmitten einer spannenden Übernahmeschlacht. Wir treffen Uniper-Chef Klaus Schäfer an einem Vormittag in der Düsseldorfer Zentrale. Er kommt gerade aus Moskau, wo er seine russischen Führungskräfte getroffen hat.

Der aggressive Hedgefonds Elliott hat seinen Anteil an Uniper auf 7,4 Prozent erhöht. Haben Sie Angst, dass Uniper zum Spielball der Finanzmärkte wird?

Schäfer Nein. Elliott hat zwar einen gewissen Ruf. Aber wir kennen den Fonds auch als Investor, der an Beteiligungen langfristig interessiert ist. Wir sind mit allen Anteilseignern in vernünftigen Gesprächen.

Der finnische Versorger Fortum will Uniper übernehmen. Wie oft haben Sie inzwischen mit Fortum-Chef Pekka Lundmark gesprochen?

Schäfer Wir haben ein paar Mal telefoniert und uns zweimal getroffen. Die Gespräche finden auf sachlicher Ebene statt, aber ...

... aber?

Schäfer …die Gespräche gehen nicht so zügig voran, wie wir uns das wünschen. Ich würde den Uniper-Mitarbeitern gerne möglichst bald das Signal geben, dass Fortum verbindlich zu allem steht, was sie öffentlich angekündigt haben. Doch Fortum möchte sich offenbar noch nicht festlegen.

Können oder wollen die Finnen nicht?

Schäfer Natürlich ist klar, dass die Inhalte solcher Gespräche vertraulich sind. Aber so viel kann ich sagen: Fortum lässt weiterhin Klarheit darüber vermissen, was sie anstreben. Mein Ziel ist es, den Mitarbeitern von Uniper möglichst frühzeitig Sicherheit über die Zukunft des Unternehmens zu geben. Das sorgt für Verunsicherung. Dabei ist doch gerade eine motivierte Uniper-Belegschaft, die erfolgreich arbeitet, auch in Fortums Interesse.

Sie haben vor Wochen Lundmark einen Wolf im Schafspelz genannt. Sehen Sie das noch immer so?

Schäfer Die Zeit wird zeigen, wie Fortum am Ende zu bewerten ist. Und ich würde mich natürlich freuen, wenn ich dies einmal zurücknehmen dürfte.

Haben Sie inzwischen Lundmarks Handynummer?

Schäfer Ja — und er meine.

Wie viele Uniper-Aktien wurden Fortum schon angedient?

Schäfer Bislang 548.000, das sind 0,15 Prozent aller Uniper-Aktien. Da der Börsenkurs deutlich über dem Fortum-Angebot liegt, ist es für keinen Aktionär interessant, jetzt an Fortum zu verkaufen. Am 2. Februar läuft die erweiterte Angebotsfrist ab, dann werden wir sehen, wie viele Aktionäre Fortums Angebot annehmen.

Eine Klage oder andere Maßnahmen haben Sie endgültig verworfen?

Schäfer Wir glauben weiterhin fest daran, dass Uniper als eigenständiges Unternehmen erfolgreich im Wettbewerb bestehen kann. Und natürlich gehört zu unserer Verantwortung als Management, dass wir alle zulässigen Optionen prüfen. Aber wogegen sollten wir klagen? Die Frage ist doch eher, ob andere Investoren, die auf einen Verkauf des 47-Prozent-Anteils von Eon am Markt gesetzt hatten, zu juristischen Mitteln greifen werden.

Haben Sie mit Eon-Chef Teyssen inzwischen gesprochen?

Schäfer Da gibt es nichts mehr zu reden. Ich konzentriere mich auf Uniper und freue mich, dass wir erfolgreich unseren Ankündigungen Taten folgen lassen und unsere Strategie intern wie extern gut ankommt.

Eon hat unlängst einen Appell für den raschen Kohleausstieg unterschrieben. War das ein neuer Schlag?

Schäfer Früher stand Eon einmal zu seinen Überzeugungen. Dass der Konzern nun, kaum, dass er sich von der Mehrheit an Uniper trennt, die Richtung ändert, müssen andere beurteilen. Unabhängig davon glaube ich nicht, dass die Stimme von E.ON entscheidend ist beim Thema Kohleausstieg ja oder nein.

Angesichts der Konsolidierung der Branche wird über ein Zusammengehen mit RWE spekuliert. Auch EnBW will Kraftwerke verkaufen. Was ist da dran?

Schäfer Nur so viel: Größe an sich ist kein Wert. Ich glaube nicht, dass Konsolidierung in unserem Marktumfeld großen Mehrwert schaffen kann. Wir haben im Wettbewerbsvergleich doch ein tolles Portfolio und ich bin ehrlicherweise nicht sonderlich traurig, dass wir bei Uniper kaum Braunkohle haben. Uniper steht für Versorgungssicherheit. Wenn einzelne Kraftwerke, insbesondere Gaskraftwerke, auf den Markt kommen, werden wir sie uns anschauen — unabhängig davon, ob diese in Deutschland oder Großbritannien stehen oder wem sie gehören.

Will Uniper neue Gaskraftwerke bauen?

Schäfer Spätestens, wenn 2022 das letzte deutsche Kernkraftwerk vom Netz ist, wird sich das Thema Versorgungssicherheit neu stellen. Wir werden bestehende und vielleicht auch neue Gaskraftwerke in Deutschland brauchen, um die Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen. Uniper ist auf diesem Gebiet sehr gut vertreten und hat viel Expertise. Unsere Kraftwerke sind hoch modern und liegen geographisch an den zentralen Schnittstellen des Strommarktes. Ich kann mir schon vorstellen, irgendwann neue zu bauen oder bestehende Anlagen zu erweitern. Allerdings nicht in dem heutigen Marktumfeld.

Auch in NRW?

Schäfer Auch in NRW, schließlich liegen hier neben dem Süden die Industriezentren des Landes.

Bei 35 Euro pro Megawattstunde Strom lohnt sich das doch nicht ...

Schäfer Bei den aktuellen Preisen erwirtschaften unsere Kraftwerke einen positiven Cash-Flow, verdienen aber ihre Kapitalkosten nicht. Bei 10-15 Euro mehr je Megawattstunde wird es dann je nach Technologie interessant. Ich bin sicher, dass über kurz oder lang auch in Deutschland die Bereitschaft wächst, mehr als bisher für Versorgungssicherheit zu zahlen.

Sie hoffen weiter auf den Kapazitätsmarkt, die staatlich organisierten Hilfen, die Gabriel als Hartz IV für Kraftwerke ablehnte?

Schäfer Ich wünsche mir, dass die neue Bundesregierung sich überhaupt erstmal des Themas Versorgungssicherheit annimmt. Großbritannien und interessanterweise auch Russland können Vorbilder sein. Hier haben Versorger für vier bis sechs Jahre Sicherheit über einen Teil ihrer Einnahmen und damit eine Grundsicherung — im Gegenzug ist die Stromversorgung des Landes sicher.

Und der Stromkunde muss zahlen.

Schäfer Aber weniger, als viele denken. Während die Briten ihre gesamte Stromversorgung im Jahr für 1,3 Milliarden Euro absichern, zahlen bei uns die Stromkunden allein für die vielen kleinen Maßnahmen zur Sicherung der Netzstabilität heute schon deutlich mehr. Allein im ersten Quartal waren das schon 500 Millionen Euro - Tendenz schnell steigend. Eine sichere Energieversorgung muss auch uns in Deutschland etwas wert sein, denn insbesondere unsere Industrie ist darauf angewiesen.

Was wünschen Sie sich noch von der künftigen Regierung?

Schäfer Eine Senkung der Subventionen für erneuerbare Energien, denn irgendwann müssen auch sie sich am Markt behaupten. Und eine bessere steuerliche und technologieoffene Förderung der Forschung. Wir brauchen mehr Innovationen.

Sie wollen 2018 das Kohlekraftwerk Datteln ans Netz bringen. Nun gibt es neue Probleme - dieses Mal technische. Wann ist es soweit?

Schäfer Wir gehen davon aus, dass Datteln 4 Ende 2018 ans Netz gehen kann. Bis dahin hoffen wir, die technischen Probleme an Teilen des Kraftwerk-Kessels beseitigt zu haben.

Was kostet Uniper das?

Schäfer Das bedeutet insbesondere, dass der Ergebnisbeitrag aus diesem Kraftwerk später anfällt. Das ist aber in unserem jüngsten finanziellen Ausblick bereits berücksichtigt. Nach Inbetriebnahme rechnen wir dann mit einem zwei- bis dreistelligen Millionen-Betrag im Jahr.

Eine andere Dauerbaustelle ist die Nord Stream Pipeline. Dänemark hat seine Gewässer gesperrt, die EU und USA sind dagegen. Kann man ein solches Projekt gegen so viel Widerstand durchsetzen?

Schäfer Die Argumente der Gegner leuchten mir nicht ein: Durch die Pipeline wird Europa nicht abhängiger von russischem Gas. Für das Erdgas gäbe es künftig nur eine weitere kürzere, sicherere und umweltfreundlichere Transportmöglichkeit. Dies macht doch die Belieferung unserer Kunden sicherer und nicht unsicherer.

Aber werden die Balten nicht abgehängt?

Schäfer Die baltischen Staaten sind von der neuen Pipeline gar nicht direkt betroffen. Und die EU hat dafür gesorgt, dass sie über einen geförderten Flüssiggas-Terminal auch alternativ versorgt werden. Im Übrigen verstehe ich diese starke Abgrenzung zu "den Russen" nicht wirklich. Gerade in schwierigen Zeiten sollten wir den Dialog ausbauen. Persönlich tue ich dies in jedem Fall intensiv.

Sprechen Sie von Zeit zu Zeit auch mit Wladimir Putin selbst?

Schäfer Ja, das kommt vor.

Sprechen Sie dann auch Deutsch miteinander?

Schäfer Wladimir Putin kann hervorragend Deutsch. Aber meistens finden solche Gespräche mit Dolmetscher statt.

Was, wenn die Pipeline am Ende nicht kommt? Uniper hat inzwischen einen Teil der Finanzierung übernommen.

Schäfer Wir haben um die 300 Millionen Euro investiert, was wie bei jeder Investition natürlich mit Risiken verbunden ist. Aufgrund der Bedeutung dieses Projekts gehen wir jedoch fest davon aus, dass die Pipeline am Ende grünes Licht bekommen wird.

Eine hässliche Frage zum Schluss: 2018 wird Bayern wieder Meister und Sie sind immer noch Uniper-Chef?

Schäfer Von beidem gehe ich fest aus.

Das Gespräch führte Antje Höning.

(anh)
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