6000 Jobs in Gefahr Verdi warnt bei Provinzial Nordwest vor Kahlschlag

Münster/Kiel · Nach dem Übernahmeangebot der Allianz für den zweitgrößten öffentlichen Versicherer schlägt die Gewerkschaft Alarm. Verdi befürchtet einen Kahlschlag.

Am Montag haben sich die Präsidenten der regionalen Sparkassenverbände in Berlin getroffen. Eines der Themen: die Zukunft der öffentlichen Versicherer in Deutschland. Und das exakt in dem Moment, in dem Branchenführer Allianz offenbar die Grenzen zwischen dem privaten und dem öffentlich-rechtlichen Versicherungsgewerbe knacken will. Etwa 2,5 Milliarden Euro bieten die Münchener angeblich für die Provinzial Nordwest, die vor Jahren aus der Fusion der Provinzial in Münster und Kiel entstand.

Offiziell mag sich zu dem Thema bisher keiner der Beteiligten äußern. Die Allianz hat dem Vernehmen nach ihr Angebot über das Wochenende noch einmal aufgestockt. Der Grund dafür ist offenbar die ablehnende Haltung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, der 40 Prozent der Provinzial-Nordwest-Anteile hält und erklärt hat, er denke derzeit nicht an einen Verkauf seiner Beteiligung.

An dieser Stellungnahme hat das erhöhte Allianz-Angebot zwar bisher noch nichts geändert. Allerdings glauben Insider, angesichts des zweistelligen Millionenlochs im Haushalt des Landschaftsverbandes sei alles nur eine Frage des Preises. Ein Verkaufserlös im Milliardenbereich könnte für die Kommunen und Kreise im Münsterland Grund genug sein, den Landschaftsverband zu einem Verkauf zu drängen, heißt es. Demgegenüber sei der kleine zweistellige Millionenbetrag, den die Provinzial Nordwest ihren Eigentümern zuletzt an Dividende gezahlt habe, kaum ein schlagkräftiges Argument.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fürchtet bei einer Übernahme durch die Allianz einen Kahlschlag bei der Provinzial Nordwest und schlägt Alarm. Nach Einschätzung von Verdi wären "nach einem Verkauf ... rund 6000 Arbeitsplätze im Konzern in Gefahr, davon mehr als 4000 im Münsterland", teilte die Gewerkschaft gestern mit. Das wären alle Jobs. Die Allianz sei vor allem am Sparkassen-Vertriebsweg über das Filialnetz und am Bestand der Sachversicherung interessiert, heißt es. Die Verwaltung des öffentlichen Versicherers sei dagegen nicht wichtig, "weil die Allianz all diese Strukturen selbst hat". Und auch im Vertrieb gebe es Doppel-Strukturen. Bei der Provinzial Nordwest arbeiten derzeit jeweils ungefähr 3000 Mitarbeiter im Innen- und im Außendienst. "Durch eine solche Entscheidung würde der gesamte Sparkassen-Finanzverbund in Frage gestellt", kritisiert Verdi-Bundesvorstandsmitglied Beate Mensch. Die Pläne seien verantwortungslos und nicht hinnehmbar.

Bei den öffentlichen Versicherern wird seit Langem über Konsolidierung nachgedacht. Mehrere Anläufe zur Fusion von Provinzial Rheinland und Provinzial Westfalen waren in der Vergangenheit gescheitert. Insgesamt gibt es noch sechs große öffentliche Versicherer. Der größte ist die Versicherungskammer Bayern mit Beiträgen von 6,6 Milliarden Euro vor der Provinzial Nordwest, der SV Sparkassenversicherung und der Provinzial Rheinland.

(RP/rm)
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