Streit mit Zulieferern beendet VW hat sich in letzter Minute selbst geholfen

Meinung | Wolfsburg · Es ist gut, dass der VW-Konzern und seine beiden Zulieferer eine weitere Eskalation ihres Konflikts vermieden haben. Jeder weitere Tag hätte vor allem dem Wolfsburger Autokonzern geschadet: Sein Image ist infolge des Dieselskandals ohnehin schon ramponiert.

 Bei Volkswagen kann die Arbeit normal weitergehen.

Bei Volkswagen kann die Arbeit normal weitergehen.

Foto: dpa, jst axs

Weitere Negativschlagzeilen bei einem ganz anderen Thema hätten bei VW zu weiteren Verkaufsrückgängen führen können. Ohnehin schon macht sich die Dieselaffäre in einigen Regionen in rückläufigen VW-Verkaufszahlen bemerkbar. Auf anhaltend hohe Verkaufszahlen ist Volkswagen aber dringend angewiesen. Ohne sie könnte der Konzern nämlich allmählich in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Zusätzliche milliardenschwere Schadenersatz-Klagen in den USA könnten bald auf VW zukommen. Auch aus Deutschland und Europa stapeln sich jetzt die Klagen von VW-Kunden. Was Volkswagen hier an Entschädigungen finanzieren muss, ist derzeit noch völlig offen. Aber auch diese Zahlungen an Europäer können leicht in die Milliardenhöhe gehen.

Riskanter Kurs

Vor diesem Hintergrund war der kompromisslose Kurs des VW-Managements im Machtkampf mit den Zulieferern ES Automobilguss und Car Trim riskant und möglicherweise sogar verantwortungslos. Wenn die Bänder im Stammwerk Wolfsburg still stehen und bundesweit für 30.000 VW-Arbeiter Kurzarbeit angesetzt werden muss, hat das Management seine Karten eigentlich schon überreizt. VW stand kurz davor.

Die für VW gefährliche Diskussion, ob es eigentlich in Ordnung ist, wenn ein Konzern mit Milliardengewinnen wegen eines einzelnen Geschäftskonflikts das staatliche Kurzarbeitergeld beantragt, hatte bereits begonnen. Einen solchen geschäftlichen Konflikt auf dem Rücken der Beitragszahler austragen zu wollen, der diese wöchentlich zehn Millionen Euro gekostet hätte - das wäre nicht gut angekommen. Die Einigung ist auch insofern vor allem für Volkswagen ein Segen.

Wer diesen Machtkampf gewonnen hat, bleibt wegen der Verschwiegenheit auf beiden Seiten offen. VW wird die Zulieferer mit einer Geldsumme dafür entschädigt haben, dass der Konzern zuvor kurzfristig einen lukrativen Auftrag storniert hatte.

Ein seltener Ausnahmefall

Der Konzern wird nun seine Produktionsstrategie überdenken müssen. Sich bei wichtigen Getriebeteilen von nur einem Zulieferer abhängig zu machen, ist gefährlich. Das bedeutet umgekehrt nicht, dass mittelständische Zulieferer die Goliaths der Branche in der Hand hätten. Im Gegenteil, Konzerne wie VW oder Daimler sitzen auf längere Sicht als Besteller stets am längeren Hebel. Sie können ihre Nachfragemacht gegenüber kleineren Zulieferern in der Regel ausspielen.

Dass die sächsischen Zulieferer dennoch einen Achtungserfolg erzielen konnten, war ein seltener Ausnahmefall. Am Ende geht das Spiel in der Regel für die Autokonzerne aus. Für die deutsche Politik, für die deutsche Wirtschaft insgesamt sind sie ohnehin "Too big to fail".

(mar)
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