Job als VW-Chef Sechs Kandidaten für die Nachfolge von Martin Winterkorn
Nachdem Martin Winterkorn seinen Posten als VW-Chef in Folge des Abgas-Skandals räumen musste, sind die Wolfsburger auf der Suche nach einem Nachfolger. Wer den Job bekommt, soll zeitnah entscheiden werden. Wir haben sechs Kandidaten ausfindig gemacht, die sich Hoffnungen auf den Vorstandsvorsitz von Europas größtem Automobilkonzern machen können.
Matthias Müller: Der Porsche-Chef wird vor allem in den Medien vielfach als Favorit für die Nachfolge genannt. Er arbeitet seit Jahren eng mit Winterkorn zusammen. Der 62-Jährige ist als besonnener, aber zugleich zupackender Manager bekannt, der auch mal Kante zeigen kann. In der Autobranche hat er den Ruf eines exzellenten Produktstrategen. Der im sächsischen Chemnitz geborene und in Bayern aufgewachsene Manager kennt nicht nur den Sport- und Geländewagenbauer Porsche, sondern weiß auch, wie Audi und VW in ihren Produktplanungen ticken. Der gelernte Werkzeugmacher und Informatiker leitete von 2003 bis 2007 das Produktmanagement der Audi-Marken. Anschließend folgte er seinem Chef Winterkorn in gleicher Funktion nach Wolfsburg. Den Posten als Porsche-Chef übernahm Müller im Herbst 2010 nach der Übernahmeschlacht zwischen Porsche und VW.
Herbert Diess: Der Chef der Hausmarke VW Pkw gilt als Routinier in seinem Beritt - und gilt in Aufsichtsratskreisen als einer der Top-Favoriten. Er trat seinen Job erst im Juli an, nachdem ihn VW von BMW abgeworben hatte. Ohne den Abgas-Skandal, wäre das für Diess im Rennen um die Nachfolge Winterkorns möglicherweise ein Nachteil gewesen. Nun könnte es sich als Pluspunkt erweisen. Bei den Münchnern leitete er zuletzt im Vorstand den Entwicklungsbereich, zuvor war er für den Einkauf zuständig und gilt als knallharter Kostendrücker. Der 56-Jährige soll die renditeschwache Pkw-Kernmarke bei Volkswagen wieder aufpolieren. Der studierte Maschinenbauer muss sich dabei mit dem mächtigen VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh gut stellen. Zwar wirkt Diess auf den ersten Blick recht unscheinbar, hat aber als Maschinenbauer und promovierter Fertigungstechniker den fachlichen Hintergrund zum Produktionsmanager - und erfüllt so eine Bedingung Osterlohs, der stets für einen Techniker an der Spitze eingetreten ist.
Andreas Renschler: Der 57-jährige Nutzfahrzeugchef des VW-Konzerns kam erst im Februar vom Konkurrenten Daimler zu VW. Sein Plus ist sein Bemühen, einen guten Draht zum Betriebsrat aufzubauen. Beobachter bescheinigen dem gebürtigen Stuttgarter eine bodenständige Art und bezeichnen ihn als hervorragenden Strategen. Während seiner Zeit bei Daimler baute er unter anderem das erste Auslandswerk von Mercedes-Benz in den USA auf. Bei Daimler war der schwäbische Bauernsohn vor seinem überraschenden Abgang ein echtes Urgestein: Bereits 1988 nach seinem BWL-Studium in Tübingen startete er seine Karriere bei dem Autobauer - damals noch im Bereich Organisation und EDV im Werk Sindelfingen.
Rupert Stadler: Der amtierende Audi-Chef gilt schon seit längerem als Kronprinz von Martin Winterkorn. Der Aufstieg des 52-Jährigen im Konzern begann 1997 als Büroleiter des damaligen VW-Chefs Ferdinand Piech. Bei Audi übernahm er 2003 zunächst das Finanzressort und rückte 2007 an die Spitze der Premiumtochter, die zusammen mit Porsche den Löwenanteil zum Konzerngewinn beiträgt. Unter seiner Führung hat Audi als zweitgrößter Premiumhersteller weltweit aber damit zu kämpfen, vom Platzhirsch BMW in den Schatten gestellt zu werden. Zuletzt wurde Stadler als Nachfolger von VW-Finanzchef Hans Dieter Pötsch gehandelt, der neuer Aufsichtsratschef von VW werden soll. Was gegen Rupert Stadler spricht, ist duie VW-Tradition. Demnach muss bei den Wolfsburgern immer ein Ingenieur an der Spitze des Konzerns stehen. Stadler ist Betriebswirt. Daher stufen Experten seine Chancen als gering ein.
Winfried Vahland: Der Chef der tschechischen Volkswagen-Tochter Skoda hat sich in den vergangenen Jahren einen exzellenten Ruf erworben. Die ehemals mit wenig Glamour behaftete Automarke wurde von ihm brutal auf Rendite getrimmt. Mit dem Ergebnis, dass Skoda inzwischen mit jedem verkauften Auto doppelt so viel Profit macht wie die Mutter aus Wolfsburg. Bevor der 58-Jährige die Leitung der tschechischen Marke übernahm, verantwortete er sehr erfolgreich ein paar Jahre lang VW in China. Winfried Vahland war bereits während des Machtkampfs zwischen Martin Winterkorn und Ferdinand Piech als möglicher Nachfolger für den VW-Chefposten im Gespräch. Laut Informationen der "Autobild" könnte Vahland auch neuer VW-Chef in den USA werden, mit einem eigenen Ressort im Konzernvorstand.
Hans Dieter Pötsch: Derzeit ist Pötsch amtierender Finanzvorstand bei Volkswagen. Eigentlich war sein weiterer Karriereweg schon vorgezeichnet: Der 64-Jährige soll ab November als Nachfolger von Ferdinand Piech an die Spitze des VW-Aufsichtsrates rücken. Vorübergehend hat den Posten dort der ehemalige Chef der IG-Metall Berthold Huber inne. Da die aktuelle Krise schnell klare Verhältnisse auch im Aufsichtsrat erfordert, sind Pötschs Aussichten auf den Posten als Vorstandschef wohl eher gering.