1690 Ermittlungsverfahren allein in der Bauwirtschaft Viele Firmen unterlaufen offenbar Mindestlöhne

München · In Deutschland zahlen weiterhin viele Betriebe nicht den Mindestlohn ihrer Branche. Im vergangenen Jahr seien allein in der Bauwirtschaft 1690 Ermittlungsverfahren wegen Missachtung des Mindestlohns eingeleitet worden.

Das berichtete die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer Donnerstagsausgabe unter Berufung auf eine neue Bilanz der Bundesregierung für 2012.

In der Gebäudereinigung waren es demnach 248 und in der Pflegebranche, für die es erst seit 2010 eine Mindestlohnverordnung gibt, 50 Fälle. Die Zahlen hatte das Bundesfinanzministerium auf Anfrage der Grünen im Bundestag zusammengestellt.

Die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke, die die Anfrage gestellt hat, forderte eine Verstärkung der Kontrollen. "Gerade in missbrauchsanfälligen Branchen müssen die Kontrollen deutlich verstärkt werden", sagte sie der "SZ".

Dies schütze die Beschäftigten vor Lohndumping und Betriebe vor Konkurrenten, die Mitarbeiter schlecht bezahlen und dann mit Billig-Angeboten seriöse Unternehmen vom Markt drängen wollten. Offene Stellen bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit müssten "umgehend besetzt und das Personal weiter aufgestockt werden", forderte Müller-Gemmeke.

"Dringender Handlungsbedarf"

Auch der Vorsitzende der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ, Hilger Leprich, sah "dringenden Handlungsbedarf" und forderte weitere Kontrollen und eine Aufstockung des Personals. Bei der Gründung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sei von der Kontrolle der Mindestlöhne nicht die Rede gewesen.

Nun müssten die Zollbeamten diese Aufgabe zusätzlich übernehmen, obwohl nicht einmal die ursprünglich vorgesehene Zahl der Planstellen von 7000 erfüllt sei. Leprich sprach sich daher für wenigstens 500 zusätzliche Betriebsprüfer aus, die sich nur um die Mindestlöhne kümmern sollten.

In Deutschland sind bislang in 13 Branchen für knapp fünf Millionen Beschäftigte Lohnuntergrenzen vereinbart. Die Friseure kommen mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro jetzt dazu. Für die Überwachung sind die Beamten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls zuständig.

In einer Antwort auf eine weitere Grünen-Anfrage gab das Finanzministerium an, dass von den 6769 ausgewiesenen Planstellen für 2013 in der FKS Schwarzarbeit "rechnerisch 495 Planstellen am 1. Juni 2012 unbesetzt" gewesen seien.

(AFP/csr)
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