Mitarbeiter dürfen nicht streiken Verdi geizt beim eigenen Personal

Düsseldorf (RP). Als Arbeitgeber gibt sich die Gewerkschaft knallhart: Sie will ihren eigenen Mitarbeitern nur 1,5 Prozent mehr Lohn zahlen. Streiken dürfen die Mitarbeiter nicht. Für den öffentlichen Dienst verlangt Verdi dagegen fünf Prozent mehr.

Frank Bsirske: Stationen eines Berufsfunktionärs
10 Bilder

Frank Bsirske: Stationen eines Berufsfunktionärs

10 Bilder

Einen satten Zuschlag, nämlich fünf Prozent mehr Lohn, will Verdi für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst erstreiten. Das Motto: "Jetzt gemeinsam: Krise bekämpfen — Kaufkraft stärken". Doch während Bund und Städte die Stärkung der Kaufkraft bezahlen dürfen, will die Gewerkschaft dies als Arbeitgeber selbst nicht tun. Nur 1,5 Prozent mehr Lohn will Verdi seinen rund 3800 Beschäftigten zahlen. Dazu soll es eine Einmalzahlung von 150 Euro rückwirkend für das Jahr 2009 geben. Das empört die Mitarbeiter. Der Betriebsrat, mit dem Verdi derzeit in Lohnverhandlungen ringt, hat das Angebot des Vorstands abgelehnt.

Die letzte einheitliche Lohnerhöhung haben die Verdi-Mitarbeiter im Jahr 2003 bekommen. Nur die stellvertretenden Landesbezirksleiter konnten sich 2008 über eine Lohnerhöhung von 8,6 Prozent freuen. Streiken werden die Verdi-Beschäftigten aber wohl nicht. Dazu dürfen laut Tarifvertragsgesetz nur Gewerkschaften, nicht aber Betriebsräte aufrufen.

"Verdis Verhalten ist eine Unverschämtheit", sagt Manfred Lesch, Verdi-Mitglied und Vorsitzender des Verbands der Gewerkschaftsbeschäftigten (VGB). In den vergangenen zwei Jahren habe Verdi bei seinen Beitragseinnahmen ein Plus verzeichnet. 2008 habe die Gewerkschaft 18,4 Millionen Euro mehr eingenommen als erwartet, 2009 zehn Millionen Euro mehr. Das hätte an die Mitarbeiter weitergegeben werden müssen. Aber: "Ein richtiges Druckmittel fehlt dem Betriebsrat. Verhandlungen auf Augenhöhe sind so nicht möglich", sagte Lesch.

Die Gewerkschaft weist die Kritik zurück. "1,5 Prozent ist ein gutes Angebot — ich finde, eines, über das man diskutieren kann", sagt Vorstandsmitglied Isolde Kunkel-Weber. Verdi-Sprecher Christoph Schmitz betonte, die Forderung von fünf Prozent mehr Lohn im öffentlichen Dienst könne man nicht mit dem Angebot von 1,5 Prozent für die eigenen Beschäftigten vergleichen. Im öffentlichen Dienst werde ein Gesamtpaket mit einem Volumen von fünf Prozent gefordert. Darin seien auch Forderungen nach einer neuen Altersteilzeit und die Übernahme von Auszubildenden enthalten.

Bei den Forderungen der eigenen Beschäftigten handele es sich dagegen um eine reine Lohnerhöhung. Verdi sei aber gesprächsbereit. Die Mehreinnahmen der vergangenen Jahre wolle man in die Werbung neuer Mitglieder investieren. Am 24. Februar beginnt für die Verdi-Beschäftigten die zweite Verhandlungsrunde.

Von Mehreinnahmen können Städte und Gemeinden nur träumen. Sie machen in diesem Jahr ein Rekorddefizit von 12 Milliarden Euro. Trotzdem kämpft Verdi massiv für eine kräftige Lohnerhöhung. Bislang waren bundesweit 116 000 Mitarbeiter im Ausstand. Gestern streikten Beschäftigte in Bayern und Berlin. "Jetzt sind wir dran", hieß es auf dem Plakat, das das Rednerpult von Verdi-Chef Frank Bsirske, der auf einer Kundgebung in Berlin die Arbeitgeber aufforderte, ein Tarifangebot vorzulegen. Heute beginnt die vorerst letzte Verhandlungsrunde in Potsdam. Kommt es bis Freitag zu keiner Einigung, müssen die Kontrahenten in die Schlichtung.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort