#Dieselgate Volkswagen braucht eine neue Kultur

Meinung | Düsseldorf · Am Ende blieb Martin Winterkorn keine andere Wahl: Er musste als Volkswagen-Chef zurücktreten, weil der Abgasskandal alle Werte in Frage stellte, für die der Konzern stand: Solidität, Seriosität, Qualität.

VW Chef: Das ist Martin Winterkorn
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Das ist Martin Winterkorn

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Foto: dpa, ude arc lof

Und auch wenn er keine persönliche Verantwortung für die Manipulationen der Software trug, so steht er doch als Konzernchef in der Gesamtverantwortung: Entweder wusste er von nichts, dann hatte er den Laden nicht im Griff. Oder er ließ die Ingenieure gewähren, dann war er Teil des betrügerischen Systems. Beides ist zwingend ein Grund zu gehen.

Das scheint Winterkorn aber bis jetzt nicht einzusehen. Er trete zurück, obwohl er sich keines Fehlverhaltens bewusst sei, heißt es trotzig in seiner Erklärung. So spricht einer, den man aus dem Amt drängen musste. Und der bis heute nur darauf schaut, was er für den Konzern unzweifelhaft alles geleistet hat, aber nicht sieht, dass er auch Teil eines kranken Systems war.

Volkswagen braucht mehr als einen Rücktritt von Martin Winterkorn. Volkswagen braucht eine neue Führungskultur. Der Konzern mit seinen dominanten Familien als Eigentümern ist hierarchisch bis autoritär geführt. Selbst Topmanager sind es dort gewohnt, den Oberen — ob sie nun Winterkorn oder Piech heißen — zu gehorchen. In einem Konzern ohne Widerspruchsgeist aber gibt es auch keine gesunde Kontrolle der Spitze durch die eigen Organisation. Das erklärt auch, wieso gerade Volkswagen immer wieder Schlagzeilen macht: Lopez, Korruption, Abgas — die Liste der Skandale ist lang.

Meist hat der Aufsichtsrat, in dem mit Landespolitik und IG Metall mehr Freunde als scharfe Kontrolleure sitzen, lange mit der Aufklärung gezögert. Dieses Mal hat er konsequent gehandelt. Doch seine Arbeit ist damit noch lange nicht zu Ende. Jetzt muss der Aufsichtsrat nicht nur rasch einen überzeugenden Nachfolger, sondern auch eine neue Führungskultur im VW-Reich etablieren, damit Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre dem größten deutschen Konzern wieder vertrauen.

Hier hat der Aufsichtsrat auch eine Verantwortung für den Standort Deutschland. Wenn der Abgas-Skandal dazu führt, dass "Made in Germany" schon jetzt mit "Fake in Germany" übersetzt wird, schadet das viel mehr Unternehmen als nur VW. Die Aufarbeitung der Affäre ist noch lange nicht zu Ende.

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(anh)
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